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Zur Änderung von Antrags- und Wahlrechten

BFH 9.12.2015, X R 56/13

Die Ausübung von An­trags- oder Wahl­rech­ten, die dem Grunde nach kei­ner zeit­li­chen Be­gren­zung un­ter­lie­gen, kann geändert wer­den, so­lange der ent­spre­chende Steu­er­be­scheid nicht for­mell und ma­te­ri­ell be­standskräftig ist. Im Fall ei­ner par­ti­el­len Be­stands­kraft kommt die Ände­rung nur in Be­tracht, wenn ihre steu­er­li­chen Fol­gen nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO ge­setz­ten Rah­men hin­aus­ge­hen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger sind die Ehe­frau bzw. der Sohn des im Jahr 2008 ver­stor­be­nen E. Die Kläge­rin und E wur­den im Streit­jahr 2002 zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt. Sie hat­ten lau­fende Ver­luste aus Ge­wer­be­be­trieb des E aus ei­ner Be­tei­li­gung an ei­ner KG i.H.v. 835.697 € und einen Veräußerungs­ge­winn von rund 1,1 Mio. € erklärt, für den sie den ermäßig­ten Steu­er­satz nach § 34 Abs. 3 EStG be­an­trag­ten.

Das Fi­nanz­amt ver­an­lagte an­trags­gemäß und setzte die Ein­kom­men­steuer auf 90.029 € fest. Auf­grund ei­ner Mit­tei­lung über die ge­son­derte und ein­heit­li­che Fest­stel­lung von Be­steue­rungs­grund­la­gen setzte die Behörde mit späte­rem Be­scheid die Ein­kom­men­steuer auf 81.323 € fest. Dem wa­ren nun­mehr lau­fende Ver­luste aus Ge­wer­be­be­trieb von 871.604 € zu­grunde ge­legt wor­den. Der Veräußerungs­ge­winn blieb un­verändert. Die Kläger be­an­trag­ten, auf die außer­or­dent­li­chen Einkünfte nicht den ermäßig­ten Steu­er­satz des § 34 Abs. 3 EStG an­zu­wen­den. Dies lehnte das Fi­nanz­amt ab.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Gründe:
Die Kläger ha­ben kei­nen An­spruch auf Ände­rung des Ein­kom­men­steu­er­be­scheids 2002 in der Weise, dass der Veräußerungs­ge­winn nicht nach § 34 Abs. 3 EStG ermäßigt be­steu­ert und dem­zu­folge eine höhere Steuer fest­ge­setzt wird. Das Wahl­recht nach die­ser Vor­schrift ist zwar grundsätz­lich je­der­zeit änder­bar. Es un­ter­liegt dem Grunde nach kei­ner zeit­li­chen Be­gren­zung und kann geändert wer­den, so­lange der ent­spre­chende Steu­er­be­scheid nicht for­mell und ma­te­ri­ell be­standskräftig ist.

Die ent­spre­chende Ände­rung des Ein­kom­men­steu­er­be­scheids ist je­doch nur und in dem Um­fang möglich, so­weit die­ser aus Gründen, die außer­halb der Ände­rung des Wahl­rechts lie­gen müssen, ver­fah­rens­recht­lich geändert wer­den kann. Und sol­che Gründe wa­ren im vor­lie­gen­den Fall nicht ge­ge­ben. So­weit die Kläger mit ih­rem Ein­spruch aus März 2009 den Ände­rungs­be­scheid aus Fe­bruar 2009 an­ge­foch­ten hat­ten, kam eine Ände­rung des Be­scheids durch Ab­hilfe im Ein­spruchs­ver­fah­ren gem. § 367 Abs. 2 S. 3 AO - un­ge­ach­tet pro­zes­sua­ler Fra­gen - nicht in Be­tracht. Die be­gehrte Ände­rung ginge über den durch § 351 Abs. 1 AO ge­setz­ten Rah­men hin­aus. Des­halb war es un­er­heb­lich, ob die Kläger hin­sicht­lich die­ses Be­scheids, der eine Ände­rung zu Guns­ten der Kläger ent­hielt, über­haupt nach § 350 AO ein­spruchs­be­fugt wa­ren.

Fol­ge­rich­tig hatte das FG pro­zes­sual zu­tref­fend die Rechts­ver­fol­gung der Kläger als Ver­pflich­tungs­be­geh­ren da­hin aus­ge­legt, dass sie die Ände­rung des Be­scheids an­streb­ten. Für eine der­ar­tige Ände­rung be­darf es ei­ner Ände­rungs­vor­schrift, die nach dem Vor­ste­hen­den nicht exis­tierte. Eine auf § 177 Abs. 2 AO gestützte Sal­die­rung der zu Guns­ten der Kläger vor­ge­nom­me­nen Ände­rung mit der be­gehr­ten Ände­rung zu ih­ren Las­ten fand eben­falls nicht statt. Die Ände­rung ei­nes Wahl­rechts recht­fer­tigt auch dann für sich ge­nom­men die Ände­rung des Steu­er­be­scheids nicht, wenn sie auf ei­ner Ände­rung der wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­grund­lage be­ruht. Die in der Recht­spre­chung zum Ver­an­la­gungs­wahl­recht der Ehe­gat­ten ent­wi­ckel­ten Grundsätze sind auf das Wahl­recht nach § 34 Abs. 3 EStG nicht über­trag­bar.

Link­hin­weis:

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