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Steuerberatung

Zu den Voraussetzungen der Berichtigung beim unrichtigen Steuerausweis

BFH 16.5.2018, XI R 28/16

Die wirk­same Be­rich­ti­gung ei­nes Steu­er­be­trags nach § 14c Abs. 1 S. 2, § 17 Abs. 1 UStG er­for­dert grundsätz­lich, dass der Un­ter­neh­mer die ver­ein­nahmte Um­satz­steuer an den Leis­tungs­empfänger zurück­ge­zahlt hat. Nur die Rück­zah­lung des be­rich­tig­ten Steu­er­be­trags an den Leis­tungs­empfänger führt in der Re­gel zu einem ge­rech­ten In­ter­es­sen­aus­gleich im Drei­ecks­verhält­nis zwi­schen Fi­nanz­amt und Leis­ten­dem bzw. Leis­tungs­empfänger und gewähr­leis­tet so letzt­lich auch die Neu­tra­lität der Mehr­wert­steuer.

Der Sach­ver­halt:

Die Kläge­rin war Ei­gentüme­rin ei­nes be­bau­ten Grundstücks und be­trieb dort zunächst selbst ein Pfle­ge­heim. Ab Mai 2004 ver­pach­tete sie das Grundstück an die Pfle­ge­ein­rich­tung A-KG zum Be­trieb ei­ner voll­sta­tionären Pfle­ge­ein­rich­tung. An der KG wa­ren die Kläge­rin als Kom­ple­mentärin und eine wei­tere natürli­che Per­son als Kom­man­di­tist be­tei­ligt. Da­ne­ben schloss die KG mit der Kläge­rin einen "Hei­maus­stat­tungs­miet­ver­trag". Da­nach ver­pflich­tete sich die Kläge­rin, das Pfle­ge­heim ab Mai 2004 mit mo­bi­len Ein­rich­tungs­ge­genständen aus­zu­stat­ten und diese der KG als Be­trei­be­rin miet­weise zur Verfügung zu stel­len.

Die Ver­mie­tungs- und Ver­pach­tungstätig­keit der Kläge­rin wurde Ende No­vem­ber 2011 ein­ge­stellt. Über das Vermögen der KG wurde 2012 das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net. In ih­ren Um­satz­steuer-Erklärun­gen für die Jahre 2004 bis 2010 und Um­satz­steuer-Vor­an­mel­dun­gen für 2011 be­han­delte die Kläge­rin die Grundstücks­ver­pach­tung als steu­er­frei, die Ver­mie­tung von Ein­rich­tungs­ge­genständen da­ge­gen als steu­er­pflich­tig. Dem ist das Fi­nanz­amt ge­folgt. Im Fe­bruar 2012 be­an­tragte die Kläge­rin, die Fest­set­zun­gen für die Jahre 2006 bis 2010 so­wie die Vor­an­mel­dun­gen für 2011 nach § 164 AO zu ändern und die je­wei­lige Um­satz­steuer bzw. Um­satz­steuer-Vor­aus­zah­lung her­ab­zu­set­zen, weil die ent­gelt­li­che Über­las­sung der Ein­rich­tungs­ge­genstände des Pfle­ge­heims an die KG nach dem BFH-Ur­teil Az.: V R 21/08 vom 20.8.2009 als Ne­ben­leis­tung zur steu­er­freien Ver­pach­tung des Grundstücks gem. § 4 Nr. 12a UStG steu­er­frei sei.

Fer­ner teilte sie dem Fi­nanz­amt mit, dass ge­genüber der KG die bis­he­rige Ab­rech­nung be­rich­tigt wor­den sei. Die Kläge­rin machte den sich aus der Rech­nungs­be­rich­ti­gung er­ge­ben­den Er­stat­tungs­be­trag mit ih­rer Um­satz­steuer-Vor­an­mel­dung für Ja­nuar 2012 gel­tend. Das lehnte das Fi­nanz­amt ab und for­derte für Ja­nuar 2012 eine be­rich­tigte Um­satz­steuer-Vor­an­mel­dung an. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hat der BFH das Ur­teil auf­ge­ho­ben und die Klage ab­ge­wie­sen.

Gründe:

Das FG ist zwar zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die Kläge­rin den un­rich­ti­gen Steu­er­aus­weis bei den von ihr als steu­er­pflich­tig be­han­del­ten, je­doch tatsäch­lich steu­er­freien Umsätzen aus der Ver­mie­tung von Hei­maus­stat­tungs­ge­genständen ge­genüber der KG be­rich­tigt hat. Es hat je­doch ver­kannt, dass die Be­rich­ti­gung ei­nes Steu­er­be­trags nach § 14c Abs. 1 S. 2, § 17 Abs. 1 UStG zur Ver­mei­dung ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten Be­rei­che­rung grundsätz­lich vor­aus­setzt, dass der Rech­nungs­aus­stel­ler die ver­ein­nahmte und ab­geführte Steuer an den Leis­tungs­empfänger zurück­ge­zahlt hat. Ist dies nicht ge­sche­hen, ist das Fi­nanz­amt be­rech­tigt, die Er­stat­tung der zu Un­recht er­ho­be­nen Um­satz­steuer zu ver­wei­gern.

Die Rech­nungs­be­rich­ti­gung als for­ma­ler Akt ge­genüber dem Leis­tungs­empfänger al­lein reicht für die wirk­same Be­rich­ti­gung ei­nes Steu­er­be­trags i.S.v. § 14c Abs. 1 S. 2, § 17 Abs. 1 UStG mit der Folge, dass die­ser dem Rech­nungs­aus­stel­ler zu er­stat­ten ist, nicht aus. Da der Leis­tende den be­rich­tig­ten Steu­er­be­trag vom Leis­tungs­empfänger im Re­gel­fall be­reits ver­ein­nahmt hat, würde eine Er­stat­tung durch das Fi­nanz­amt al­lein auf­grund der Rech­nungs­be­rich­ti­gung ohne Rück­zah­lung der Steuer den Leis­ten­den un­ge­recht­fer­tigt be­rei­chern. Die­ser würde dop­pelt begüns­tigt; denn ei­ner­seits hat er das Ent­gelt zzgl. Um­satz­steuer re­gelmäßig be­reits ver­ein­nahmt und an­de­rer­seits könnte er im Fall ei­ner be­din­gungs­lo­sen Er­stat­tung den be­rich­tig­ten Steu­er­be­trag vom Fi­nanz­amt noch­mals ver­lan­gen. Dies ginge al­lein zu Las­ten des Leis­tungs­empfängers. Gleich­zei­tig müsste der Fis­kus befürch­ten, vom Leis­tungs­empfänger auf Er­stat­tung der Um­satz­steuer an ihn in An­spruch ge­nom­men zu wer­den.

Nur die Rück­zah­lung des be­rich­tig­ten Steu­er­be­trags an den Leis­tungs­empfänger führt in der Re­gel zu einem ge­rech­ten In­ter­es­sen­aus­gleich im Drei­ecks­verhält­nis zwi­schen Fi­nanz­amt und Leis­ten­dem bzw. Leis­tungs­empfänger und gewähr­leis­tet so letzt­lich auch die Neu­tra­lität der Mehr­wert­steuer. Außer­dem ver­hin­dert eine i.d.S. be­dingte Be­rich­ti­gung des Steu­er­be­trags, dass das Fi­nanz­amt in Fällen der In­sol­venz des Rech­nungs­aus­stel­lers oder nicht er­kann­ter Steu­er­schuld­ner­schaft des Leis­tungs­empfängers dop­pelt er­stat­ten oder auf Steuer ver­zich­ten muss.

Dies stimmt so­wohl mit der BFH-Recht­spre­chung zu § 17 UStG als auch mit dem Uni­ons­recht übe­rein. Denn einem Mit­glied­staat ist es nicht ver­wehrt, die Be­rich­ti­gung der Mehr­wert­steuer da­von abhängig zu ma­chen, dass der Aus­stel­ler der frag­li­chen Rech­nung dem Empfänger der Dienst­leis­tun­gen die zu Un­recht ge­zahlte Steuer er­stat­tet. Das Uni­ons­recht ver­bie­tet es nämlich nicht, dass ein na­tio­na­les Rechts­sys­tem die Er­stat­tung von zu Un­recht er­ho­be­nen Steu­ern u.U. ab­lehnt, die zu ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten Be­rei­che­rung der An­spruchs­be­rech­tig­ten führen würden. Da­her darf die Wirk­sam­keit der Be­rich­ti­gung ei­nes Steu­er­be­trags in ei­ner Rech­nung da­von abhängig ge­macht wer­den, dass sie we­gen der Abwälzung der Steuer auf den Leis­tungs­empfänger nicht zu ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten Be­rei­che­rung des Un­ter­neh­mers führt.

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