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Zinszahlungen des ehemaligen Gesellschafters als nachträgliche Werbungskosten

BFH 1.12.2015, IX R 42/14

Sog. "nachträgli­che Schuld­zin­sen" können auch nach ei­ner nicht steu­er­ba­ren Veräußerung ei­ner zur Ver­mie­tung be­stimm­ten Im­mo­bi­lie grundsätz­lich wei­ter als Wer­bungs­kos­ten ab­ge­zo­gen wer­den, wenn und so­weit die Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten durch den Veräußerungs­erlös nicht ge­tilgt wer­den können. Die Berück­sich­ti­gung nachträgli­cher Schuld­zin­sen bei den Einkünf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung steht un­ter dem Vor­be­halt der vor­ran­gi­gen Schul­den­til­gung.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war im De­zem­ber 1990 mit ei­ner Ein­lage von 100.000 DM ei­ner vermögens­ver­wal­ten­den GbR in der Form ei­nes ge­schlos­se­nen Im­mo­bi­li­en­fonds bei­ge­tre­ten; Ge­sell­schafts­zweck war die In­stand­set­zung, Mo­der­ni­sie­rung und Ver­mie­tung ei­nes Mehr­fa­mi­li­en­hau­ses mit einem Ge­samt­auf­wand von bis zu 6,3 Mio. DM. Rund ein Drit­tel die­ser Summe sollte durch Ge­sell­schaf­ter­ein­la­gen, die ver­blei­ben­den zwei Drit­tel soll­ten durch Dar­le­hen fi­nan­ziert wer­den. Zu die­sem Zweck nahm die Treuhände­rin des Fonds na­mens der GbR ein Dar­le­hen i.H.v. 4,7 Mio. DM auf, für das die Ge­sell­schaf­ter quo­tal ent­spre­chend ih­rem An­teil die persönli­che Haf­tung über­nah­men. Nach­dem die GbR be­reits 1999 in Zah­lungs­schwie­rig­kei­ten ge­ra­ten war, konnte sie ab No­vem­ber 2000 die fälli­gen Zins- und Til­gungs­leis­tun­gen nicht mehr be­die­nen.

Im De­zem­ber 2003 über­trug der Kläger sei­nen Ge­sell­schafts­an­teil für 4.000 € an die X-GmbH. Diese ver­pflich­tete sich, den Kläger von sämt­li­chen be­ste­hen­den und zukünf­ti­gen, be­kann­ten und un­be­kann­ten An­sprüchen Drit­ter, seien es An­sprüche der Ge­sell­schaft, ein­zel­ner Ge­sell­schaf­ter oder fi­nan­zie­ren­der Ban­ken, frei­zu­stel­len. Im No­vem­ber 2004 kündigte das Kre­dit­in­sti­tut den Dar­le­hens­ver­trag mit der GbR. Später wurde die GbR ver­ur­teilt, an das Kre­dit­in­sti­tut rund 3,1 Mio. € nebst Zin­sen zu zah­len. Der Kläger wurde in die­sem Zu­sam­men­hang auf­grund ei­ner Nach­haf­tung gem. § 736 Abs. 2 BGB i.V.m § 160 HGB ver­ur­teilt, ent­spre­chend sei­ner Quote, rund 268.301 € nebst Zin­sen zu zah­len. Der X-GmbH hatte der Kläger zwar den Streit verkündet. Ihre In­an­spruch­nahme schei­terte je­doch.

Im Ja­nuar 2009 wurde das von der GbR ge­hal­tene Mehr­fa­mi­li­en­haus zwangs­ver­stei­gert. Da­durch min­derte sich die Zah­lungs­ver­pflich­tung des Klägers ent­spre­chend sei­ner Be­tei­li­gungs­quote. Die­ser machte den im Streit­jahr 2009 an das Kre­dit­in­sti­tut be­zahl­ten Ge­samt­be­trag i.H.v. 156.722 € im Rah­men sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung als nachträgli­che Wer­bungs­kos­ten bei den Einkünf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung gel­tend. Das Fi­nanz­amt er­kannte dies nicht an. Es ging in­so­weit da­von aus, dass es sich bei der Rückführung des Dar­le­hens um einen Vor­gang auf der pri­va­ten Vermögens­ebene han­dele, der nicht zu Einkünf­ten oder Wer­bung­kos­ten i.S.d. § 21 EStG führen könne.

Das FG gab der Klage in­so­weit statt, als in den vom Kläger an das Kre­dit­in­sti­tut ge­leis­te­ten Zah­lun­gen ein Zin­san­teil ent­hal­ten war. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes blieb vor dem BFH er­folg­los.

Gründe:
Das FG war zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die vom Kläger nachträglich - im Zuge der Nach­haf­tung - ent­rich­te­ten rückständi­gen Schuld­zin­sen in der gel­tend ge­mach­ten Höhe als Wer­bungs­kos­ten bei sei­nen Einkünf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung zu berück­sich­ti­gen sind.

Wer­bungs­kos­ten sind nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Auf­wen­dun­gen zur Er­wer­bung, Si­che­rung und Er­hal­tung der Ein­nah­men. Hierzu zählen auch Schuld­zin­sen, so­weit diese mit ei­ner Ein­kunfts­art, vor­lie­gend den Einkünf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, im wirt­schaft­li­chen Zu­sam­men­hang ste­hen. Sog. "nachträgli­che Schuld­zin­sen" können auch nach ei­ner nicht steu­er­ba­ren Veräußerung ei­ner zur Ver­mie­tung be­stimm­ten Im­mo­bi­lie grundsätz­lich wei­ter als Wer­bungs­kos­ten ab­ge­zo­gen wer­den, wenn und so­weit die Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten durch den Veräußerungs­erlös nicht ge­tilgt wer­den können. Die Berück­sich­ti­gung nachträgli­cher Schuld­zin­sen bei den Einkünf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung steht un­ter dem Vor­be­halt der vor­ran­gi­gen Schul­den­til­gung.

Nach die­sen Grundsätzen wa­ren die vom Kläger im Zuge sei­ner Nach­haf­tung ent­rich­te­ten Schuld­zin­sen­beträge als Wer­bungs­kos­ten bei sei­nen Einkünf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung zu berück­sich­ti­gen. Für die Berück­sich­ti­gung von nachträgli­chem Zins­auf­wand als Wer­bungs­kos­ten bei den Einkünf­ten aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung ist es nicht von Be­deu­tung, dass die­ser nicht auf­grund der ur­sprüng­li­chen dar­le­hens­ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung (oder ei­ner da­mit ein­her­ge­hen­den ver­trag­li­chen Haf­tung), son­dern auf­grund ei­ner ge­setz­lich ge­re­gel­ten Ge­sell­schaf­ter­haf­tung ge­leis­tet wurde.

Auch die Ent­schei­dung des Steu­er­pflich­ti­gen, seine Be­tei­li­gung an ei­ner Einkünfte aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung er­zie­len­den Per­so­nen­ge­sell­schaft zu veräußern, be­inhal­tet grundsätz­lich den Ent­schluss, die Ab­sicht zu ei­ner (wei­te­ren) Einkünf­te­er­zie­lung auf­zu­ge­ben. Un­be­scha­det des­sen führt eine In­an­spruch­nahme im Zuge der Nach­haf­tung (§ 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB) bei einem Steu­er­pflich­ti­gen, der seine Be­tei­li­gung an der GbR ge­rade zur Ver­mei­dung ei­ner sol­chen persönli­chen Haf­tung wei­ter­veräußert hat, zu berück­sich­ti­gungsfähi­gem Auf­wand, so­weit er die­sen endgültig selbst trägt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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