Ziel des Gesetzes: Schließen der statistischen Entgeltlücke
Ziel des Entgelttransparenzgesetzes ist es, dass die statistische Entgeltlücke (in Bezug auf das durchschnittliche Bruttostundenentgelt) zwischen Frauen und Männern, die je nach statistischer Lesart bei 21 % („unbereinigte“ Entgeltlücke) bzw. 7 % („bereinigt“ um die strukturellen Faktoren und erwerbsbiografischen Unterschiede zwischen Frauen und Männern) liegt, geschlossen wird.

Das Mittel dazu: ein individueller Auskunftsanspruch
Kernstück des Gesetzes ist die Einführung eines individuellen Auskunftsanspruchs aller Beschäftigten über die Entgeltzahlung ihrer Kollegen in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten ab dem 1.1.2018. Dieser ist wie folgt ausgestaltet:
- Hat ein Arbeitnehmer Hinweise, dass mindestens sechs Kollegen des anderen Geschlechts bei gleicher oder gleichwertiger Leistung besser bezahlt werden, kann er sein Einkommen mit dem Durchschnittseinkommen dieser Mitarbeiter vergleichen lassen.
- Der Auskunftsanspruch erstreckt sich sowohl auf das Grundgehalt als auch auf zwei weitere Entgeltbestandteile – z. B. etwaige Boni oder die Dienstwagengestellung. Über welche beiden weiteren Gehaltsbestandteile der Arbeitnehmer Auskunft verlangt, kann er frei entscheiden.
- Sollte der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer angegebene Tätigkeit nicht für vergleichbar halten, muss er eine andere Vergleichstätigkeit angeben oder, bei Nichtvorhandensein einer entsprechenden Tätigkeit, dies begründen.
- Das Auskunftsverlangen ist in Textform geltend zu machen. Eine E-Mail des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber genügt somit. Bei Bestehen eines Betriebsrats ist das Auskunftsverlangen an den Betriebsrat zu richten, der den Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber verfolgt.
- Der Arbeitgeber ist zur Auskunft innerhalb eines Monats verpflichtet. Dabei sind persönliche Angaben anderer Arbeitnehmer zu anonymisieren.
- Kommt der Arbeitgeber dem Auskunftsverlangen nicht nach, wird eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber vermutet. Der Arbeitgeber ist berechtigt, Rechtfertigungsgründe für eine ungleiche Bezahlung vorzutragen. Das Vorliegen arbeitsmarktbezogener Gründe für eine Ungleichbehandlung oder außergewöhnliche Leistungen des entgeltlich bevorzugten Mitarbeiters muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen. Gesetzliche Sanktionen sind für ungleich bezahlende Arbeitgeber hingegen nicht vorgesehen.
- Das Auskunftsrecht steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich nur in einem zweijährigen Rhythmus zu.
Sollte das Unternehmen regelmäßig mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen, muss das Unternehmen mindestens alle fünf Jahre prüfen, ob es das Entgeltgleichheitsgebot einhält.
Auswirkungen auf den Lagebericht
Ist das Unternehmen zur Erstellung eines Lageberichts nach dem Handelsgesetzbuch verpflichtet, muss darin ein Bericht zur Frauenförderung und die Herstellung der Lohngerechtigkeit erfolgen.
Auswirkungen für die Praxis
Mit dem ab 1.1.2018 bestehenden gesetzlichen Auskunftsanspruch wird Arbeitnehmern erstmals eine – ohne großen Aufwand jederzeit nutzbare – Möglichkeit gegeben, Auskunft über die Beschäftigungsbedingungen ihrer Kollegen zu erhalten. Dabei dürfte insbesondere in Trennungsszenarien von diesem Instrument des Öfteren Gebrauch gemacht werden, da auf diese Weise zusätzliche „Verhandlungsmasse“ aufgebaut werden kann.
Zwar sind bei Verstoß gegen ein Auskunftsverlangen keine Sanktionen gegenüber dem Arbeitgeber, z. B. in Form des Anspruchs auf höheres Arbeitsentgelt, vorgesehen. Jedoch dürfte das Interesse, Verstöße zu vermeiden, wegen der daraus resultierenden Beeinträchtigung des Betriebsklimas und der Außenwirkung doch sehr hoch sein.
Ob es durch das Entgelttransparenzgesetz tatsächlich zu einer – vor allem statistisch nachweisbaren – Entgeltgleichheit von Frauen und Männern kommt, darf allerdings bezweifelt werden.