In seiner Entscheidung vom 18.6.2018 (South Dakota v. Wayfair, 17-494) stellt der U.S. Supreme Court hingegen darauf ab, ob eine wirtschaftliche Präsenz gegeben ist. Treffen würde dies insb. den Online-Handel, bei dem regelmäßig weder Verkaufsraum noch Mitarbeiter vor Ort erforderlich sind.
Auswirkungen könnte dies aber ebenso auch für ausländische Unternehmen mit Kunden in den USA haben. Was nun genau hinter dieser Gerichtsentscheidung steckt und wie sich diese in der Praxis auswirkt, darüber haben wir mit Gretchen Whalen, Certified Public Accountant und Prinzipal bei unserem Nexia International-Partnerunternehmen CliftonLarsonAllen (CLA) in Tampa, gesprochen.

Welche Tätigkeiten eines Unternehmens werden durch die Sales and Use Tax besteuert?
Das hängt vom jeweiligen US-Bundesstaat ab. 46 Bundesstaaten erheben die Sales Tax und jeder von ihnen hat die Möglichkeit, eigene Regelungen hinsichtlich der Produkte und Dienstleistungen, die von der Steuer betroffen sein sollen, festzulegen. Normalerweise betrifft die Sales Tax den Verkauf von materiellen Gütern, aber in vielen Bundesstaaten unterliegt auch die Erbringung von Dienstleistungen und der Verkauf von Software dieser Steuer. Beispielsweise sind in Florida nur wenige Dienstleistungen oder im elektronischen Wege zur Verfügung gestellte Software und Güter steuerpflichtig, wogegen Texas viele Dienstleistungen besteuert.
Wer muss die Sales and Use Tax einbehalten und bezahlen?
In der Regel wird die Steuer dem Endverbraucher der steuerpflichtigen Güter oder Dienstleistungen auferlegt. Allerdings muss ein Verkäufer, dessen Präsenz im Bundesstaat zu einer Steuerpflicht führt bzw. für den ein sog. Nexus vorliegt, in dem jeweiligen Bundesstaat die Steuer beim Verkauf einbehalten und diese an die US-Finanzbehörde abführen. Führt der Verkäufer keine steuerrelevante Tätigkeit in dem Bundesstaat aus, die zu einem Nexus führt, muss der Käufer selbst die Steuer abführen.
Handelt es sich hierbei um eine Bundes- oder um eine Staatensteuer?
Die Sales Tax in den USA ist eine Bundesstaaten- und/oder eine Kommunalsteuer. Zahlreiche Bundesstaaten erheben die Steuer im Auftrag der Kommunen.
Was versteht man unter dem Begriff Nexus? Ist der Begriff gesetzlich definiert?
Nexus ist ein Konzept, welches bedeutet, dass in einem Geltungsbereich ausreichend steuerrelevante Tätigkeiten vorliegen, um eine Person oder ein Unternehmen besteuern zu können. Das Konzept ergibt sich aus der Verfassung der USA und hat sich aus mehreren Gerichtsverfahren heraus entwickelt. Bevor das aktuelle Urteil des Obersten Gerichtshofs der USA im Fall South Dakota vs. Wayfair gefällt wurde, musste ein Unternehmen eine physische Präsenz, beispielsweise durch Mitarbeiter oder Grund-/Immobilienbesitz in dem jeweiligen Bundesstaat, aufweisen, um einen Nexus zu begründen und von der Sales Tax-Steuerpflicht betroffen zu sein.
Welche Änderungen haben sich hier durch das Wayfair-Urteil ergeben?
Das Wayfair-Urteil hat die physische Präsenz als Kriterium für das Vorliegen eines Nexus effektiv beseitigt. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es für einen Bundesstaat angebracht sei, die wirtschaftliche Präsenz als neuen Maßstab für Nexus einzuführen, ähnlich dem Bundesstaat South Dakota, der die Tätigkeit von Unternehmen, die eine jährliche Verkaufsschwelle von 100.000 US-Dollar oder 200 separate Transaktionen pro Jahr in einem Bundesstaat überschreiten, als Nexus einstufte.
Nach dieser Entscheidung haben zahlreiche andere Bundesstaaten Gesetze erlassen, wonach eine wirtschaftliche Präsenz ausreicht, um Nexus zu begründen oder sie begannen, die bereits bestehenden Gesetze durchzusetzen.
Entspricht der Begriff Nexus dem ertragsteuerlichen Betriebsstättenbegriff?
Nein, das ist nicht der Fall. Nexus kann in verschiedenen Fallkonstellationen entstehen, z. B. indem ein Mitarbeiter in einem Bundesstaat ansässig ist oder in diesen reist, um Geschäften nachzugehen, indem ein unabhängiger Vertragspartner in einem Bundesstaat beauftragt wird, oder wenn über Eigentum in einem Staat verfügt wird, auch wenn es sich um Vorräte in einem gemieteten Lagerhaus handelt. Im Großen und Ganzen ist es einfacher Nexus zu begründen, als eine Betriebsstätte zu errichten.
Die Sales Tax und manch andere indirekte Steuern, wie beispielsweise Steuern, die bei den Bruttoeinnahmen ansetzen, werden unabhängig davon ausgelöst, ob ein Unternehmen der Ertragsteuer auf Bundesebene unterliegt.
Führt eine wirtschaftliche Präsenz (Economic Nexus) bereits in allen Bundesstaaten zu einer Besteuerung mit Sales and Use Tax?
Noch nicht. Zum 1.1.2019 haben 35 Bundesstaaten die wirtschaftliche Präsenz zur Begründung eines Nexus gesetzlich eingeführt. Viele dieser Gesetze sind bereits seit dem 1.10.2018 wirksam. Zahlreiche andere Bundesstaaten ziehen die Einführung von Gesetzen zur Regelung eines “Economic Nexus” momentan in Betracht.
Welche ausländischen Unternehmen sind von den Änderungen betroffen und welche Auswirkungen ergeben sich für diese? Betrifft dies nur ausländische Unternehmen mit Tochtergesellschaften in den USA?
Jedes ausländische Unternehmen, das Güter oder Dienstleistungen in die USA verkauft bzw. in den USA anbietet, kann davon betroffen sein.
Wenn die Verkäufe eines ausländischen Unternehmens die Anforderungen an die Bildung einer bedeutsamen und wesentlichen Präsenz in einem Bundesstaat erfüllen, muss das ausländische Unternehmen Sales Tax einbehalten und in diesem Gebiet abführen.
Verfügt ein ausländisches Unternehmen über eine Tochtergesellschaft in den USA, spricht viel dafür, dass schon in der Vergangenheit aufgrund der physischen Präsenz eines verbundenen Unternehmens in den USA ein Nexus begründet wurde. Dies sollte vor der Registrierung in einem Bundesstaat geprüft werden. Unternehmen, die ihre vergangenen Aktivitäten in einem Bundesstaat offenlegen, sind in der Regel für alle noch nicht in diesem Staat abgeführten/gezahlten Steuern (z. B. Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Franchise Tax, Steuer auf Bruttoeinnahmen, etc.) zur Teilnahme an dem sog. „Voluntary Disclosure“ Programm des Bundesstaats berechtigt. Das vorrangige Zulassungskriterium der meisten Bundesstaaten für die Teilnahme am „Voluntary Disclosure“ Programm ist, dass das Unternehmen bezüglich der betroffenen Steuerart bislang noch keinen Kontakt mit den Steuerbehörden des Bundesstaates hatte; Mitteilungen, Registrierungen, Fragebögen, etc. eingeschlossen.
Folglich würde ein Unternehmen, das sich aufgrund der Wayfair-Entscheidung registrieren lässt und Sales Tax erhebt, seine Möglichkeit zur Teilnahme an dem „Voluntary Disclosure“ Programm des Bundesstaats für Zwecke der Sales Tax verspielen.
Wie kann CLA unterstützen?
Der Einhaltung der wachsenden Anzahl an staatlichen Steuererklärungspflichten nachzukommen, kann eine Vollzeitbeschäftigung sein. Steuerexperten von CLA für Bundesstaaten- und Kommunalsteuern können dazu beitragen, Unternehmen zu entlasten. Wir bieten dazu externe Dienstleistungen im Bereich Sales Tax Compliance und Beurteilungen hinsichtlich des Vorliegens eines Sales Tax Nexus (Wayfair checkup) an, um dem Unternehmen die für sie relevanten Auswirkungen und Verpflichtungen aufgrund der neuen Gesetze zu verdeutlichen. Wir verfolgen stetig die Neuerungen und Entwicklungen zum „Economic Nexus“ bezüglich der Sales Tax für jeden Bundesstaat, um sicherzustellen, dass dem betroffenen Unternehmen die geltenden Bestimmungen zur Erhebung und Abführung der Sales Tax bewusst sind.