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Voller Freibetrag für Inlandserwerb auch bei nur beschränkter Erbschaftsteuerpflicht

FG Baden-Württemberg 28.7.2014, 11 K 3629/13

Es verstößt ge­gen die uni­ons­recht­lich gewähr­leis­tete Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit, wenn in den Fällen der le­dig­lich be­schränk­ten Erb­schaft­steu­er­pflicht bei einem Er­werb vom Ehe­gat­ten ein ge­rin­ge­rer als der in § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ge­re­gelte Frei­be­trag i.H.v. 500.000 € berück­sich­tigt wird. § 16 Abs. 2 ErbStG, der in sol­chen Fällen le­dig­lich einen Frei­be­trag von 2.000 € vor­sieht, verstößt ge­gen die Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit als höher­ran­gi­ges eu­ropäisches Recht und ist da­her nicht an­zu­wen­den.

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig ist, ob es ge­gen die uni­ons­recht­lich gewähr­leis­tete Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit verstößt, wenn in den Fällen der le­dig­lich be­schränk­ten Steu­er­pflicht bei einem Er­werb un­ter Ehe­gat­ten ein ge­rin­ge­rer als der in § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ge­re­gelte Frei­be­trag i.H.v. 500.000 € berück­sich­tigt wird.

Im Streit­fall hatte die in der Schweiz woh­nende Kläge­rin von ih­rem eben­falls in der Schweiz le­ben­den Ehe­mann Grundstücke in Deutsch­land mit einem Wert von knapp 380.000 € ge­erbt. Das übrige - nicht der Be­steue­rung in Deutsch­land un­ter­lie­gende - Erbe be­lief sich auf ca. 6,4 Mio. Schwei­zer Fran­ken. Erb­schaft­steuer in der Schweiz wurde von der Kläge­rin nicht er­ho­ben.

Für das in Deutsch­land ge­le­gene Grund­vermögen be­gehrte die Kläge­rin den für Ehe­leute bei un­be­schränk­ter Erb­schaft­steu­er­pflicht gel­ten­den Frei­be­trag von 500.000 €. Dem­ge­genüber wollte das Fi­nanz­amt zunächst nur einen Frei­be­trag von 2.000 € an­set­zen, den es später - nach dem Wert­verhält­nis der in Deutsch­land ver­erb­ten Grundstücke zum ge­sam­ten an­ge­fal­le­nen Erbe - noch auf 27.811 € erhöhte (sog. "frac­tio­nal re­si­dence taxta­tion").

Das FG gab der Klage statt. Das Ur­teil ist nicht rechtskräftig. Die beim BFH anhängige Re­vi­sion wird dort un­ter dem Az. II R 53/14 geführt.

Die Gründe:
Vor­lie­gend ist die dem inländi­schen Be­steue­rungs­recht un­ter­lie­gende Be­rei­che­rung der Kläge­rin aus dem Vermächt­nis ih­res Ehe­man­nes in vol­lem Um­fang steu­er­be­freit.

Der Er­werb un­ter­lag zwar nur der be­schränk­ten Erb­schaft­steu­er­pflicht, weil so­wohl die Kläge­rin als auch der Erb­las­ser keine Inländer, son­dern ge­biets­fremde Per­so­nen wa­ren. Den­noch konnte die Kläge­rin vor­lie­gend den vollen Frei­be­trag für un­be­schränkt steu­er­pflich­ti­gen Er­werb be­an­spru­chen.

Die Höhe des steu­er­frei blei­ben­den Er­werbs be­stimmt sich auch bei nur be­schränk­ter Erb­schaft­steu­er­pflicht nach den vollen Frei­beträgen, die für den un­be­schränkt steu­er­pflich­ti­gen Er­werb von To­des we­gen gel­ten. Zwar enthält das deut­sche Erb­schaft­steu­er­recht in § 16 Abs. 2 ErbStG eine Re­ge­lung, die in sol­chen Fällen le­dig­lich einen Frei­be­trag von 2.000 € vor­sieht. Diese Vor­schrift verstößt aber ge­gen die Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit als höher­ran­gi­ges eu­ropäisches Recht und ist da­her nicht an­zu­wen­den. Der EuGH hat be­reits mit Ur­teil vom 17.10.2013 (C-181/12) die in § 16 Abs. 2 ErbStG an­ge­ord­nete Her­ab­set­zung des Frei­be­trags bei feh­len­dem Wohn­sitz im In­land für eu­ro­pa­rechts­wid­rig erklärt.

Un­er­heb­lich ist in­so­weit, dass der Kläge­rin der volle Frei­be­trag bei un­be­schränk­ter Erb­schaft­steu­er­pflicht nur im Zu­sam­men­hang mit der Be­steue­rung des ge­sam­ten Er­bes und da­mit un­ter An­satz ei­ner we­sent­lich brei­te­ren Be­mes­sungs­grund­lage gewährt wor­den wäre.

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