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Verwertbarkeit von Steuer-CDs im Strafverfahren

VGH Rheinland-Pfalz 24.2.2014, VGH B 26/13

Die rechts­wid­rige oder gar straf­bare Er­lan­gung ei­nes Be­weis­mit­tels (hier: eine Steu­er­da­ten-CD) durch eine Pri­vat­per­son führt nur in Aus­nah­mefällen zur Un­ver­wert­bar­keit des Be­weis­mit­tels im Straf­ver­fah­ren. Die Ge­richte müssen al­ler­dings zukünf­tig überprüfen, wie sich das Ausmaß und der Grad der staat­li­chen Be­tei­li­gung hin­sicht­lich der Er­lan­gung der Da­ten dar­stel­len.

Der Sach­ver­halt:
Das Land Rhein­land-Pfalz hatte im Jahr 2012 eine sog. Steu­er­da­ten-CD von ei­ner Pri­vat­per­son er­wor­ben. Das an­ge­kaufte Da­ten­pa­ket ent­hielt zahl­rei­che Da­tensätze von Kun­den ei­ner Schwei­zer Bank, un­ter de­nen sich auch der Be­schwer­deführer be­fand. Gestützt auf diese Da­ten er­ließ das AG Ko­blenz im Mai 2013 ge­gen den Be­schwer­deführer einen Durch­su­chungs­be­schluss we­gen des Ver­dachts der Steu­er­hin­ter­zie­hung und ord­nete nach er­folg­ter Durch­su­chung die Be­schlag­nahme ver­schie­de­ner Un­ter­la­gen an.

Die ge­gen die Be­schlüsse des AG er­ho­be­nen Be­schwer­den wies das LG Ko­blenz als un­begründet zurück. Da­nach sei nicht von einem Ver­wer­tungs­ver­bot aus­zu­ge­hen und es liege auch keine Straf­bar­keit der den Da­ten­an­kauf täti­gen­den deut­schen Be­am­ten vor. Dem­ge­genüber machte der Be­schwer­deführer gel­tend, die Ver­wer­tung der auf der CD vor­han­de­nen Da­ten ver­letze ihn in sei­nem Recht auf ein fai­res Ver­fah­ren, in sei­nem all­ge­mei­nen Persönlich­keits­recht so­wie in sei­nem Grund­recht auf Un­ver­letz­lich­keit der Woh­nung. Der An­kauf der Da­ten-CD durch das Land sei straf­bar ge­we­sen. Der In­for­mant habe sich durch den Ver­kauf der CD ei­nes Ver­rats von Ge­schäfts- und Be­triebs­ge­heim­nis­sen gem. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG schul­dig ge­macht.

Seine Ver­fas­sungs­be­schwerde blieb vor dem VGH Rhein­land-Pfalz ohne Er­folg.

Die Gründe:
Die Ver­wer­tung der auf der CD be­find­li­chen Steu­er­da­ten im Durch­su­chungs­be­schluss ver­letzte den Be­schwer­deführer nicht in sei­nem Recht auf ein fai­res Ver­fah­ren. Zwar gibt es auch im Straf­ver­fah­ren keine Wahr­heits­er­mitt­lung um je­den Preis. Denn die erhöhten An­for­de­run­gen an ein ver­fas­sungs­recht­li­ches Ver­wer­tungs­ver­bot be­freien die zuständi­gen Stel­len nicht von ih­rer Pflicht, nur in rechts­kon­for­mer Weise Be­weise zu er­he­ben. So darf der Staat aus Ein­grif­fen ohne Rechts­grund­lage grundsätz­lich kei­nen Nut­zen zie­hen. Im Hin­blick auf den An­kauf von sog. Steu­er­da­ten-CDs gibt es in­so­weit eine un­klare Rechts­lage. Denn diese Art der Ge­win­nung von Be­weis­mit­teln weicht vor al­lem deut­lich vom Nor­mal­fall ab.

Ge­richte und Straf­ver­fol­gungs­behörden müssen ge­mein­sam die prak­ti­sche Wirk­sam­keit des Rich­ter­vor­be­halts als Grund­rechts­si­che­rung gewähr­leis­ten. Die Ge­richte dürfen ins­be­son­dere die Frage der mögli­chen Straf­bar­keit deut­scher Be­am­ter nicht da­hin­ste­hen las­sen. Die Prüfungs­tiefe der an­ge­grif­fe­nen Ge­richts­ent­schei­dun­gen und de­ren tatsäch­li­che Grund­la­gen wa­ren hier al­ler­dings ge­rade noch aus­rei­chend ge­we­sen. Na­ment­lich die An­nahme, dass sich die deut­schen Be­am­ten beim An­kauf der Da­ten nicht straf­bar ge­macht hat­ten, war im Er­geb­nis ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Eine ober­ge­richt­li­che Klärung die­ser Frage steht gleich­wohl noch aus.

Die rechts­wid­rige oder gar straf­bare Er­lan­gung ei­nes Be­weis­mit­tels durch eine Pri­vat­per­son führt nur in Aus­nah­mefällen zur Un­ver­wert­bar­keit des Be­weis­mit­tels im Straf­ver­fah­ren. Ver­fas­sungs­recht­lich un­be­denk­lich war es auch, dass die Ge­richte in den an­ge­grif­fe­nen Ent­schei­dun­gen das Han­deln der Pri­vat­per­son nicht der staat­li­chen Sphäre zu­ge­rech­net hat­ten. Denn eine Zu­rech­nung war ver­fas­sungs­recht­lich nicht ge­bo­ten, da der An­bie­ter aus ei­ge­nem An­trieb ge­han­delt hatte. Die fi­nan­zi­elle An­reiz­wir­kung für den In­for­man­ten durch frühere, ver­ein­zelte Ankäufe von Da­ten-CDs war je­den­falls zum Zeit­punkt des An­kaufs der CD durch das Land noch nicht von der­ar­ti­gem Ge­wicht ge­we­sen, dass der In­for­mant gleich­sam als "verlänger­ter Arm" des Staa­tes an­ge­se­hen wer­den konnte.

Dies könnte sich in Zu­kunft je­doch durch­aus ändern. So könn­ten Si­tua­tio­nen ent­ste­hen, die das Han­deln ei­nes pri­va­ten In­for­man­ten der staat­li­chen Sphäre zu­rech­nen ließen. In­fol­ge­des­sen müssen die Ge­richte zukünf­tig überprüfen, wie sich das Ausmaß und der Grad der staat­li­chen Be­tei­li­gung hin­sicht­lich der Er­lan­gung der Da­ten dar­stel­len. Für die Frage der Zu­rech­nung könn­ten auch ein ge­ge­be­nen­falls er­heb­li­cher An­stieg von Ankäufen ausländi­scher Bank­da­ten und eine da­mit ver­bun­dene An­reiz­wir­kung zur Be­schaf­fung die­ser Da­ten von Be­deu­tung sein.

Letzt­lich war der Be­schwer­deführer auch nicht in sei­nem Recht auf in­for­ma­tio­nelle Selbst­be­stim­mung nach Art. 4a LV ver­letzt, da die Ver­wer­tung der per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten die ver­fas­sungs­recht­li­che Pflicht ei­ner wirk­sa­men staat­li­chen Straf­ver­fol­gung und Bekämp­fung von Straf­ta­ten erfüllt so­wie der Her­stel­lung von Steu­er­ge­rech­tig­keit und der Gewähr­leis­tung ei­nes ge­si­cher­ten Steu­er­auf­kom­mens dient. Ebenso lag kein Ver­stoß ge­gen das Grund­recht auf Un­ver­letz­lich­keit der Woh­nung aus Art. 7 Abs. 1 LV vor.

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