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Vermietung und Verpachtung - Beseitigung der Ungewissheit

BFH 16.6.2015, IX R 27/14

Das Fi­nanz­amt ist bei un­ge­wis­ser Ver­mie­tungs­ab­sicht zur Ände­rung ei­ner vorläufi­gen Steu­er­fest­set­zung nach § 165 Abs. 2 S. 1 AO auch dann be­fugt, wenn sich eine neue Tat­sa­chen­lage al­lein durch Zeit­ab­lauf er­ge­ben hat. Kommt es über einen Zeit­raum von mehr als zehn Jah­ren nicht zu der an­geb­lich be­ab­sich­tig­ten Ver­mie­tung, ist es re­gelmäßig nicht zu be­an­stan­den, wenn die Ver­mie­tungs­ab­sicht ver­neint wird.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist seit 1980 Ei­gentüme­rin ei­nes um 1900 er­rich­te­ten ca. 88 qm großen Ein­fa­mi­li­en­hau­ses. Dort wohnte sie bis 1992 ge­mein­sam mit ih­rem im Jahr 2010 ver­stor­be­nen Ehe­mann. Das Gebäude war nicht an die öff­ent­li­che Ab­was­ser­ent­sor­gung an­ge­schlos­sen und verfügte we­der über eine Toi­lette noch über ein Bad, son­dern le­dig­lich über eine Sitz­grube und einen Brun­nen im Hof. Die Dach­ein­de­ckung war er­neue­rungs­bedürf­tig. Nach­dem die Kläge­rin und ihr Ehe­mann ar­beits­los ge­wor­den wa­ren, zo­gen sie 1993 um, blie­ben aber wei­ter­hin am al­ten Wohn­sitz ge­mel­det.

In den Jah­ren 1994 bis 2006 setzte die Kläge­rin das Gebäude nach und nach in­stand. In den Jah­ren 2001 bis 2002 er­folgte der An­schluss an das öff­ent­li­che Ab­was­ser­netz. Die Ar­bei­ten wur­den so weit wie möglich in Ei­gen­re­gie aus­geführt; die Auf­wen­dun­gen für die In­stand­set­zun­gen be­lie­fen sich auf etwa 70.000 €. Erst­mals im Jahr 2004 schal­tete die Kläge­rin vier An­zei­gen in ei­ner Zei­tung und bot eine Woh­nung zur Miete an. In den fol­gen­den Jah­ren wie­der­holte die Kläge­rin ihre Bemühun­gen mit je­weils drei An­zei­gen pro Jahr. Der Text der An­zei­gen lau­tete je­weils un­verändert: "Ver­miete Whg. in EFH". Eine Ver­mie­tung kam nie zu­stande.

Seit 2011 nutzte die Kläge­rin das Grundstück wie­der zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken. In ih­ren Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen für die Streit­jahre 1996 bis 2007 machte die Kläge­rin Wer­bungs­kos­tenüber­schüsse aus der be­ab­sich­tig­ten Ver­mie­tung des Grundstücks gel­tend. Das Fi­nanz­amt er­fasste die ne­ga­ti­ven Einkünfte aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung zunächst erklärungs­gemäß. Mit Be­scheid für 1999 kündigte es je­doch an, in Zu­kunft keine Auf­wen­dun­gen mehr an­zu­er­ken­nen, wenn im Jahr 2000 nicht ein Miet­ver­trag ge­schlos­sen werde. Mit Be­scheid vom 25.7.2000 be­rich­tigte das Fi­nanz­amt den ur­sprüng­li­chen Be­scheid nach § 129 AO. Die Vorläufig­keit blieb be­ste­hen. Am 16.10.2001 änderte es den Be­scheid nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO. In die­sem Ände­rungs­be­scheid fehlte die An­ord­nung der Vorläufig­keit hin­sicht­lich der Einkünfte aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung. Am 23.10.2008 änderte das Fi­nanz­amt die Be­scheide für 1996 bis 2005 nach § 165 Abs. 2 S. 1 AO und berück­sich­tigte die Wer­bungs­kos­tenüber­schüsse nicht mehr. Es führte aus, es habe von An­fang an keine Ver­mie­tungs­ab­sicht vor­ge­le­gen.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auch die Re­vi­sion vor dem BFH blieb er­folg­los.

Gründe:
Das FG hatte ent­schie­den, die von der Kläge­rin be­haup­tete Ver­mie­tungs­ab­sicht habe in kei­nem Jahr fest­ge­stellt wer­den können. Zur Begründung hatte es u.a. aus­geführt, die ob­jek­ti­ven Umstände er­laub­ten kei­nen si­che­ren Schluss auf das Vor­lie­gen der Ab­sicht; ver­blei­bende Zwei­fel gin­gen in­so­fern zu Las­ten der Kläge­rin. Ins­be­son­dere habe die Kläge­rin in An­be­tracht des zeit­li­chen Ab­laufs (Re­no­vie­rung von 1994 bis 2006) nicht ziel­ge­rich­tet ge­nug auf die Ver­mie­tung hin­ge­wirkt. Außer­dem seien die seit 2004 ent­fal­te­ten Ver­mie­tungs­bemühun­gen nicht aus­rei­chend. Auf den man­geln­den Ver­mie­tungs­er­folg habe die Kläge­rin nicht rea­giert. Diese tatsäch­li­che Würdi­gung war zu­min­dest möglich.

Die we­gen feh­len­der Anknüpfungs­tat­sa­chen be­ste­hende Un­ge­wiss­heit hin­sicht­lich der be­haup­te­ten Ver­mie­tungs­ab­sicht ist nicht i.S.v. § 171 Abs. 8 AO be­sei­tigt, so­lange eine zukünf­tige Ver­mie­tung nicht aus­ge­schlos­sen ist und der Steu­er­pflich­tige Maßnah­men er­greift, die dar­auf ge­rich­tet sind, die Ver­mie­tung zu ermögli­chen oder zu fördern. Das Fi­nanz­amt ist bei un­ge­wis­ser Ver­mie­tungs­ab­sicht zur Ände­rung ei­ner vorläufi­gen Steu­er­fest­set­zung nach § 165 Abs. 2 S. 1 AO auch dann be­fugt, wenn sich eine neue Tat­sa­chen­lage al­lein durch Zeit­ab­lauf er­ge­ben hat. Kommt es über einen Zeit­raum von mehr als zehn Jah­ren nicht zu der an­geb­lich be­ab­sich­tig­ten Ver­mie­tung, ist es re­gelmäßig nicht zu be­an­stan­den, wenn die Ver­mie­tungs­ab­sicht ver­neint wird.

Dies zu­grunde ge­legt, hatte das FG im Streit­fall al­lein auf­grund des Zeit­ab­laufs die Ände­rungs­be­fug­nis des Fi­nanz­am­tes ohne Rechts­feh­ler be­jaht. Zwi­schen dem Be­ginn der steu­er­lich gel­tend ge­mach­ten Sa­nie­rungs­ar­bei­ten im Jahr 1994 und der Ände­rung der in­so­weit vorläufi­gen Ein­kom­men­steu­er­be­scheide (im Jahr 2008) lag ein Zeit­raum von mehr als zehn Jah­ren, in­ner­halb des­sen es nicht zu ei­ner Ver­mie­tung ge­kom­men war. Wei­te­rer tatsäch­li­cher Fest­stel­lun­gen be­durfte es bei die­ser Sach­lage nicht. So­weit die Kläge­rin meinte, das Fi­nanz­amt habe die Ände­rungs­be­fug­nis un­ter dem Ge­sichts­punkt von Treu und Glau­ben ver­wirkt, fehl­ten hierfür jeg­li­che An­halts­punkte.

Link­hin­weis:

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