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Unverlangt versandte Empfehlungs-E-Mails gleichen unverlangt versandten Werbe-E-Mails

BGH 12.9.2013, I ZR 208/12

In Fällen, in de­nen Un­ter­neh­men auf der ei­ge­nen Web­site die Möglich­keit für Nut­zer ver­schaf­fen, Drit­ten un­ver­langt eine sog. Emp­feh­lungs-E-Mail zu schi­cken, die auf den In­ter­net­auf­tritt des Un­ter­neh­mens hin­weist, wirkt dies wie eine un­ver­langt ver­sandte Werbe-E-Mail des Un­ter­neh­mens selbst. Rich­tet sich die ohne Ein­wil­li­gung ver­sandte Emp­feh­lungs-E-Mail an einen Rechts­an­walt, stellt dies einen rechts­wid­ri­gen Ein­griff in den ein­ge­rich­te­ten und ausgeübten Ge­wer­be­be­trieb dar.

Der Sach­ver­halt:
Auf der In­ter­net­seite der Be­klag­ten be­fin­det sich eine sog. Wei­ter­emp­feh­lungs­funk­tion. Gibt ein Drit­ter seine ei­gene E-Mail-Adresse und eine wei­tere E-Mail-Adresse ein, wird von der In­ter­net­seite der Be­klag­ten an die wei­tere von dem Drit­ten be­nannte E-Mail-Adresse eine au­to­ma­ti­sch ge­ne­rierte E-Mail ver­sandt, die auf den In­ter­net­auf­tritt der Be­klag­ten hin­weist. Bei dem Empfänger der E-Mail geht der Hin­weis auf die In­ter­net­seite der Be­klag­ten als von die­ser ver­sandt ein. Wei­te­ren In­halt hat eine Emp­feh­lungs-E-Mail nicht.

Der Kläger ist Rechts­an­walt. Er er­hielt im De­zem­ber 2010 erst­mals ohne seine Zu­stim­mung meh­rere Emp­feh­lungs-E-Mails. Nach ei­ner Ab­mah­nung und ei­ner wei­te­ren Be­schwerde des Klägers erklärte sich die Be­klagte zwar be­reit, des­sen kon­krete E-Mail-Adresse für den Er­halt der Emp­feh­lungs-E-Mails zu sper­ren. In der Fol­ge­zeit er­hielt der Kläger aber noch wei­tere E-Mails.

Der Kläger for­derte von der Be­klag­ten es zu un­ter­las­sen, ihm E-Mails ohne sein Ein­verständ­nis zu­zu­sen­den. Außer­dem nahm er die Be­klagte auf Zah­lung der Ab­mahn­kos­ten in An­spruch. Die Be­klagte hielt da­ge­gen, sie sei nicht als Störe­rin an­zu­se­hen, weil der E-Mail-Ver­sand durch Dritte ver­an­lasst werde. Der Kläger habe die streit­ge­genständ­li­chen Kon­tak­tie­run­gen hin­zu­neh­men, da er ein E-Mail-Post­fach un­ter­halte. Ohne eine ihr nicht zu­mut­bare Auf­gabe ih­rer Emp­feh­lungs­funk­tion könne ein Ver­sand von E-Mails an ihr noch un­be­kannte E-Mail-Adres­sen des Klägers nicht ver­hin­dert wer­den.

AG und LG wie­sen die Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BGH die Vor­ent­schei­dun­gen in­so­weit auf, als hin­sicht­lich des Un­ter­las­sungs­an­trags zum Nach­teil des Klägers er­kannt wor­den war.

Gründe:
Dem Kläger steht ge­gen die Be­klagte gem. § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB ein An­spruch auf Un­ter­las­sung der Zu­sen­dung von E-Mails mit werb­li­chem In­halt zu.

Schafft ein Un­ter­neh­men auf sei­ner Web­site die Möglich­keit für Nut­zer, Drit­ten un­ver­langt eine sog. Emp­feh­lungs-E-Mail zu schi­cken, die auf den In­ter­net­auf­tritt des Un­ter­neh­mens hin­weist, ist dies nicht an­ders zu be­ur­tei­len als eine un­ver­langt ver­sandte Werbe-E-Mail des Un­ter­neh­mens selbst. Rich­tet sich die ohne Ein­wil­li­gung des Adres­sa­ten ver­sandte Emp­feh­lungs-E-Mail an einen Rechts­an­walt, stellt dies einen rechts­wid­ri­gen Ein­griff in den ein­ge­rich­te­ten und ausgeübten Ge­wer­be­be­trieb dar.

Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten kam es für die Ein­ord­nung als Wer­bung nicht dar­auf an, dass das Ver­sen­den der Emp­feh­lungs-E-Mails letzt­lich auf dem Wil­len ei­nes Drit­ten be­ruht. Ent­schei­dend war viel­mehr al­lein das Ziel, das die Be­klagte mit dem Zur­verfügung­stel­len der Emp­feh­lungs­funk­tion er­rei­chen wollte. Da eine sol­che Funk­tion er­fah­rungs­gemäß den Zweck hat, Dritte auf die Be­klagte und die von ihr an­ge­bo­te­nen Leis­tun­gen auf­merk­sam zu ma­chen, ent­hal­ten die auf diese Weise ver­sand­ten Emp­feh­lungs-E-Mails Wer­bung.

Eine an­dere Be­ur­tei­lung er­gab sich auch nicht aus dem Um­stand, dass die Wer­bung nur an Per­so­nen ver­sandt wurde, die ein Drit­ter durch Ein­gabe von de­ren E-Mail-Adresse aus­gewählt hatte. Ent­schei­dend war viel­mehr, dass der Empfänger in diese Art Wer­bung nicht ein­ge­wil­ligt hatte und sich prak­ti­sch nicht zur Wehr set­zen konnte. Zu­dem haf­tete die Be­klagte für die Zu­sen­dung der Emp­feh­lungs-E-Mails auch als Täte­rin. Da­bei war es un­er­heb­lich, dass der Ver­sand der letzt­lich auf die Ein­gabe der E-Mail-Adresse des Klägers durch einen Drit­ten zurück­ging. Maßgeb­lich war, dass der Ver­sand auf die ge­rade zu die­sem Zweck zur Verfügung ge­stellte Wei­ter­emp­feh­lungs­funk­tion der Be­klag­ten zurück­ging und die Be­klagte beim Empfänger ei­ner Emp­feh­lungs-E-Mail als Ab­sen­de­rin er­schien.

Al­ler­dings schied ein An­spruch des Klägers auf Er­stat­tung der Ab­mahn­kos­ten aus. Ein Rechts­an­walt muss im Fall der ei­ge­nen Be­trof­fen­heit seine Sach­kunde bei der Ab­mah­nung ei­nes de­lik­ti­schen Han­delns un­ter dem Ge­sichts­punkt der Scha­dens­ver­mei­dung ein­set­zen. Die Hin­zu­zie­hung ei­nes wei­te­ren Rechts­an­walts ist bei ty­pi­schen, un­schwer zu ver­fol­gen­den Rechts­ver­let­zun­gen nicht not­wen­dig. Es be­steht dann kein An­spruch auf Er­stat­tung der dafür an­fal­len­den Kos­ten. Ent­spre­chen­des gilt für den Fall ei­ner Selbst­be­auf­tra­gung.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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