Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Streitpatents, das durch eine Teilung hervorgegangen war. Die Stammanmeldung war im Februar 1993 unter Inanspruchnahme einer japanischen Priorität aus Februar 1992 eingereicht worden. Das Streitpatent betrifft einen Computer, einen Monitor und eine Tastatur umfassendes und in der Beschreibung als Bildanzeigegerät bezeichnetes Computersystem, das bei gleichzeitiger Vereinfachung der Verbindung und der Kommunikation zwischen den einzelnen Komponenten eine optimale Bildanzeige gewährleisten soll. Das Problem besteht darin, dass aufgrund der Unterschiede hinsichtlich Position und Größe des Bildes sowie der Ablenkungsfrequenz eines anzuzeigenden Videosignals eine befriedigende Bildanzeige nur eingeschränkt oder mit wenig komfortablen Maßnahmen möglich ist.
Gründe:
Die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen. Allerdings konnte es dahinstehen, ob der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausging. Denn er ist jedenfalls nicht patentfähig (§ 22 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).
Der wesentliche Gegenstand des Patentanspruchs in der erteilten Fassung war nicht neu, da er zum Prioritätszeitpunkt zum Stand der Technik gehörte. So beschreibt das Sony-Handbuch "DDM Monitor Interface Manual Third Edition" die mit Patentanspruch beanspruchte Anzeigeeinheit vollständig. Das Handbuch enthält Anleitungen und Hinweise dazu, wie ein Monitor über eine Schnittstelle mit einem Computer verbunden werden kann, so dass der Monitor nicht mehr manuell eingestellt werden muss, sondern über den Computer gesteuert werden kann. Aus dem "Blockdiagramm Schnittstelle" lässt sich entnehmen, dass über eine Schnittstelle ein Datenaustausch zwischen Computer und Monitor in beiden Richtungen stattfindet. Damit waren wesentliche Merkmale des Streitpatents offenbart.
Den Stand der Technik bildet nach § 3 Abs. 1 S. 2 PatG alles, was vor dem Anmeldetag der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht wurde. Für die öffentliche Zugänglichkeit von technischen Erkenntnissen oder Kenntnissen ist nicht der Nachweis erforderlich, dass ein bestimmter technischer Sachverhalt bestimmten fachkundigen Personen bekannt ist. Es reicht vielmehr aus, dass ein nicht begrenzter Personenkreis nach den gegebenen Umständen in der Lage ist, die Kenntnis zu erlangen. Voraussetzung für die Annahme, dass Dritte von der technischen Information Kenntnis erlangen können, ist, dass die Weiterverbreitung an beliebige Dritte durch den Empfänger nach der Lebenserfahrung nahegelegen hat.
Infolgedessen war die technische Lehre vom Patentanspruch im vorliegenden Fall mit dem sog. Sony-Handbuch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Denn wird dem Erwerber einer Vorrichtung ein Handbuch als Begleitunterlage überlassen, steht es der Offenkundigkeit der darin enthaltenen technischen Informationen nicht entgegen, dass diese - wie hier - nach dem Willen des Veräußerers nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden dürfen und eine Vervielfältigung zu anderen Zwecken untersagt ist. Die Annahme einer Geheimhaltungsverpflichtung lag auch deshalb fern, weil mit den in dem Handbuch enthaltenen technischen Informationen die Entwicklung von Programmen gefördert werden sollte, die eine Schnittstelle zu dem von der Sony Corp. kommerziell vertriebenen Monitor nutzen.
Linkhinweis:
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