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Umsatzsteuerpflicht der Verpachtung von Inventar an ein Pflegeheim

FG Münster 13.9.2016, 5 K 412/13 U

Nach neu­erer EuGH-Recht­spre­chung können Leis­tun­gen, die für die Nut­zung ei­ner ge­mie­te­ten Im­mo­bi­lie nütz­lich oder so­gar not­wen­dig sind, im Ein­zel­fall ent­we­der un­abhängig von der Ver­mie­tung der Im­mo­bi­lie be­ste­hen, Ne­ben­leis­tun­gen dar­stel­len oder von der Ver­mie­tung un­trenn­bar sein und mit die­ser eine ein­heit­li­che Leis­tung bil­den. Dem­nach han­delt es sich bei der Über­las­sung des In­ven­tars um eine Ne­ben­leis­tung zur gem. § 4 Nr. 12 lit. a UStG steu­er­freien Ver­pach­tung ei­nes Se­nio­ren­wohn­parks.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist Ei­gentüme­rin ei­nes be­bau­ten Grundstücks. Im Jahr 2004 hatte sie das Grundstück an die T-KG zum Be­trieb ei­ner voll­sta­tionären Pfle­ge­ein­rich­tung ver­pach­tet. An der T-KG war die Kläge­rin wie­derum als Kom­ple­mentärin be­tei­ligt und zu­gleich al­lein­ver­tre­tungs­be­rech­tigte Ge­schäftsführe­rin. Des Wei­te­ren hatte die KG mit der Kläge­rin einen Hei­maus­stat­tungs­miet­ver­trag ab­ge­schlos­sen.

Die Ver­mie­tungs- und Ver­pach­tungstätig­keit der Kläge­rin wurde Ende No­vem­ber 2011 ein­ge­stellt. Über das Vermögen der KG wurde dar­auf­hin das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net. In ih­ren USt-Erklärun­gen für 2004 bis 2010 be­han­delte die Kläge­rin die Grundstücks­ver­pach­tung als steu­er­frei, die Ver­mie­tung der Ein­rich­tungs­ge­genstände da­ge­gen als steu­er­pflich­tig. Un­ter Hin­weis auf das BFH-Ur­teil vom 20.9.2009 (Az.: V R 21/08) be­an­tragte die Kläge­rin später, die Über­las­sung der Ein­rich­tungs­ge­genstände als steu­er­freie Ne­ben­leis­tung zur steu­er­freien Ver­mie­tung des Pfle­ge­heims nach § 4 Nr. 12a UStG zu be­han­deln und die USt-Fest­set­zun­gen der Jahre 2006 bis 2010 so­wie die USt- Vor­an­mel­dun­gen 2011 da­hin­ge­hend zu ändern.

Das Fi­nanz­amt lehnte die be­an­tragte Ände­rung ab. Zur Begründung führte es aus, dass das ge­nannte BFH-Ur­teil über den ent­schie­de­nen Ein­zel­fall hin­aus von der Fi­nanz­ver­wal­tung nicht an­ge­wen­det werde. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte zu Un­recht die Rech­nungs­be­rich­ti­gung der Kläge­rin bei der Fest­set­zung der USt für 2012 nicht berück­sich­tigt.

Die Kläge­rin hatte im Zeit­raum, für den sie die Be­rich­ti­gung be­gehrte, sons­tige Leis­tun­gen ge­gen Ent­gelt an die T-KG er­bracht, die steu­er­bar wa­ren. Diese Umsätze wa­ren nicht als sog. nicht steu­er­bare In­nen­umsätze im Rah­men ei­ner um­satz­steu­er­li­chen Or­gan­schaft i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG er­folgt. So­mit war für die Um­satz­steuer von zwei Steu­er­pflich­ti­gen, der Kläge­rin und der KG, aus­zu­ge­hen, zwi­schen de­nen ein um­satz­steu­er­li­cher Leis­tungs­aus­tausch er­folgt war.

Die Kläge­rin war zunächst zu Un­recht von der Steu­er­pflicht ih­rer steu­er­ba­ren Leis­tun­gen an die KG aus­ge­gan­gen und hatte in­so­weit die USt un­rich­tig aus­ge­wie­sen i.S.d. § 14c Abs. 1 UStG. Bei der Über­las­sung des In­ven­tars han­delte es sich viel­mehr um eine Ne­ben­leis­tung zur gem. § 4 Nr. 12a UStG steu­er­freien Ver­pach­tung des Pfle­ge­heims mit der Folge, dass die Ne­ben­leis­tung eben­falls steu­er­frei war. Nach EuGH-Recht­spre­chung, der sich der BFH an­ge­schlos­sen hat, gel­ten für die Frage, ob meh­rere Tätig­kei­ten steu­er­recht­lich zu nur einem Um­satz oder meh­re­ren ei­genständi­gen Umsätzen führen, die Grundsätze, die der BFH u.a. be­reits in sei­nem Ur­teil vom 20.8.2009 (Az.: V R 21/08), dar­ge­legt hat. Hier­auf und auf die neuere EuGH-Recht­spre­chung (z.B. Urt. v. 16.04.2015, C-42/14) kann Be­zug ge­nom­men wer­den.

Da­nach können Leis­tun­gen, die für die Nut­zung ei­ner ge­mie­te­ten Im­mo­bi­lie nütz­lich oder so­gar not­wen­dig sind, im Ein­zel­fall ent­we­der un­abhängig von der Ver­mie­tung der Im­mo­bi­lie be­ste­hen, Ne­ben­leis­tun­gen dar­stel­len oder von der Ver­mie­tung un­trenn­bar sein und mit die­ser eine ein­heit­li­che Leis­tung bil­den. Aus­ge­hend hier­von hat der BFH in sei­nem Ur­teil vom 11.11.2015 (Az.: V R 37/14) in einem mit dem vor­lie­gen­den Sach­ver­halt iden­ti­schen Fall ent­schie­den, dass es sich bei der Über­las­sung des In­ven­tars um eine Ne­ben­leis­tung zur gem. § 4 Nr. 12 lit. a UStG steu­er­freien Ver­pach­tung ei­nes Se­nio­ren­wohn­parks han­delt. Die­ser Auf­fas­sung schließt sich der er­ken­nende Se­nat auch für den Streit­fall an, denn die Kläge­rin hatte derKG ein be­triebs- und be­nut­zungsfähi­ges Pfle­ge­heim zur Verfügung ge­stellt, weil es sich bei dem mit­ver­pach­te­ten In­ven­tar ganz über­wie­gend um spe­zi­ell ab­ge­stimmte, zum Be­trieb ei­nes Pfle­ge­heims zwin­gend er­for­der­li­che Aus­stat­tungs­ele­mente ge­han­delt hatte.

Da das FG Nie­der­sach­sen in sei­nem Ur­teil vom 25.9.02014 (Az.: 5 K 99/13) eine ab­wei­chende Auf­fas­sung zur der Frage, ob die Be­rich­ti­gung ei­ner Rech­nung we­gen überhöhten Steu­er­aus­wei­ses nach § 14c Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG die Rück­zah­lung der Um­satz­steuer an den Leis­tungs­empfänger vor­aus­setzt, ver­tritt, wurde die Re­vi­sion zu­ge­las­sen. Ge­gen das Ur­teil des FG Nie­der­sach­sen ist ein Re­vi­si­ons­ver­fah­ren beim BFH un­ter dem Az. XI R 43/14 anhängig.

Link­hin­weis:

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