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Steuerberatung

Umsätze aus Fahrsicherheitstrainings sind umsatzsteuerfrei

Niedersächsisches FG 28.6.2018, 5 K 250/16

Die Ein­nah­men aus einem Fahr­si­cher­heits­trai­ning sind gem. § 4 Nr. 22a UStG um­satz­steu­er­frei. Es würde die Gren­zen ei­ner zulässi­gen richt­li­ni­en­kon­for­men Aus­le­gung über­schrei­ten, würde man bei der Aus­le­gung des § 4 Nr. 22a UStG des­sen Wort­laut durch den Text des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwSt­Sys­tRL, der die Steu­er­be­frei­ung al­lein auf er­zie­he­ri­sche und be­rufs­be­zo­gene Ver­an­stal­tun­gen be­schränkt, er­set­zen.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger ist ein ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein. Sat­zungs­zweck ist u.a. die Förde­rung der Ver­kehrs­si­cher­heit und der Ver­kehrs­er­zie­hung ins­bes. durch An­ge­bote im Be­reich Bil­dung und Fort­bil­dung so­wie durch Ver­kehrs­aufklärung. Ge­winn wird laut Sat­zung nicht er­strebt, et­waige Über­schüsse dürfen nur für die sat­zungs­gemäßen Zwecke ver­wen­det wer­den. In den Streit­jah­ren 2013 und 2014 führte der Kläger je­weils rd. 45 Si­cher­heits­trai­nings für Pkw, für Mo­torräder und für Se­nio­ren durch. Da­bei er­zielte er Ein­nah­men i.H.v. brutto rd. 37.000 € (2013) und rd. 21.500 € (2014). Im Sep­tem­ber 2013 er­warb der Kläger einen Ret­tungs­si­mu­la­tor für rd. 43.000 € zzgl. Um­satz­steuer. Zu­dem er­warb er im Ok­to­ber 2014 für den Trans­port des Si­mu­la­tors einen ge­brauch­ten Re­nault-Bus zum Preis von rd. 13.500 € zzgl. Um­satz­steuer.

Mit dem Ret­tungs­si­mu­la­tor er­zielte der Kläger in 2014 Ein­nah­men i.H.v. brutto rd. 6.700 €. Da­bei stellt er den Si­mu­la­tor Ver­an­stal­tern anläss­lich Fir­men­ju­biläen, Tag der of­fe­nen Tür usw. ge­gen Ent­gelt zur Verfügung. Die Nut­zer können da­bei trai­nie­ren, sich aus einem um­gestürz­ten Auto zu be­freien. Die zur Be­die­nung des Ret­tungs­si­mu­la­tors an­we­sen­den Ver­eins­mit­glie­der nut­zen die Ge­le­gen­heit zur Öff­ent­lich­keits­ar­beit und ma­chen die Be­su­cher auf die Ar­beit der Ver­kehrs­wacht auf­merk­sam. Da­ne­ben kommt der Si­mu­la­tor auch kos­ten­frei bei Schu­len zum Ein­satz. Das Fi­nanz­amt un­ter­warf die Umsätze aus dem Fahr­si­cher­heits­trai­ning und die mit dem Ret­tungs­si­mu­la­tor er­ziel­ten Ein­nah­men dem ermäßig­ten Steu­er­satz von 7 %. Es ver­tritt zu­letzt die Auf­fas­sung, dass die mit dem Fahr­si­cher­heits­trai­ning und dem Ret­tungs­si­mu­la­tor er­ziel­ten Umsätze nicht dem ermäßig­ten Steu­er­satz, son­dern dem Re­gel­steu­er­satz von 19 % un­ter­lie­gen würden.

Das FG gab der Klage teil­weise statt. Die beim BFH anhängige Re­vi­sion wird dort un­ter dem Az. V R 26/18 geführt.

Die Gründe:

Die Ein­nah­men aus dem Fahr­si­cher­heits­trai­ning sind um­satz­steu­er­frei; die Ein­nah­men aus der Ver­mie­tung des Ret­tungs­si­mu­la­tors un­ter­lie­gen dem ermäßig­ten Steu­er­satz. Die gel­tend ge­mach­ten Vor­steu­ern sind je­doch in ge­rin­ge­rer Höhe als be­an­tragt ab­zugsfähig.

Die Ein­nah­men aus den Fahr­si­cher­heits­trai­nings sind um­satz­steu­er­frei. Um­satz­steu­er­frei sind nach § 4 Nr. 22a UStG die Vorträge, Kurse und an­de­ren Ver­an­stal­tun­gen wis­sen­schaft­li­cher oder be­leh­ren­der Art, die von ju­ris­ti­schen Per­so­nen des öff­ent­li­chen Rechts, von Ver­wal­tungs- und Wirt­schafts­aka­de­mien, von Volks­hoch­schu­len oder von Ein­rich­tun­gen, die ge­meinnützi­gen Zwecken oder dem Zweck ei­nes Be­rufs­ver­ban­des die­nen, durch­geführt wer­den, wenn die Ein­nah­men über­wie­gend zur De­ckung der Kos­ten ver­wen­det wer­den. Die Kläge­rin ist ein ge­meinnützi­ger Ver­ein und un­terfällt da­mit dem Kreis der nach § 4 Nr. 22a UStG begüns­tig­ten Steu­er­sub­jekte. Die Fahr­si­cher­heits­trai­nings stel­len Kurse be­leh­ren­der Art dar, die den Teil­neh­mern im Ge­mein­woh­lin­ter­esse Fer­tig­kei­ten mit dem Ziel des si­che­ren und de­fen­si­ven Fah­rens ver­mit­teln.

In der Sat­zung des Klägers ist schließlich ausdrück­lich fest­ge­legt, dass die­ser keine Ge­winne an­strebt und et­waige Über­schüsse aus­schließlich zur Erfüllung der sat­zungsmäßigen Zwecke ver­wen­den darf. Da­mit sind sämt­li­che Tat­be­stands­merk­male des § 4 Nr. 22a UStG erfüllt. Es würde die Gren­zen ei­ner zulässi­gen richt­li­ni­en­kon­for­men Aus­le­gung über­schrei­ten, würde man bei der Aus­le­gung des § 4 Nr. 22a UStG des­sen Wort­laut durch den Text des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwSt­Sys­tRL, der die Steu­er­be­frei­ung al­lein auf er­zie­he­ri­sche und be­rufs­be­zo­gene Ver­an­stal­tun­gen be­schränkt, er­set­zen. Viel­mehr kann sich der Kläger hier auf die für ihn güns­ti­gere na­tio­nale Vor­schrift des § 4 Nr. 22a UStG be­ru­fen; da­nach sind die Ein­nah­men aus den Fahr­si­cher­heits­trai­nings um­satz­steu­er­frei.

Die Ein­nah­men aus der Ver­mie­tung des Ret­tungs­si­mu­la­tors an Au­tohäuser sind um­satz­steu­er­pflich­tig. Ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung des Fi­nanz­amts un­ter­lie­gen diese Umsätze aber dem ermäßig­ten Steu­er­satz der Um­satz­steuer. Der Kläger ist ein Ver­ein, der mit dem in der Sat­zung nie­der­ge­leg­ten Ziel der Förde­rung der Ver­kehrs­si­cher­heit und der Ver­kehrs­er­zie­hung un­mit­tel­bar und aus­schließlich ge­meinnützige Zwecke ver­folgt. Zwar begründet die Über­las­sung des Ret­tungs­si­mu­la­tors ge­gen Ent­gelt einen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb i.S.d. § 14 AO, d.h. eine selbständige, nach­hal­tige Tätig­keit, durch die Ein­nah­men er­zielt wer­den, die über den Rah­men ei­ner Vermögens­ver­wal­tung hin­aus­ge­hen. Die­ser wirt­schaft­li­che Ge­schäfts­be­trieb ist je­doch Zweck­be­trieb.

Der Kläger kann die Vor­steu­ern aus den Rech­nun­gen über den Er­werb des Ret­tungs­si­mu­la­tors und des Re­nault-Bus al­ler­dings nur zu 50 % ab­zie­hen. Der Vor­steu­er­ab­zug ist der Höhe nach zu kürzen, da der Kläger die Wirt­schaftsgüter nur zu 50 % im Rah­men der Ver­mie­tung an Au­tohäuser ge­nutzt und i.Ü. un­ent­gelt­lich an Schu­len über­las­sen hat. Er­folgt wie hier nur teil­weise eine un­ter­neh­me­ri­sche und an­sons­ten eine nicht­wirt­schaft­li­che Ver­wen­dung des Wirt­schafts­guts, so sind die Vor­steu­ern ana­log § 15 Abs. 4 UStG auf die Tätig­keits­be­rei­che auf­zu­tei­len.

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