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Steuerberatung

Übernommene Instandhaltungsrücklage bei Erwerb von Teileigentum

FG Köln 17.10.2017, 5 K 2297/16

Das BFH-Ur­teil vom 9.10.1991 (Az.: II R 20/89) ist nach Ände­rung des WEG nicht mehr an­zu­wen­den. Denn den Ausführun­gen des BFH in sei­nem Ur­teil vom 2.3.2015 (Az.: II R 27/14 u.a.) fol­gend ist die an­tei­lige In­stand­hal­tungsrück­stel­lung Teil des Ver­wal­tungs­vermögens der Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hatte im Mai 2016 mit no­ta­ri­el­lem Ver­trag meh­rere Teil­ei­gen­tums­rechte an dem Grund­be­sitz, ver­bun­den mit dem Son­der­ei­gen­tum an ins­ge­samt vier Ge­wer­be­ein­hei­ten so­wie neun Tief­ga­ra­gen­stellplätzen, er­wor­ben. Gemäß Zif­fer II 2 Abs. 6 des Ver­tra­ges sollte der An­teil des Verkäufers an den ge­mein­schaft­li­chen Gel­dern (Vor­schüsse, In­stand­hal­tungsrück­lage usw.) bei Be­sitzüberg­ang auf die Kläge­rin über­ge­hen. Gemäß Zif­fer III be­trug der Kauf­preis 40.000 € und war ins­ge­samt fällig am 1.7.2016.

Das Fi­nanz­amt setzte ge­genüber der Kläge­rin Grund­er­werb­steuer i.H.v. 2.600 € auf Ba­sis ei­ner Be­mes­sungs­grund­lage von 40.000 € fest. Die Kläge­rin machte gel­tend, die Be­mes­sungs­grund­lage müsse um die mit­er­wor­be­nen Gut­ha­ben aus der In­stand­hal­tungsrück­lage von ins­ge­samt 14.815 € gemäß Auf­tei­lung und Zu­ord­nung zu den ein­zel­nen Ob­jek­ten ver­min­dert und die Grund­er­werb­steu­er­fest­set­zung gem. § 3 Nr. 1 GrEStG auf­ge­ho­ben wer­den, da der auf die er­wor­be­nen Teil­ei­gen­tums­rechte ent­fal­lende Kauf­preis abzüglich der In­stand­hal­tungsrück­lage je Teil­ei­gen­tum 2.500 € nicht über­steige.

Das FG wies die Klage ab. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che die Re­vi­sion zu­ge­las­sen. Das Ver­fah­ren ist beim BFH un­ter dem Az.: II R 49/17 anhängig.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat die Ge­gen­leis­tung für den Grundstück­ser­werb und da­mit die Be­mes­sungs­grund­lage für die Grund­er­werb­steuer zu Recht nicht um das Gut­ha­ben aus der strei­ti­gen In­stand­hal­tungsrück­lage ver­min­dert.

Mit Ur­teil vom 9.10.1991 (Az.: II R 20/89) hatte der BFH ent­schie­den, dass beim Er­werb ei­ner Ei­gen­tums­woh­nung der gleich­zei­tige Er­werb ei­nes in der In­stand­hal­tungsrück­lage an­ge­sam­mel­ten Gut­ha­bens nicht zur grund­er­werb­steu­er­li­chen Ge­gen­leis­tung gehört. Er stellte vor al­lem dar­auf ab, dass der Er­werb von Geld­for­de­run­gen oder an­de­ren ver­gleich­ba­ren Vermögens­po­si­tio­nen selbst dann grund­er­werb­steu­er­recht­lich un­er­heb­lich ist, wenn sol­che Rechte gem. § 96 BGB als Be­stand­teile des Grundstücks bürger­lich-recht­lich des­sen Schick­sal tei­len und dass das Gut­ha­ben aus der In­stand­hal­tungsrück­stel­lung nach dem WEG eine mit ei­ner Geld­for­de­rung ver­gleich­bare Vermögens­po­si­tion dar­stelle.

Diese Ent­schei­dung er­ging vor Er­lass des Ge­set­zes zur Ände­rung des Woh­nungs­ei­gen­tums­ge­set­zes und an­de­rer Ge­setze vom 26.3.2007 (BGBl I 2007, 370), mit wel­chem ins­be­son­dere die Abs. 6 u. 7 bei § 10 WEG ein­geführt wor­den wa­ren. Im Ge­gen­satz hierzu ver­tritt der BFH in dem nach Ände­rung des WEG er­gan­ge­nen Ur­teil vom 2.3.2016 (Az.: II R 27/14; ebenso die Par­al­le­lent­schei­dun­gen Az.: II R 6/15, NV und II R 29/15, NV) die An­sicht, dass beim Er­werb ei­ner Ei­gen­tums­woh­nung im Wege der Zwangs­ver­stei­ge­rung das Meist­ge­bot als Be­mes­sungs­grund­lage der Grund­er­werb­steuer nicht um die an­tei­lige In­stand­hal­tungsrück­stel­lung zu min­dern ist und hat da­bei of­fen ge­las­sen, ob an der BFH-Recht­spre­chung im Ur­teil vom 9.10.1991 auch an­ge­sichts der Ände­rung des WEG fest­zu­hal­ten ist.

Nach An­sicht des er­ken­nen­den Se­nats ist der Be­ur­tei­lung des BFH in sei­nem Ur­teil vom 2.3.2015, auch für den vor­lie­gen­den Fall zu fol­gen. Die Grundsätze des BFH-Ur­teils vom 9.10.1991 sind nach Ände­rung des WEG nicht mehr an­zu­wen­den. Denn den Ausführun­gen des BFH in sei­nem Ur­teil vom 2.3.2015 fol­gend ist die an­tei­lige In­stand­hal­tungsrück­stel­lung Teil des Ver­wal­tungs­vermögens der Woh­nungs­ei­gentümer­ge­mein­schaft. Diese ist ein vom je­wei­li­gen Mit­glie­der­be­stand un­abhängi­ger teil­rechtsfähi­ger und par­teifähi­ger Ver­band sui ge­ne­ris. Sie kann im Rah­men der ge­sam­ten Ver­wal­tung des ge­mein­schaft­li­chen Ei­gen­tums ge­genüber Drit­ten und Woh­nungs­ei­gentümern selbst Rechte er­wer­ben und Pflich­ten ein­ge­hen.

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