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Taxen und Mietwagen können unter bestimmten Voraussetzungen unterschiedlich besteuert werden

EuGH 27.2.2014, C-454/12

Ta­xen und Miet­wa­gen mit Fah­rer­ge­stel­lung können un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen un­ter­schied­li­chen Mehr­wert­steu­ersätzen un­ter­lie­gen. Eine un­ter­schied­li­che Be­steue­rung ist je­doch aus­ge­schlos­sen, wenn die Fahr­ten un­ter iden­ti­schen Vor­aus­set­zun­gen durch­geführt wer­den, wie es bei Kran­ken­trans­por­ten für eine Kran­ken­kasse der Fall sein kann.

Der Sach­ver­halt:
Das Uni­ons­recht ge­stat­tet den Mit­glied­staa­ten grundsätz­lich, auf die Beförde­rung von Per­so­nen und des mit­geführ­ten Gepäcks einen ermäßig­ten Mehr­wert­steu­er­satz an­zu­wen­den. In Deutsch­land hat der Ge­setz­ge­ber von die­ser Möglich­keit Ge­brauch ge­macht und einen ermäßig­ten Steu­er­satz von 7 % für die Beförde­rung von Per­so­nen mit Ta­xen vor­ge­se­hen, so­fern die Beförde­rung in­ner­halb ei­ner Ge­meinde er­folgt oder die Beförde­rungs­stre­cke nicht mehr als 50 Ki­lo­me­ter beträgt.

Zwei deut­sche Un­ter­neh­men, die Miet­wa­gen mit Fah­rer­ge­stel­lung an­bie­ten, hat­ten den BFH an­ge­ru­fen, weil sie der An­sicht wa­ren, dass ihre Beförde­rungs­leis­tun­gen im Nah­ver­kehr, ge­nau wie bei Ta­xen, nicht dem nor­ma­len Mehr­wert­steu­er­satz (16 % für die Jahre 2003 bis 2006 und 19 % für das Jahr 2007) un­ter­wor­fen wer­den dürf­ten. Diese Leis­tun­gen be­tra­fen u.a. den Kran­ken­trans­port im Rah­men ei­nes Ver­trags zwi­schen ei­ner Kran­ken­kasse und dem Taxi- und Miet­wa­gen­un­ter­neh­mer­ver­band, der auf beide un­ter­schieds­los an­wend­bar war. Ins­be­son­dere galt das in die­sem Ver­trag fest­ge­legte Beförde­rungs­ent­gelt in glei­cher Weise für beide Ar­ten von Un­ter­neh­men.

Der BFH wies dar­auf hin, dass in Deutsch­land so­wohl die Beförde­rung per Taxi als auch die Beförde­rung per Miet­wa­gen ge­neh­mi­gungs­pflich­tig ist. Diese bei­den Beförde­rungs­ar­ten un­ter­lie­gen je­doch un­ter­schied­li­chen recht­li­chen An­for­de­run­gen. So dürfen Miet­wa­gen­un­ter­neh­men mit Fah­rer­ge­stel­lung nur Beförde­rungs­aufträge an­neh­men, die am Be­triebs­sitz oder in der Woh­nung des Un­ter­neh­mers ein­ge­gan­gen sind; da­ge­gen ist Ta­xi­un­ter­neh­men die An­nahme von Aufträgen stets ge­stat­tet, was das Vor­han­den­sein von Fahr­zeu­gen an ge­nau be­stimm­ten Stel­len oder die Ab­ruf­bar­keit vor­aus­setzt.

Fer­ner be­ste­hen Un­ter­schiede in Be­zug auf die An­nahme, die Über­mitt­lung und die Durchführung der Beförde­rungs­aufträge so­wie in Be­zug auf die Wer­bung und das Be­reit­hal­ten des Fahr­zeugs. Außer­dem dürfen den Ta­xen vor­be­hal­tene Zei­chen und Merk­male nicht für Miet­wa­gen mit Fah­rer­ge­stel­lung ver­wen­det wer­den.

Da der BFH gleich­wohl Zwei­fel an der Ver­ein­bar­keit ei­ner un­ter­schied­li­chen steu­er­li­chen Be­hand­lung mit dem Uni­ons­recht und ins­be­son­dere dem Grund­satz der steu­er­li­chen Neu­tra­lität hatte, hat er den EuGH um die Aus­le­gung des Uni­ons­rechts er­sucht.

Die Gründe:
Das Uni­ons­recht - ins­be­son­dere der Grund­satz der steu­er­li­chen Neu­tra­lität - steht der An­wen­dung un­ter­schied­li­cher Mehr­wert­steu­ersätze auf die Beförde­rung von Per­so­nen im Nah­ver­kehr zum einen per Taxi und zum an­de­ren per Miet­wa­gen mit Fah­rer­ge­stel­lung nicht ent­ge­gen, so­fern zwei Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind:

Auf­grund der un­ter­schied­li­chen recht­li­chen An­for­de­run­gen, de­nen diese bei­den Beförde­rungs­ar­ten un­ter­lie­gen, muss die Beförde­rung per Taxi einen kon­kre­ten und spe­zi­fi­schen As­pekt der frag­li­chen Dienst­leis­tungs­ka­te­go­rie (Beförde­rung von Per­so­nen und des mit­geführ­ten Gepäcks) dar­stel­len.

Diese Un­ter­schiede müssen einen maßgeb­li­chen Ein­fluss auf die Ent­schei­dung des durch­schnitt­li­chen Nut­zers für eine die­ser Beförde­rungs­ar­ten ha­ben. Es ist Sa­che des BFH, zu prüfen, ob diese Vor­aus­set­zun­gen in den bei ihm anhängi­gen Rechts­strei­tig­kei­ten erfüllt sind.

Da­ge­gen steht das Uni­ons­recht der An­wen­dung un­ter­schied­li­cher Mehr­wert­steu­ersätze auf die Beförde­rung von Per­so­nen im Nah­ver­kehr zum einen per Taxi und zum an­de­ren per Miet­wa­gen mit Fah­rer­ge­stel­lung ent­ge­gen, wenn auf­grund ei­ner Son­der­ver­ein­ba­rung, die auf die Ta­xi­un­ter­neh­men und die Miet­wa­gen­un­ter­neh­men mit Fah­rer­ge­stel­lung un­ter­schieds­los an­ge­wandt wird, die Beförde­rung von Per­so­nen per Taxi kei­nen kon­kre­ten und spe­zi­fi­schen As­pekt der Beförde­rung von Per­so­nen und des mit­geführ­ten Gepäcks dar­stellt und die im Rah­men die­ser Ver­ein­ba­rung durch­geführte Tätig­keit aus der Sicht des durch­schnitt­li­chen Nut­zers als der Tätig­keit der Beförde­rung von Per­so­nen im Nah­ver­kehr per Miet­wa­gen mit Fah­rer­ge­stel­lung gleich­ar­tig an­zu­se­hen ist. Es ist Sa­che des BFH, dies zu prüfen.

Die An­wen­dung ei­nes un­ter­schied­li­chen Mehr­wert­steu­er­sat­zes ist grundsätz­lich aus­ge­schlos­sen, wenn das Beförde­rungs­ent­gelt in ei­ner sol­chen Ver­ein­ba­rung fest­ge­legt ist und in glei­cher Weise für die Ta­xi­un­ter­neh­men und die Miet­wa­gen­un­ter­neh­men mit Fah­rer­ge­stel­lung gilt, wenn die Ver­ein­ba­rung für beide Beförde­rungs­ar­ten le­dig­lich die Pflicht zur tatsäch­li­chen Durchführung des Trans­ports vor­sieht und wenn die Ta­xi­un­ter­neh­men so­mit im Rah­men der Ver­ein­ba­rung nicht den außer­halb die­ser Ver­ein­ba­rung für sie gel­ten­den be­son­de­ren recht­li­chen An­for­de­run­gen un­ter­lie­gen.

Link­hin­weis:

Für den auf den Web­sei­ten des EuGH veröff­ent­lich­ten Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier(pdf-Da­tei).

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