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Rechtsberatung

Einführung einer Strompreisbremse und Gegenfinanzierungsmaßnahmen

Als Re­ak­tion auf die enorme wirt­schaft­li­che Be­las­tung von Ver­brau­chern und Un­ter­neh­men durch die mas­siv ge­stie­ge­nen Strom­preise plant die Bun­des­re­gie­rung die Einführung ei­ner Strom­preis­bremse. Die Re­ge­lun­gen sind hoch­kom­pli­ziert und wer­den von un­ter­schied­li­chen Sei­ten kri­ti­siert.

Dazu liegt nun ein Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Einführung ei­ner Strom­preis­bremse und zur Ände­rung wei­te­rer en­er­gie­recht­li­cher Be­stim­mun­gen vom 25.11.2022 vor (BT-Drs. 20/4685). Da­bei sind in dem Ge­set­zes­vor­ha­ben zu­gleich Ge­gen­fi­nan­zie­rungsmaßnah­men vor­ge­se­hen, durch die die Ent­las­tungsmaßnah­men im We­sent­li­chen fi­nan­ziert wer­den sol­len. Wei­ter­hin soll § 18 Strom­NEV auf­ge­ho­ben wer­den, so dass die sog. „ver­mie­de­nen Net­zent­gelte“ ab dem 01.01.2023 nicht mehr ge­zahlt wer­den. Da­mit fällt ein nicht un­er­heb­li­cher Teil der Vergütung de­zen­tra­ler Strom­er­zeu­gungs­an­la­gen weg.

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Entlastung von Letztverbrauchern

Für Net­zent­nah­men von Strom im Bun­des­ge­biet nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.01.2024 ha­ben Elek­tri­zitätsver­sor­gungs­un­ter­neh­men Letzt­ver­brau­chern eine Ab­sen­kung der Strom­kos­ten in Höhe ei­nes mo­nat­li­chen Ent­las­tungs­be­trags zu gewähren (§ 4 Abs. 1 StromPBG-E).

Zur Be­rech­nung des Ent­las­tungs­be­trags ist zunächst die Dif­fe­renz zwi­schen dem an­fal­len­den Ar­beits­preis und einem Re­fe­ren­zen­er­gie­preis zu er­mit­teln. Der Ent­las­tungs­be­trag ist dann auf ein Ent­las­tungs­kon­tin­gent be­grenzt (§ 4 Abs. 2 StromPBG-E).

Bei Letzt­ver­brau­chern, die - pro­gnos­ti­ziert oder aus dem Ver­brauch in 2021 ab­ge­lei­tet - bis zu 30.000 kWh pro Jahr ent­neh­men, beträgt der Re­fe­ren­zen­er­gie­preis 40 Cent / kWh (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StromPBG-E). Darin sind Net­zent­gelte, Mess­stel­len­ent­gelte und staat­lich ver­an­lasste Preis­be­stand­teile ent­hal­ten. Die Ent­las­tung wird da­bei für 80 % des Ver­brauchs in 2021 oder ei­nes für 2023 pro­gnos­ti­zier­ten Ver­brauchs gewährt (§ 6 Nr. 1 StromPBG-E).

Han­delt es sich um einen Letzt­ver­brau­cher mit ei­ner Ab­nah­me­menge von über 30.000 kWh pro Jahr, beträgt der Re­fe­ren­zen­er­gie­preis 13 Cent / kWh vor Net­zent­gel­ten, Mess­stel­len­ent­gel­ten und staat­lich ver­an­lass­ten Preis­be­stand­tei­len (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StromPBG-E). In die­sem Fall wird die Ent­las­tung für 70 % des Ver­brauchs in 2021 oder des pro­gnos­ti­zier­ten Ver­brauchs in 2023 gewährt (§ 6 Nr. 1 StromPBG-E). Ist der Letzt­ver­brau­cher ein Un­ter­neh­men, sind die EU-bei­hil­fe­recht­li­chen Höchst­gren­zen zu berück­sich­ti­gen (§ 9 StromPBG-E).

Hin­weis: Mit dem En­er­gie­preis­bremse-Rech­ner können größere Un­ter­neh­men ihre Ent­las­tung er­mit­teln.

Abschöpfung von Überschusserlösen

Für Strom­men­gen, die nach dem 30.11.2022 und vor dem 01.07.2023 im Bun­des­ge­biet er­zeugt wer­den, sind Re­ge­lun­gen zur Ab­schöpfung von Über­schus­serlösen vor­ge­se­hen. Die Re­ge­lung kann bis Ende April 2024 verlängert wer­den. Da­bei wer­den die be­trof­fe­nen Strom­er­zeu­gungs­an­la­gen durch eine Ne­ga­tiv­liste be­stimmt (§ 13 Abs. 3 StromPBG-E). So fal­len Strom­er­zeu­gungs­an­la­gen nicht hier­un­ter, die

  • aus­schließlich oder ganz über­wie­gend Strom auf Ba­sis von leich­tem Heizöl, Flüssig­gas, Erd­gas, Bio­me­than, Stein­kohle, Gicht­gas, Hoch­ofen­gas, Ko­ke­rei­gas oder Son­der­ga­sen er­zeu­gen,
  • Strom aus Er­neu­er­bare-En­er­gien-An­la­gen, KWK-An­la­gen oder sons­ti­gen Strom­er­zeu­gungs­an­la­gen mit ei­ner in­stal­lier­ten bzw. elek­tri­schen Leis­tung von bis zu 1 Me­ga­watt er­zeu­gen.

Be­trei­ber von er­fass­ten Strom­er­zeu­gungs­an­la­gen ha­ben dem­nach im Zeit­raum vom 01.12.2022 bis 30.06.2023 (mit et­wai­ger Verlänge­rungs­op­tion) 90 % der er­wirt­schaf­te­ten Über­schus­serlöse (Ab­schöpfungs­be­trag) an den Netz­be­trei­ber zu zah­len, wo­bei die Zah­lung nicht der Um­satz­steuer un­ter­liegt (§ 14 StromPBG-E). Von Über­schus­serlösen wird aus­ge­gan­gen, wenn

  • die Spot­mark­terlöse oder
  • bei Wind­en­er­gie- oder So­lar­an­la­gen die Erlöse auf Ba­sis des en­er­gieträger­spe­zi­fi­schen Mo­nats­markt­wer­tes oder
  • bei an­la­gen­be­zo­ge­ner Ver­mark­tung die da­durch er­zielte Erlöse

den je nach Art der Strom­er­zeu­gungs­an­lage „an­zu­le­gen­den Wert“ der er­zeug­ten Strom­menge zuzüglich ei­nes Si­cher­heits­zu­schlags, der wie­derum je nach Art der Strom­er­zeu­gungs­an­lage un­ter­schied­lich hoch aus­fal­len kann, über­stei­gen (§ 16 StromPBG-E). Die Höhe des je­weils an­zu­le­gen­den Wer­tes ist im EEG ge­re­gelt. Für Strom aus An­la­gen, der im Wege der „sons­ti­gen Di­rekt­ver­mark­tung“ ver­mark­tet wird, wird statt des an­zu­le­gen­den Wer­tes ein Erlös von 10 Ct / kWh ge­stat­tet.

Son­der­re­ge­lun­gen gel­ten für An­la­gen, de­ren Strom­er­zeu­gung durch sog. Power Purchase Agree­ments (PPA) ver­mark­tet wird („An­la­gen­be­zo­gene Ver­mark­tung“). Hier wer­den zu Er­mitt­lung der Über­schus­serlöse nicht die Spot­markt­preise, son­dern die tatsäch­li­chen Erlöse aus der Strom­ver­kauf zu­grunde ge­legt.

Finanzierung der Entlastung von Letztverbrauchern und Ausgleichsmechanismus

Der Fi­nan­zie­rungs­me­cha­nis­mus der Ent­las­tung der Letzt­ver­brau­cher ist wie folgt vor­ge­se­hen: Die Elek­tri­zitätsver­sor­gungs­un­ter­neh­men ha­ben in Höhe der ge­leis­te­ten Ent­las­tungs­beträge einen Er­stat­tungs­an­spruch ge­genüber den Über­tra­gungs­netz­be­trei­bern (§ 20 StromPBG-E). Diese wie­derum ha­ben einen Aus­gleichs­an­spruch ge­genüber den (Ver­tei­ler)Netz­be­trei­bern auf Aus­zah­lung der von den Be­trei­bern von Strom­er­zeu­gungs­an­la­gen ver­ein­nahm­ten Über­schus­serlöse (§ 22 StromPBG-E). Sind die tatsäch­li­chen Aus­ga­ben des Über­tra­gungs­netz­be­trei­bers nach die­sem Ge­setz nicht vollständig durch die tatsäch­li­chen Ein­nah­men aus­ge­gli­chen, be­steht ein An­spruch ge­genüber dem Bund auf den Dif­fe­renz­be­trag. Über­stei­gen die Ein­nah­men die Aus­ga­ben, ist der po­si­tive Saldo zur Sen­kung der Über­tra­gungs­netz­kos­ten im nächs­ten Ka­len­der­jahr zu ver­wen­den (§ 24 StromPBG-E).

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