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Umfang der Haftung eines Gesellschafter einer GbR für Schäden - Sorgfalt wie in eigenen Angelegenheiten (§ 708 BGB)

BGH 24.9.2013, II ZR 391/12

An den vom Ge­sell­schaf­ter zu führen­den Be­weis, in ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten eine ge­rin­gere als die im Ver­kehr er­for­der­li­che Sorg­falt an­zu­wen­den (§ 708 BGB), sind strenge An­for­de­run­gen zu stel­len. Der Um­stand, dass der Ge­sell­schaf­ter sich durch die scha­dens­begründende Hand­lung zu­gleich selbst ge­schädigt hat, reicht zum Nach­weis der nicht auf den kon­kre­ten Schädi­gungs­fall, son­dern auf das ge­ne­relle Ver­hal­ten des Schädi­gers in dem ent­spre­chen­den Pflich­ten­kreis ab­stel­len­den Ent­las­tungs­vor­aus­set­zun­gen des § 708 BGB nicht aus.

Der Sach­ver­halt:
Der Be­klagte und der Ver­si­che­rungs­neh­mer der Kläge­rin, Dipl.-Ing. S, schlos­sen sich zu ei­ner - in­zwi­schen auf­gelösten - Ar­beits­ge­mein­schaft zu­sam­men, um ge­mein­sam im Auf­trag des als Ge­ne­ral­pla­ner täti­gen Ar­chi­tek­ten B Sta­ti­ker­leis­tun­gen für den Neu­bau ei­nes Park­hau­ses zu er­brin­gen. Ein schrift­li­cher Ver­trag wurde zwi­schen dem Be­klag­ten und S nicht ge­schlos­sen. Sie ver­ein­bar­ten je­doch münd­lich, die Trag­werks­pla­nung ar­beits­tei­lig zu er­stel­len und sich die Ge­samt­vergütung hälf­tig zu tei­len. Der Be­klagte war u.a. für die sta­ti­sche Be­rech­nung so­wie die Ausführungspläne der Fun­da­mente so­wie der Holz- und Stahl­kon­struk­tion zuständig, S für die sta­ti­sche Be­rech­nung und Ausführungspläne der De­cken, Un­terzüge, Stützen und Wände.

We­gen auf­ge­tre­te­ner Mängel durch Riss­bil­dun­gen be­an­tragte die Auf­trag­ge­be­rin des Ge­ne­ral­pla­ners die Durchführung ei­nes selbständi­gen Be­weis­ver­fah­rens ge­gen den Ge­ne­ral­pla­ner und das bau­ausführende Un­ter­neh­men. In die­sem Ver­fah­ren wurde dem Be­klag­ten und S der Streit verkündet. Der Gut­ach­ter kam zu dem Er­geb­nis, dass die Risse auf Feh­ler der sta­ti­schen Be­rech­nung der Ge­schoss­de­cken zurück­zuführen seien. We­gen der auf der man­gel­haf­ten Trag­werks­pla­nung der De­cken be­ru­hen­den Riss­bil­dun­gen und wei­te­ren Fol­ge­schäden zahlte die Kläge­rin als Be­rufs­haft­pflicht­ver­si­che­rer des S Scha­dens­er­satz i.H.v. rd. 328.000 € an den Ge­ne­ral­pla­ner bzw. des­sen Auf­trag­ge­be­rin. Sie ver­langt vom Be­klag­ten hälf­ti­gen Aus­gleich und die Fest­stel­lung hälf­ti­ger Mit­haf­tung für künf­tige Auf­wen­dun­gen.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG erklärte den Zah­lungs­an­spruch dem Grunde nach für ge­recht­fer­tigt, gab dem Fest­stel­lungs­an­trag statt und ver­wies den Rechts­streit zur Ent­schei­dung über die Höhe des Zah­lungs­an­spruchs an das LG zurück. Auf die hier­ge­gen ge­rich­tete Re­vi­sion des Be­klag­ten hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des LG zurück.

Die Gründe:
Eine von dem hälf­ti­gen Ge­samt­schuld­ner­aus­gleich nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB iVm § 86 Abs. 1 S. 1 VVG un­ter Her­an­zie­hung des Rechts­ge­dan­kens des § 254 BGB ab­wei­chende Ver­tei­lung des In­nen­aus­gleichs kann ent­ge­gen der Auf­fas­sung des OLG im vor­lie­gen­den Fall nicht be­reits des­halb ver­neint wer­den, weil S. gem. §§ 708, 277 BGB die Sorg­falt be­ach­tet hat, die er in ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten an­zu­wen­den pflegt.

Der Be­klagte und S ha­ben eine GbR gegründet. Zwi­schen meh­re­ren ent­spre­chend § 128 HGB im Außenverhält­nis persönlich haf­ten­den Ge­sell­schaf­tern ei­ner sol­chen Außen-GbR be­steht ein ech­tes Ge­samt­schuld­verhält­nis, auf das § 426 Abs. 1 BGB An­wen­dung fin­det. Der Ge­samt­schuld­ner­aus­gleich zwi­schen den Ge­sell­schaf­tern be­misst sich re­gelmäßig nicht nach Kopf­tei­len, son­dern nach dem­je­ni­gen Maßstab, den die Ge­sell­schaf­ter un­ter­ein­an­der für ihre Ge­winn- und Ver­lust­be­tei­li­gung fest­ge­legt ha­ben. Die­ser Maßstab ist grundsätz­lich auch für den Aus­gleich im In­nen­verhält­nis maßge­bend. An­de­res kann je­doch dann gel­ten, wenn die der ge­samt­schuld­ne­ri­schen Haf­tung zu­grun­de­lie­gende Ver­pflich­tung der Ge­sell­schaft auf dem schuld­haf­ten Ver­hal­ten ei­nes der Ge­sell­schaf­ter be­ruht.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des OLG ist vor­lie­gend nicht be­reits des­halb von einem ent­spre­chend der zwi­schen den Ge­sell­schaf­tern ver­ein­bar­ten hälf­ti­gen Ge­winn- und Ver­lust­be­tei­li­gung hälf­ti­gen Haf­tungs­aus­gleich aus­zu­ge­hen, weil sich die Kläge­rin mit Er­folg auf eine Haf­tungs­be­schränkung ih­res Ver­si­che­rungs­neh­mers S aus §§ 708, 277 BGB be­ru­fen kann. Nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­verständi­gen be­ruh­ten die Riss­bil­dung in den De­cken und die da­mit ver­bun­de­nen Fol­ge­schäden auf ei­ner feh­ler­haf­ten Trag­werks­pla­nung der De­cken; die­ser Teil der Trag­werks­pla­nung ob­lag al­lein dem Zeu­gen S. S hat dem­nach den Ein­tritt des gel­tend ge­mach­ten Scha­dens un­ter Ver­let­zung der im Ver­kehr er­for­der­li­chen Sorg­falt ver­ur­sacht (§ 276 Abs. 2 BGB).

§ 708 BGB - des­sen An­wend­bar­keit in Fällen wie dem vor­lie­gen­den um­strit­ten ist - schränkt die Haf­tung der Ge­sell­schaf­ter für ver­trags­wid­ri­ges Ver­hal­ten ein, in­dem er an die Stelle der nach § 276 Abs. 2 BGB maßge­ben­den ver­kehrs­er­for­der­li­chen Sorg­falt den Maßstab der Sorg­falt in ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten setzt. Wenn sich die Kläge­rin bei die­ser Sach­lage zu­guns­ten ih­res Ver­si­che­rungs­neh­mers auf § 708 BGB be­ruft, so trifft sie die Dar­le­gungs- und Be­weis­last dafür, dass S für den Be­klag­ten er­kenn­bar in ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten eine ge­rin­gere als die im Ver­kehr er­for­der­li­che Sorg­falt an­zu­wen­den pflegt. An die­sen Be­weis sind strenge An­for­de­run­gen zu stel­len.

Die Tat­sa­che, dass der Ge­sell­schaf­ter sich im kon­kre­ten Scha­dens­fall selbst ge­schädigt hat, er­bringt kei­nen Be­weis dafür, dass er in ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten eine ge­rin­gere als die im Ver­kehr er­for­der­li­che Sorg­falt an­zu­wen­den pflegt. Dass die Kläge­rin Vor­trag da­hin ge­hal­ten hätte, S er­stelle ihm ob­lie­gende Trag­werks­pla­nun­gen im­mer leicht fahrlässig und dies sei für den Be­klag­ten er­kenn­bar ge­we­sen, hat das OLG nicht fest­ge­stellt. Es ist in­so­weit da­von aus­zu­ge­hen, dass der in An­spruch ge­nom­mene Ge­sell­schaf­ter in ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten die ver­kehrsübli­che Sorg­falt an­wen­det.

Link­hin­weis:

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