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Steuerbefreiung von Privatkliniken ohne sozialrechtliche Zulassung als Krankenhaus

Schleswig-Holsteinisches FG 17.7.2013, 4 K 104/12

Eine Pri­vat­kli­nik, die nicht als Kran­ken­haus i.S.v. § 108 SGB V zu­ge­las­sen ist, kann sich für die Steu­er­be­frei­ung der Umsätze aus der Kran­ken­haus­be­hand­lung und da­mit eng ver­bun­de­ner Umsätze un­mit­tel­bar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwSt­Sys­tRL be­ru­fen. Die Be­schränkung der Steu­er­be­frei­ung für Kran­ken­haus­be­hand­lun­gen und eng ver­bun­dene Umsätze in § 4 Nr. 14 Buchst. b S. 2 Dop­pel­buchst. aa UStG auf zu­ge­las­sene Kran­kenhäuser ist nicht mit Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwSt­Sys­tRL ver­ein­bar, da sie ge­gen den Grund­satz der steu­er­li­chen Neu­tra­lität verstößt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin be­trieb eine Pri­vat­kli­nik, in der nie­der­ge­las­sene Ärzte ope­ra­tive Ein­griffe an ge­setz­lich und pri­vat ver­si­cher­ten Pa­ti­en­ten durchführ­ten. Hierzu stellte die Kläge­rin den Ärz­ten die Räum­lich­kei­ten, die Ap­pa­rate und das nicht ärzt­li­che Per­so­nal zur Verfügung.

Die Be­hand­lung ge­setz­lich ver­si­cher­ter Pa­ti­en­ten er­folgte auf der Grund­lage des zwi­schen der Kas­senärzt­li­che Ver­ei­ni­gung und den Lan­des­verbänden der Kran­ken­kas­sen ab­ge­schlos­se­nen Ver­trags zur Förde­rung der Qua­lität der ver­tragsärzt­li­chen Ver­sor­gung im Be­reich des am­bu­lan­ten Ope­rie­rens nach § 73a SGB V, der für am­bu­lante Ope­ra­tio­nen eine Vergütung nach dem Punkt­wert­sys­tem der ge­setz­li­chen Kran­ken­kas­sen vor­sah. Für die Be­hand­lung von Pri­vat­pa­ti­en­ten rech­nete die Kläge­rin mit den Pa­ti­en­ten bzw. de­ren pri­va­ten Ver­si­che­run­gen Pau­scha­len ab, de­ren Höhe der Vergütung im Be­reich der ge­setz­li­chen Kran­ken­kas­sen ent­sprach.

Die Steu­er­be­frei­ung des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG war im Streit­jahr 2009 nicht an­wend­bar, da die Pri­vat­kli­nik der Kläge­rin nicht als Plank­ran­ken­haus i.S.d. § 108 Nr. 2 SGB V in den Kran­ken­haus­plan des Lan­des auf­ge­nom­men war und die Kläge­rin we­der über eine Zu­las­sung als me­di­zi­ni­sches Ver­sor­gungs­zen­trum nach § 95 SGB V noch als Pra­xis­kli­nik nach § 115 SGB V verfügte. Da­her be­han­delte das Fi­nanz­amt die strei­ti­gen Umsätze in vol­lem Um­fang als steu­er­pflich­tig.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Das Ur­teil ist nicht rechtskräftig. Das beim BFH anhängige Re­vi­si­ons­ver­fah­ren wird dort un­ter dem Az. XI R 38/13 geführt.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat die strei­ti­gen Umsätze der Kläge­rin aus dem Be­trieb der Pri­vat­kli­nik zu Un­recht in vol­lem Um­fang als steu­er­pflich­tig be­han­delt.

Die Be­schränkung der Steu­er­be­frei­ung für Kran­ken­haus­be­hand­lun­gen und eng ver­bun­dene Umsätze in § 4 Nr. 14 Buchst. b S. 2 Dop­pel­buchst. aa UStG auf zu­ge­las­sene (Plan-)Kran­kenhäuser stellt einen Ver­stoß ge­gen den uni­ons­recht­li­chen Grund­satz der steu­er­li­chen Neu­tra­lität dar, da die Zu­las­sung nicht vom Leis­tungs­an­ge­bot der je­wei­li­gen Pri­vat­kli­nik abhängig ist, son­dern be­darfs­abhängig er­folgt. Die Kläge­rin konnte sich da­her un­mit­tel­bar auf die Steu­er­be­frei­ung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwSt­Sys­tRL be­ru­fen, de­ren Vor­aus­set­zun­gen sie im Streit­fall erfüllte.

Denn die Kläge­rin war als pri­vat­recht­li­che Ein­rich­tung glei­cher Art i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwSt­Sys­tRL an­zu­er­ken­nen, da das Leis­tungs­an­ge­bot der Pri­vat­kli­nik den von öff­ent­li­chen Kran­kenhäusern so­wie den von nach § 108 SGB V zu­ge­las­se­nen Pri­vat­kli­ni­ken er­brach­ten Leis­tun­gen ent­sprach und der Be­trieb der Kli­nik auf­grund des the­ra­peu­ti­schen Zwecks der ope­ra­ti­ven Ein­griffe dem Ge­mein­woh­lin­ter­esse diente.

Die Kos­ten der Be­hand­lung von ge­setz­lich ver­si­cher­ten Pa­ti­en­ten, de­ren An­teil am Ge­samt­um­satz im Streit­jahr ca. 43 Pro­zent be­trug, wur­den von den ge­setz­li­chen Kran­ken­kas­sen und den Be­rufs­ge­nos­sen­schaf­ten über­nom­men. Die Vergütung der in der Pri­vat­kli­nik er­brach­ten Be­hand­lun­gen war zu­dem nicht un­an­ge­mes­sen, da sich die Höhe der Vergütung sämt­li­cher Leis­tun­gen nach dem ge­setz­li­chen Vergütungs­sys­tem für Ärzte und Kran­kenhäuser rich­tete.

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