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Schriftformheilungsklausel verpflichtet Grundstückserwerber nicht zu einer Heilungsinitiative

BGH 22.1.2014, XII ZR 68/10

Liegt eine sog. miet­ver­trag­li­che Schrift­form­hei­lungs­klau­sel vor, so hin­dert diese für sich ge­nom­men den Grundstück­ser­wer­ber nicht, einen Miet­ver­trag, in den er nach § 566 Abs. 1 BGB ein­ge­tre­ten ist, un­ter Be­ru­fung auf einen Schrift­form­man­gel zu kündi­gen. Er ist nicht dazu ver­pflich­tet, zu­vor von dem Mie­ter eine Hei­lung des Man­gels zu ver­lan­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­klagte hatte im Sep­tem­ber 2005 mit dem In­sol­venz­ver­wal­ter über das Vermögen der Rechts­vorgänge­rin der Kläge­rin einen schrift­li­chen Miet­ver­trag über eine La­denfläche ge­schlos­sen, um dort eine Apo­theke zu be­trei­ben. Ver­ein­bart war eine feste Miet­zeit von zehn Jah­ren. Im Miet­ver­trag war u.a. fol­gende Schrift­form­hei­lungs­klau­sel ver­ein­bart:

"alle Hand­lun­gen vor­zu­neh­men und Erklärun­gen ab­zu­ge­ben, die er­for­der­lich sind, um dem ge­setz­li­chen Schrift­for­mer­for­der­nis Genüge zu tun, und den Miet­ver­trag nicht un­ter Be­ru­fung auf die Nicht­ein­hal­tung der ge­setz­li­chen Schrift­form vor­zei­tig zu kündi­gen".

In der Fol­ge­zeit führ­ten der In­sol­venz­ver­wal­ter und der Be­klagte Ver­hand­lun­gen über et­waige Ver­trags­ergänzun­gen und Zu­satz­ver­ein­ba­run­gen. So wurde u.a. ver­ein­bart, dass die Miet­zeit neu für die Zeit von März 2006 bis Ende Fe­bruar 2012 fest­ge­setzt werde, wo­bei der Be­klagte be­rech­tigt sei, das Miet­verhält­nis drei­mal um je­weils fünf Jahre zu verlängern.

Die Kläge­rin wurde am 31.1.2008 als neue Ei­gentüme­rin des Grundstücks im Grund­buch ein­ge­tra­gen. An­fang April 2008 erklärte sie ge­genüber dem Be­klag­ten un­ter Hin­weis auf die nicht ein­ge­hal­tene Schrift­form des Miet­ver­tra­ges die or­dent­li­che Kündi­gung des Miet­verhält­nis­ses zum 31.12.2008. Die münd­lich ver­ein­bar­ten Ände­run­gen seien nur von dem In­sol­venz­ver­wal­ter schrift­lich bestätigt wor­den. Das LG wies die Räum­ungs­klage ab; das OLG gab ihr statt. Die Re­vi­sion des Be­klag­ten blieb vor dem BGH er­folg­los.

Gründe:
Das Miet­verhält­nis war durch die or­dent­li­che Kündi­gung der Kläge­rin im April 2008 gem. §§ 542 Abs. 1, 550, 578 Abs. 1, 2, 580a Abs. 2 BGB zum 31.12.2008 be­en­det wor­den.

Die Vor­aus­set­zun­gen des § 550 Abs. 1 BGB la­gen im vor­lie­gen­den Fall vor. Der Miet­ver­trag war nicht (mehr) in schrift­li­cher Form ge­schlos­sen, nach­dem der In­sol­venz­ver­wal­ter und der Be­klagte in Ab­wei­chung von dem In­halt des schrift­li­chen Miet­ver­tra­ges aus Sep­tem­ber 2005 u.a. Ände­run­gen hin­sicht­lich der Dauer des Miet­verhält­nis­ses ver­ein­bart hat­ten, ohne hierüber eine von bei­den Ver­trags­par­teien un­ter­zeich­nete Ur­kunde zu er­rich­ten. Die münd­lich ver­ein­bar­ten Ände­run­gen wa­ren hier nur von dem In­sol­venz­ver­wal­ter schrift­lich bestätigt wor­den, ohne dass die­ses Bestäti­gungs­schrei­ben später von dem Be­klag­ten un­ter­zeich­net wurde.

De Kläge­rin ver­stieß auch nicht ge­gen Treu und Glau­ben gem. § 242 BGB, in­dem sie sich dar­auf be­ru­fen hatte, der Miet­ver­trag sei man­gels Wah­rung der Schrift­form or­dent­lich künd­bar ge­we­sen. Ins­be­son­dere war die vor­zei­tige or­dent­li­che Kündi­gung nicht des­halb treu­wid­rig, weil die Kläge­rin zur Nach­ho­lung der Schrift­form ver­pflich­tet ge­we­sen wäre. Denn eine sol­che Pflicht be­stand für die Kläge­rin nicht. Ob eine Schrift­form­hei­lungs­klau­sel wie hier durch In­di­vi­du­al­ver­trag rechts­wirk­sam ge­trof­fen wer­den kann, wird in der OLG-Recht­spre­chung und im Schrift­tum nicht ein­heit­lich be­ant­wor­tet. Ebenso be­steht Streit über die Frage, ob eine sol­che Klau­sel ihre Wirk­sam­keit un­ter­stellt nur eine der ur­sprüng­li­chen Ver­trags­par­teien hin­dern kann, den Miet­ver­trag un­ter Be­ru­fung auf einen Schrift­form­man­gel zu kündi­gen, oder ob ihr auch ge­genüber einem Er­wer­ber des Grundstücks Rechts­wir­kung zu­kommt.

Im vor­lie­gen­den Fall war - nach­dem die Kläge­rin durch den Er­werb des Grundstücks gem. § 566 Abs. 1 BGB in die sich aus dem Miet­verhält­nis er­ge­ben­den Rechte und Pflich­ten ein­trat - al­lein von Be­deu­tung, ob einem Er­wer­ber an­ge­las­tet wer­den kann, sich treu­wid­rig zu ver­hal­ten, wenn er trotz ei­ner im Miet­ver­trag ent­hal­te­nen Hei­lungs­klau­sel das Miet­verhält­nis we­gen ei­nes Schrift­form­man­gels kündigt. Das ist nach Auf­fas­sung des Se­nats nicht der Fall. Schließlich will § 550 BGB in ers­ter Li­nie si­cher­stel­len, dass ein späte­rer Grundstücker­wer­ber, der kraft Ge­set­zes auf Sei­ten des Ver­mie­ters in ein auf mehr als ein Jahr ab­ge­schlos­se­nes Miet­verhält­nis ein­tritt, des­sen Be­din­gun­gen aus dem schrift­li­chen Miet­ver­trag er­se­hen kann.

Link­hin­weis:

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