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Schleswig-Holsteinisches FG: Unentgeltliche Mahlzeitengewährung an angestellte Betreuer eines Kinderheims kein Arbeitslohn

Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 23.1.2012 - 5 K 64/11

In der un­ent­gelt­li­chen Gewährung von Mahl­zei­ten an Be­treuer in einem Kin­der­heim ist kein lohn­steu­er­pflich­ti­ger Ar­beits­lohn zu se­hen. Viel­mehr liegt le­dig­lich eine not­wen­dige Be­gleit­er­schei­nung be­triebs­funk­tio­na­ler Ziel­set­zun­gen vor, so­weit eine ar­beits­ver­trag­lich ver­pflich­tende Wei­sung zur Teil­nahme an den ge­mein­sam mit den Kin­dern ein­zu­neh­men­den Mahl­zei­ten be­steht und diese Maßnahme z.B. der Über­wa­chung der Kin­der während der Mahl­zei­ten und der Er­rei­chung der an­ge­streb­ten pädago­gi­schen Ziele dient.

Der Sach­ver­halt:
Zwi­schen den Be­tei­lig­ten ist strei­tig, ob eine un­ent­gelt­li­che Mahl­zei­ten­gewährung an im Be­trieb des Klägers an­ge­stellte Ar­beit­neh­mer einen lohn­steu­er­pflich­ti­gen geld­wer­ten Vor­teil dar­stellt. Der Kläger be­trieb im strei­ti­gen Zeit­raum von De­zem­ber 2005 bis Juni 2010 ein Kin­der­heim für Kin­der aus pro­ble­ma­ti­schen fa­miliären Si­tua­tio­nen. Die Be­treu­ung wird von an­ge­stell­ten Be­treu­ern über­nom­men, die auch im Rah­men der Be­treu­ung auch an den tägli­chen Mahl­zei­ten teil­neh­men.

Die bei dem Kläger an­ge­stell­ten Be­treuer bestätig­ten eine be­reits in den Streit­jah­ren er­teilte münd­li­che Wei­sung des Klägers zur ver­pflich­ten­den Teil­nahme an den Mahl­zei­ten. Durch die Teil­nahme werde si­cher­ge­stellt, dass die an­ge­streb­ten pädago­gi­schen Ziele der Ein­rich­tung kon­se­quent ver­folgt wer­den. Das Fi­nanz­amt war nach ei­ner Lohn­steu­eraußenprüfung beim Kläger der An­sicht, dass das den Be­treu­ern während der ge­mein­sa­men Mahl­zei­ten mit den be­treu­ten Kin­dern un­ent­gelt­lich gewährte Es­sen einen lohn­steu­er­pflich­ti­gen geld­wer­ten Vor­teil dar­stelle, und er­ließ ent­spre­chende Lohn­steu­er­nach­for­de­rungs­be­scheid ge­gen den Kläger.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Das Ur­teil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat die Gewährung von Mahl­zei­ten an die von dem Kläger be­schäftig­ten Be­treuer zu Un­recht als lohn­steu­er­pflich­ti­gen Ar­beits­lohn an­ge­se­hen.

Steu­er­pflich­ti­ger Ar­beits­lohn ist da­durch ge­kenn­zeich­net, dass dem Ar­beit­neh­mer Ein­nah­men (Bezüge oder geld­werte Vor­teile) zu­fließen, die "für seine Ar­beits­leis­tung" gewährt wer­den (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG). Die­sem Tat­be­stands­merk­mal ist nach ständi­ger Recht­spre­chung zu ent­neh­men, dass ein dem Ar­beit­neh­mer vom Ar­beit­ge­ber zu­ge­wen­de­ter Vor­teil Ent­loh­nungs­cha­rak­ter für die zur Verfügung stel­lende Ar­beits­kraft ha­ben muss, um als Ar­beits­lohn an­ge­se­hen zu wer­den.

Nach der Recht­spre­chung des BFH stel­len sol­che dem Ar­beit­neh­mer zu­ge­wen­de­ten Vor­teile kei­nen Ar­beits­lohn dar, die sich bei ob­jek­ti­ver Würdi­gung al­ler Umstände nicht als Ent­loh­nung, son­dern le­dig­lich als not­wen­dige Be­gleit­er­schei­nung be­triebs­funk­tio­na­ler Ziel­set­zung er­wei­sen. Nach Durchführung ei­nes Orts­ter­mins während der Mahl­zei­ten­ein­nahme im Kin­der­heim und un­ter Würdi­gung der Ge­samt­umstände war vor­lie­gend in dem in der un­ent­gelt­li­chen Zu­wen­dung der Mahl­zei­ten lie­gen­den Vor­teil na­hezu aus­schließlich eine sol­che not­wen­dige Be­gleit­er­schei­nung be­triebs­funk­tio­na­ler Ziel­set­zung zu se­hen.

Maßge­bend war da­bei, dass der Kläger mit der Maßnahme der ge­mein­sa­men Ein­nahme der Mahl­zei­ten zum einen das Ziel ver­folgte, hier­durch für die aus ih­ren Fa­mi­lien her­aus­ge­nom­me­nen Kin­der eine fa­mi­lienähn­li­che All­tags­struk­tu­rie­rung zu er­rei­chen, zum an­de­ren die über­wie­gend zwi­schen 9 und 16 Jahre al­ten Kin­der während der Es­sens­ein­nahme zu über­wa­chen und ih­nen durch Vor­bild­funk­tion Tisch­sit­ten na­he­zu­brin­gen. Darüber hin­aus stellte sich die Mahl­zei­ten­ge­stel­lung auch eher als eine auf­gedrängte Be­rei­che­rung dar, weil eine ar­beits­ver­trag­lich ver­pflich­tende Wei­sung des Ar­beit­ge­bers zur Teil­nahme be­stand. Dem­ge­genüber trat der (oh­ne­hin eher ge­ringe) fi­nan­zi­elle Vor­teil für den ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer in den Hin­ter­grund.

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