Der Sachverhalt:
Die Kläger besitzen Anteile an ausländischen thesaurierenden Investmentfonds, die bei einer belgischen Bank im Depot gehalten werden. Von 2003 an wurden die Erträge aus diesen Kapitalanlagen gesondert und einheitlich festgestellt und ihnen jeweils zur Hälfte zugerechnet. In den Einkommensjahren 2003 bis 2006 handelte es sich bei sämtlichen Investmentanteilen entweder um Anteile an sog. "schwarzen" Fonds, deren Besteuerung bis 2003 in § 18 Abs. 3 AuslInvestmG geregelt war, oder um Anteile an sog. "intransparenten" Fonds, deren Besteuerung in § 6 InvStG geregelt ist.
Das Finanzamt ermittelte die Erträge aus den intransparenten Fonds nach der Regel des § 6 InvStG pauschal. Nach seiner Berechnung beliefen sich die in den Jahren 2003 bis 2008 erzielten Erträge auf insgesamt 246.446 €. Hiergegen wandten sich die Kläger. In dem Verfahren vor dem FG Düsseldorf verständigten sich die Parteien darauf, dass die Erträge für 2003 mit 4 % der Rücknahmepreise zum 31.12.2003, d.h. auf 19 848 €, zu schätzen sind. Hinsichtlich der Einkommensjahre 2004 bis 2008 beantragen die Kläger, die Steuerbescheide abzuändern und als Kapitalerträge für diese Jahre die erklärten Beträge festzustellen, da § 6 InvStG nach ihrer Ansicht gegen die Bestimmungen des AEU-Vertrags über den freien Kapitalverkehr verstößt.
Das FG war der Ansicht, dass der in § 6 InvStG vorgesehene Mechanismus der pauschalen Besteuerung zwar unterschiedslos für inländische und ausländische intransparente Investmentfonds gelte, dass aber diese Bestimmung dennoch zu einer mittelbaren Diskriminierung intransparenter ausländischer Fonds führen könnte, da inländische Fonds in der Regel die Anforderungen des § 5 Abs. 1 InvStG erfüllten, während dies bei ausländischen Fonds in der Regel nicht der Fall sei. Es setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die pauschale Besteuerung von Erträgen aus sog. "intransparenten" (inländischen und) ausländischen Investmentfonds gem. § 6 InvStG gegen Art. 63 AEUV verstößt, weil sie eine verschleierte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs Art. 65 Abs. 3 AEUV darstellt.
Dies hat der EuGH nun bejaht.
Die Gründe:
Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach, wenn ein ausländischer Investmentfonds die in dieser Regelung vorgesehenen, unterschiedslos für inländische und ausländische Fonds geltenden Verpflichtungen zur Bekanntmachung und Veröffentlichung bestimmter Angaben nicht erfüllt, die Erträge, die der Steuerpflichtige aus diesem Investmentfonds erzielt, pauschal zu besteuern sind, da diese Regelung dem Steuerpflichtigen nicht ermöglicht, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die tatsächliche Höhe seiner Einkünfte nachweisen lässt.
§ 6 InvStG ist geeignet, einen deutschen Anleger davon abzuhalten, Anteile an einem ausländischen Investmentfonds zu zeichnen, da ihn eine solche Anlage einer nachteiligen pauschalen Besteuerung aussetzen kann, ohne ihm die Möglichkeit zu bieten, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die Höhe seiner tatsächlichen Einkünfte nachweisen lässt. Diese Beschränkung des freien Kapitalverkehrs ist gerade nicht durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle sicherzustellen. Die Regelung des InvStG bezweckt nämlich nicht, Verhaltensweisen zu verhindern, die geeignet sind, das Recht Deutschlands zu gefährden, die im Inland durchgeführten Tätigkeiten oder die in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünfte seiner Einwohner zu besteuern. Letztlich wird sie auch nicht durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle und die wirksame Einziehung der Steuern zu gewährleisten.
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