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OLG Köln: Berichterstattung aus öffentlicher Gerichtsverhandlung ist nicht uneingeschränkt zulässig

OLG Köln 14.2.2012, 15 U 123/11 u.a.

Die Me­dien dürfen Umstände aus dem pri­va­ten Le­bens­be­reich ei­nes An­ge­klag­ten auch dann nicht ohne wei­te­res ver­brei­ten, wenn diese in öff­ent­li­cher Haupt­ver­hand­lung erörtert wor­den sind. Im Hin­blick auf die während des lau­fen­den Er­mitt­lungs­ver­fah­rens und bis zu ei­ner ge­richt­li­chen Ver­ur­tei­lung zu Guns­ten ei­nes Be­schul­dig­ten gel­tende Un­schulds­ver­mu­tung muss ent­spre­chend zurück­hal­tend und aus­ge­wo­gen muss über den Tat­vor­wurf und den auf dem An­ge­klag­ten las­ten­den Ver­dacht be­rich­tet wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger in den drei Ver­fah­ren (15 U 123/11, 15 U 125/11 und 15 U 126/11) ist Fern­seh­mo­de­ra­tor. Er war we­gen des Ver­dachts der Ver­ge­wal­ti­gung ei­ner Ex-Freun­din an­ge­klagt und wurde im Straf­ver­fah­ren schließlich frei­ge­spro­chen. Das Er­mitt­lungs- und Straf­ver­fah­ren war in den Me­dien, u.a. sei­tens der Be­klag­ten, mit großer Auf­merk­sam­keit und ausführ­li­cher Be­richt­er­stat­tung be­glei­tet wor­den.

Der Kläger hatte während der Er­mitt­lun­gen in ei­ner rich­ter­li­chen Ver­neh­mung im De­tail den zwi­schen ihm und der An­zei­gen­er­stat­te­rin übli­chen (ein­ver­nehm­li­chen) Se­xu­al­ver­kehr ge­schil­dert. Die Be­klag­ten hat­ten so­dann Ein­zel­hei­ten der Schil­de­rung in ihre Pres­se­veröff­ent­li­chun­gen ein­ge­stellt. Der Kläger sieht hierin einen un­zulässi­gen Ein­griff in sein Persönlich­keits­recht.

Das OLG gab den Kla­gen statt. Die Re­vi­sion zum BGH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
In der Veröff­ent­li­chung der Ein­zel­hei­ten zum Se­xu­al­ver­kehr liegt ein un­zulässi­ger Ein­griff in das Persönlich­keits­recht des Klägers.

Das Be­richt­er­stat­tungs­in­ter­esse der Be­klag­ten hat hin­ter dem Recht des Klägers auf Schutz sei­ner In­timsphäre zurück­zu­ste­hen. Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht dar­aus, dass die be­rich­te­ten Umstände später Ge­gen­stand ei­ner öff­ent­li­chen Ge­richts­ver­hand­lung wa­ren, in wel­cher das Ver­neh­mungs­pro­to­koll im Wort­laut ver­le­sen wor­den war. Die Öff­ent­lich­keit ei­nes Ge­richts­saa­les ist nicht mit der Wir­kung zu ver­glei­chen, die von ei­ner Veröff­ent­li­chung in den Me­dien, erst recht bei ei­ner Veröff­ent­li­chung im In­ter­net aus­geht.

Die veröff­ent­lich­ten De­tails stan­den in kei­nem Zu­sam­men­hang mit dem kon­kre­ten Tat­vor­wurf und wur­den von den Be­klag­ten auch in der Be­richt­er­stat­tung nicht in einen sol­chen Zu­sam­men­hang gerückt. Zu­dem ist zu berück­sich­ti­gen, dass der Kläger nicht straf­recht­lich ver­ur­teilt wor­den ist. Während des lau­fen­den Er­mitt­lungs­ver­fah­rens und bis zu ei­ner ge­richt­li­chen Ver­ur­tei­lung gilt zu Guns­ten des Be­schul­dig­ten die Un­schulds­ver­mu­tung. Dem­ent­spre­chend zurück­hal­tend und aus­ge­wo­gen muss über den Tat­vor­wurf und den auf dem An­ge­klag­ten las­ten­den Ver­dacht be­rich­tet wer­den.

Die Re­vi­sion war zu­zu­las­sen, da die Frage, in wel­chem Um­fang auch über pri­vate, das Persönlich­keits­recht berührende Umstände be­rich­tet wer­den darf, die in ei­ner öff­ent­li­chen Ge­richts­ver­hand­lung erörtert wor­den sind, bis­her nicht höchstrich­ter­lich ent­schie­den wurde.

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