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Niedersächsisches FG: Reparaturkosten infolge Falschbetankung neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar

Urteil des Niedersächsischen FG vom 24.4.2013 - 9 K 218/12

Durch eine Falsch­be­tan­kung auf dem Weg vom Wohn­ort zur Ar­beits­stelle und den da­durch her­bei­geführ­ten Mo­tor­scha­den ver­ur­sachte Re­pa­ra­tur­auf­wen­dun­gen sind als Wer­bungs­kos­ten gem. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG steu­er­min­dernd bei den Einkünf­ten des Klägers aus nicht­selbständi­ger Ar­beit zu berück­sich­ti­gen. Zur Ver­mei­dung ei­nes sach­lich nicht ge­recht­fer­tig­ten Ver­stoßes ge­gen das ob­jek­tive Net­to­prin­zip ist § 9 Abs. 2 S. 1 EStG in ver­fas­sungs­kon­for­mer Weise über den Wort­laut hin­aus so aus­zu­le­gen, dass le­dig­lich lau­fende Kfz- und We­ge­kos­ten, die grundsätz­lich ei­ner Pau­scha­lie­rung zugäng­lich sind, von der Ab­gel­tungs­wir­kung er­fasst wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger füllte auf dem Weg von sei­nem Wohn­ort zur Ar­beits­stelle beim Tan­ken aus Un­acht­sam­keit statt Die­sel Ben­zin in sein Fahr­zeug ein. Als der Mo­tor kurze Zeit nach Fort­set­zung der Fahrt "un­re­gelmäßig" lief, be­merkte er das Unglück. Der Kläger ge­langte noch bis zu ei­ner nahe ge­le­ge­nen Werk­statt, die den Mo­tor­scha­den re­pa­rierte.

Die Ver­si­che­rung lehnte eine Er­stat­tung der Re­pa­ra­tur­kos­ten (ca. 4.300 €) we­gen der Sorg­falts­pflicht­ver­let­zung des Klägers ab. Das Fi­nanz­amt meinte, ne­ben der Ent­fer­nungs­pau­schale (sog. Pend­ler­pau­schale) seien nur Kos­ten ei­nes Un­falls zum Wer­bungs­kos­ten­ab­zug zu­zu­las­sen. Die Falsch­be­tan­kung sei aber kein Un­fall.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­frage und zur Fort­bil­dung des Rechts zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die durch die Falsch­be­tan­kung auf dem Weg vom Wohn­ort zur Ar­beits­stelle und den da­durch her­bei­geführ­ten Mo­tor­scha­den ver­ur­sach­ten Re­pa­ra­tur­auf­wen­dun­gen sind als Wer­bungs­kos­ten gem. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG steu­er­min­dernd bei den Einkünf­ten des Klägers aus nicht­selbständi­ger Ar­beit zu berück­sich­ti­gen (§ 19 Abs. 1 S. 1 EStG).

Zwar sol­len nach dem Wort­laut der Vor­schrift des § 9 Abs. 2 S. 1 EStG mit dem An­satz der ver­kehrs­mit­te­lun­abhängi­gen Ent­fer­nungs­pau­schale seit dem Jahr 2001 sämt­li­che Kos­ten für Wege zwi­schen Woh­nung und Ar­beitsstätte ab­ge­gol­ten sein. Die seit Einführung der Ent­fer­nungs­pau­schale hierzu er­gan­gene FG-Recht­spre­chung und ein Teil der steu­er­recht­li­chen Li­te­ra­tur ha­ben mit Blick auf die­sen Wort­laut Aus­nah­men stets ab­ge­lehnt. Die Fi­nanz­ver­wal­tung hat gleich­wohl im Grund­satz Un­fall­kos­ten ne­ben der Ent­fer­nungs­pau­schale zum Wer­bungs­kos­ten­ab­zug zu­ge­las­sen.

Sach­ge­recht er­scheint es, die durch den An­satz der Ent­fer­nungs­pau­schale er­folgte Ab­gel­tungs­wir­kung auf die gewöhn­li­chen (lau­fen­den) Kfz-Kos­ten, die ei­ner Pau­scha­lie­rung zugäng­lich sind, zu be­gren­zen. Da­mit wird im Wege der Ge­set­zes­aus­le­gung die Rechts­lage wie­der­her­ge­stellt, die vor 2001 seit meh­re­ren Jahr­zehn­ten be­stand. Da­nach wa­ren ne­ben der früheren Ki­lo­me­ter­pau­schale stets außer­gewöhn­li­che We­ge­kos­ten (z.B. Mo­tor­scha­den, Dieb­stahl, Un­fall) als Wer­bungs­kos­ten ab­zugsfähig.

Diese Aus­le­gung ent­spricht auch dem in den Ge­set­zes­ma­te­ria­lien aus­rei­chend klar zum Aus­druck kom­men­den ob­jek­ti­vier­ten Wil­len des Ge­set­zes­ge­bers. I.Ü. ist eine sol­che Aus­le­gung - so die Fi­nanz­rich­ter - auch ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­ten, da an­de­ren­falls § 9 Abs. 2 S. 1 EStG einem Ab­zugs­ver­bot für Wer­bungs­kos­ten gleich­kommt. Für eine sol­che Durch­bre­chung des ob­jek­ti­ven Net­to­prin­zips fehlt aber die er­for­der­li­che sach­li­che Recht­fer­ti­gung.

Link­hin­weis:

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