So wird etwa die bisher streitanfällige „regelmäßige Arbeitsstätte“ ab 2014 zwar gesetzlich definiert und durch den nicht praxiserprobten Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ ersetzt. Eine solche erste Tätigkeitsstätte hat ein Arbeitnehmer an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines Konzernunternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten (insb. eines Kunden), der er dauerhaft zugeordnet ist. Künftig kann der Arbeitgeber mit steuerlicher Wirkung durch Zuordnung bestimmen, wo sich diese eine bestimmte, erste Tätigkeitsstätte befindet. Dabei ist unerheblich, ob der Arbeitnehmer etwa den Großteil seiner Arbeitszeit an der ersten Tätigkeitsstätte verbringt. Es ist ausreichend, wenn er dort nur in geringem Umfang dauerhaft bzw. bis auf weiteres tätig sein soll, sei es auch nur für untergeordnete Hilfs- oder Nebentätigkeiten, wie z. B. das Abholen der Aufträge oder des Firmenfahrzeugs. Somit ist es möglich, für rein steuerliche Zwecke eine erste Tätigkeitsstätte zu bestimmen, die vom arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitsort abweicht. Trifft der Arbeitgeber keine Zuordnung oder ist diese nicht eindeutig, greifen jedoch von Gesetzes wegen quantitative, zeitliche Kriterien: Die erste Tätigkeitsstätte bestimmt sich dann danach, wo der Arbeitnehmer typischerweise arbeitstäglich oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll. Bei Außendienst- bzw. Vertriebsmitarbeitern etwa, die ständig wechselnde Kundenbesuche von zu Hause aus machen müssen, ist danach i. d. R. keine erste Tätigkeitsstätte gegeben.
Sowohl das Fehlen als auch die explizite Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte hat beachtliche Folgen: Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte kann der Arbeitnehmer steuermindernd nur die Entfernungspauschale und keine Reisekosten geltend machen. Besteht keine erste Tätigkeitsstätte oder erfolgen berufliche Fahrten zu anderen Orten als der ersten Tätigkeitsstätte, schlagen die tatsächlich angefallenen Kosten oder pauschal 0,30 Euro/km als Werbungskosten zu Buche, soweit weder ein betrieblich vorgegebener „Sammelpunkt“ noch ein „weiträumiges Arbeitsgebiet“ vorliegt. Zudem können bei entsprechender Abwesenheitszeit Verpflegungsmehraufwendungen und ggf. Unterkunftskosten steuerlich geltend gemacht bzw. vom Arbeitgeber lohnsteuerfrei vergütet werden.
Im Ergebnis wird der Arbeitnehmer ein Interesse daran haben, keine erste Tätigkeitsstätte zu haben oder wenn dann diejenige Tätigkeitsstätte, die seiner Wohnung am nächsten gelegen ist. Arbeitgeber, die verpflichtet sind, ihren Arbeitnehmern Reisekosten im lohnsteuerfrei zu belassenden Umfang zu erstatten, werden bestrebt sein, durch entsprechende Zuordnung der ersten Tätigkeitsstätte ihre erstattungspflichtigen Reisekosten möglichst gering zu halten, zumindest aber nicht auszuweiten.
Um nicht mit jedem einzelnen Arbeitnehmer Diskussionen über die Bestimmung seiner ersten Tätigkeitsstätte führen zu müssen, sollten Arbeitgeber prüfen, ob für bestimmte homogene Arbeitnehmergruppen (wie Innen- und Außendienstmitarbeiter) einheitliche Regelungen zu treffen sind oder aber einer Diskussion durch baldige Erstellung bzw. Modifizierung einer Reisekostenrichtlinie der Zündstoff genommen werden kann.
Ebenso wurden unter dem Motto der Vereinfachung Änderungen bei der sog. Dreimonatsfrist vorgenommen. Sowohl bei längerfristiger auswärtiger Tätigkeit als auch bei doppelter Haushaltsführung ist die steuerliche Anerkennung von Verpflegungsmehraufwendungen auf die ersten drei Monate beschränkt. Liegt eine Unterbrechung von mindestens vier Wochen vor, beginnt die Dreimonatsfrist wieder neu zu laufen. Da der Unterbrechungsgrund künftig irrelevant ist, dürften Urlaubsanträge von knapp über vier Wochen künftig verstärkt gestellt werden.
Auch mit dem neuen steuerlichen Reisekostenrecht scheint sich der Grundsatz zu bewahrheiten, dass eine Vereinfachung des deutschen Steuerrechts kaum gelingen kann. Denn was auf dem Papier einfach und plausibel klingt, zeigt sich in der Praxis durch das Zusammenwirken mehrerer Vorschriften wie auch durch den Zuordnungs-, Kontroll- und Bescheinigungsaufwand oftmals als Pferdefuß.
Überblick über die wesentlichen Änderungen im Reisekostenrecht
Die Änderungen im Reisekostenrecht, die einheitlich im Bereich der Werbungskosten aufgenommen werden, gelten genauso für den Betriebsausgabenabzug bei Einkünften aus gewerblicher und selbständiger Tätigkeit.
Definition der ersten Tätigkeitsstätte
Der bisherige unbestimmte Rechtsbegriff der regelmäßigen Arbeitsstätte wird durch die „erste Tätigkeitsstätte“ ersetzt und im Gesetz ausdrücklich definiert. Die erste Tätigkeitsstätte befindet sich in der ortsfesten Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens und in Ausnahmefällen auch eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.
Fahrtkosten
In Abgrenzung zu der Entfernungspauschale ist nun geregelt, dass die Fahrtkosten bei beruflich veranlassten Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bzw. Familienheimfahrten sind, mit den tatsächlich entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten oder alternativ wie bereits bisher mit der Pauschale pro gefahrenem Kilometer gemäß Bundesreisekostengesetz (0,30 Euro bei Pkw) angesetzt werden können.
Verpflegungsmehraufwendungen
Bei den Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen werden die Mindestabwesenheitszeiten verringert und statt der bisherigen dreistufigen eine zweistufige Staffelung der Pauschalen in Höhe von 12 Euro und 24 Euro eingeführt. Wie bisher bleibt die Berücksichtigung der Pauschalen für die Verpflegungsmehraufwendungen auf die ersten drei Monate der beruflichen Tätigkeit an ein- und derselben Tätigkeitsstätte beschränkt. Eine Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit an ein- und derselben Tätigkeitsstätte von mindestens vier Wochen führt zu einem Neubeginn des Drei-Monats-Zeitraums. Bei einer vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellten Mahlzeit werden die ermittelten Pauschalen typisierend für ein Frühstück um 20 % und für ein Mittag- oder Abendessen jeweils um 40 % des Betrags der Verpflegungspauschalen für eine 24-stündige Abwesenheit gekürzt.
Doppelte Haushaltsführung
Im Bereich der doppelten Haushaltsführung wird auf die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete verzichtet. Stattdessen wird eine betragsmäßige Höchstgrenze von maximal 1.000 Euro im Monat eingeführt, bis zu der tatsächlich entstandene Kosten angesetzt werden können.
Unterkunftskosten
Unterkunftskosten während einer Tätigkeit außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte sind bis zu 48 Monate lang unbeschränkt als Werbungskosten abzugsfähig. Nach Ablauf dieses Zeitraums (längerfristige Auswärtstätigkeit) können sie nur noch bis zur Höhe vergleichbarer Aufwendungen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung - und damit maximal in Höhe von 1.000 Euro pro Kalendermonat - angesetzt werden.
Arbeitgebermahlzeiten
Übliche Mahlzeiten, d.h. solche mit einem Wert von maximal 60 Euro, die ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern anlässlich einer auswärtigen Tätigkeit zur Verfügung stellt, sind künftig mit dem Sachbezugswert anzusetzen.
Geltungsdauer des Lohnsteuerfreibetrags
Zur Verwaltungsvereinfachung kann der ermittelte Freibetrag für lohnsteuerliche Zwecke längstens für einen Zeitraum von zwei Kalenderjahren ab Beginn des Kalenderjahres berücksichtigt werden, für das der Freibetrag erstmals gilt.