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Steuerberatung

Vermeintliche Vereinfachung: das neue steuerliche Reisekostenrecht

Un­ter dem ver­heißungs­vol­len Ti­tel „Ge­setz zur Ände­rung und Ver­ein­fa­chung der Un­ter­neh­mens­be­steue­rung und des steu­er­li­chen Rei­se­kos­ten­rechts“ be­schloss der Ge­setz­ge­ber um­fas­sende Ände­run­gen und ver­meint­li­che Ver­ein­fa­chun­gen des steu­er­li­chen Rei­se­kos­ten­rechts. Diese sind ab 1.1.2014 in den Lohnbüros zu be­ach­ten. Dies er­weist sich bei ge­nau­erer Prüfung je­doch als hoch kom­plexe An­ge­le­gen­heit - vor al­lem bei wech­seln­der Ein­satztätig­keit.

So wird etwa die bis­her streit­anfällige „re­gelmäßige Ar­beitsstätte“ ab 2014 zwar ge­setz­lich de­fi­niert und durch den nicht pra­xis­er­prob­ten Be­griff der „ers­ten Tätig­keitsstätte“ er­setzt. Eine sol­che er­ste Tätig­keitsstätte hat ein Ar­beit­neh­mer an ei­ner orts­fes­ten be­trieb­li­chen Ein­rich­tung des Ar­beit­ge­bers, ei­nes Kon­zern­un­ter­neh­mens oder ei­nes vom Ar­beit­ge­ber be­stimm­ten Drit­ten (insb. ei­nes Kun­den), der er dau­er­haft zu­ge­ord­net ist. Künf­tig kann der Ar­beit­ge­ber mit steu­er­li­cher Wir­kung durch Zu­ord­nung be­stim­men, wo sich diese eine be­stimmte, er­ste Tätig­keitsstätte be­fin­det. Da­bei ist un­er­heb­lich, ob der Ar­beit­neh­mer etwa den Großteil sei­ner Ar­beits­zeit an der ers­ten Tätig­keitsstätte ver­bringt. Es ist aus­rei­chend, wenn er dort nur in ge­rin­gem Um­fang dau­er­haft bzw. bis auf wei­te­res tätig sein soll, sei es auch nur für un­ter­ge­ord­nete Hilfs- oder Ne­bentätig­kei­ten, wie z. B. das Ab­ho­len der Aufträge oder des Fir­men­fahr­zeugs. So­mit ist es möglich, für rein steu­er­li­che Zwecke eine er­ste Tätig­keitsstätte zu be­stim­men, die vom ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ar­beits­ort ab­weicht. Trifft der Ar­beit­ge­ber keine Zu­ord­nung oder ist diese nicht ein­deu­tig, grei­fen je­doch von Ge­set­zes we­gen quan­ti­ta­tive, zeit­li­che Kri­te­rien: Die er­ste Tätig­keitsstätte be­stimmt sich dann da­nach, wo der Ar­beit­neh­mer ty­pi­scher­weise ar­beitstäglich oder je Ar­beits­wo­che zwei volle Ar­beits­tage oder min­des­tens ein Drit­tel sei­ner ver­ein­bar­ten re­gelmäßigen Ar­beits­zeit tätig wer­den soll. Bei Außendienst- bzw. Ver­triebs­mit­ar­bei­tern etwa, die ständig wech­selnde Kun­den­be­su­che von zu Hause aus ma­chen müssen, ist da­nach i. d. R. keine er­ste Tätig­keitsstätte ge­ge­ben.

So­wohl das Feh­len als auch die ex­pli­zite Fest­le­gung der ers­ten Tätig­keitsstätte hat be­acht­li­che Fol­gen: Für Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und ers­ter Tätig­keitsstätte kann der Ar­beit­neh­mer steu­er­min­dernd nur die Ent­fer­nungs­pau­schale und keine Rei­se­kos­ten gel­tend ma­chen. Be­steht keine er­ste Tätig­keitsstätte oder er­fol­gen be­ruf­li­che Fahr­ten zu an­de­ren Or­ten als der ers­ten Tätig­keitsstätte, schla­gen die tatsäch­lich an­ge­fal­le­nen Kos­ten oder pau­schal 0,30 Euro/km als Wer­bungs­kos­ten zu Bu­che, so­weit we­der ein be­trieb­lich vor­ge­ge­be­ner „Sam­mel­punkt“ noch ein „weiträum­iges Ar­beits­ge­biet“ vor­liegt. Zu­dem können bei ent­spre­chen­der Ab­we­sen­heits­zeit Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen und ggf. Un­ter­kunfts­kos­ten steu­er­lich gel­tend ge­macht bzw. vom Ar­beit­ge­ber lohn­steu­er­frei vergütet wer­den.

Im Er­geb­nis wird der Ar­beit­neh­mer ein In­ter­esse daran ha­ben, keine er­ste Tätig­keitsstätte zu ha­ben oder wenn dann die­je­nige Tätig­keitsstätte, die sei­ner Woh­nung am nächs­ten ge­le­gen ist. Ar­beit­ge­ber, die ver­pflich­tet sind, ih­ren Ar­beit­neh­mern Rei­se­kos­ten im lohn­steu­er­frei zu be­las­sen­den Um­fang zu er­stat­ten, wer­den be­strebt sein, durch ent­spre­chende Zu­ord­nung der ers­ten Tätig­keitsstätte ihre er­stat­tungs­pflich­ti­gen Rei­se­kos­ten möglichst ge­ring zu hal­ten, zu­min­dest aber nicht aus­zu­wei­ten.

Um nicht mit je­dem ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer Dis­kus­sio­nen über die Be­stim­mung sei­ner ers­ten Tätig­keitsstätte führen zu müssen, soll­ten Ar­beit­ge­ber prüfen, ob für be­stimmte ho­mo­gene Ar­beit­neh­mer­grup­pen (wie In­nen- und Außendienst­mit­ar­bei­ter) ein­heit­li­che Re­ge­lun­gen zu tref­fen sind oder aber ei­ner Dis­kus­sion durch bal­dige Er­stel­lung bzw. Mo­di­fi­zie­rung ei­ner Rei­se­kos­ten­richt­li­nie der Zünd­stoff ge­nom­men wer­den kann.

Ebenso wur­den un­ter dem Motto der Ver­ein­fa­chung Ände­run­gen bei der sog. Drei­mo­nats­frist vor­ge­nom­men. So­wohl bei länger­fris­ti­ger auswärti­ger Tätig­keit als auch bei dop­pel­ter Haus­haltsführung ist die steu­er­li­che An­er­ken­nung von Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen auf die ers­ten drei Mo­nate be­schränkt. Liegt eine Un­ter­bre­chung von min­des­tens vier Wo­chen vor, be­ginnt die Drei­mo­nats­frist wie­der neu zu lau­fen. Da der Un­ter­bre­chungs­grund künf­tig ir­re­le­vant ist, dürf­ten Ur­laubs­anträge von knapp über vier Wo­chen künf­tig verstärkt ge­stellt wer­den.

Auch mit dem neuen steu­er­li­chen Rei­se­kos­ten­recht scheint sich der Grund­satz zu be­wahr­hei­ten, dass eine Ver­ein­fa­chung des deut­schen Steu­er­rechts kaum ge­lin­gen kann. Denn was auf dem Pa­pier ein­fach und plau­si­bel klingt, zeigt sich in der Pra­xis durch das Zu­sam­men­wir­ken meh­re­rer Vor­schrif­ten wie auch durch den Zu­ord­nungs-, Kon­troll- und Be­schei­ni­gungs­auf­wand oft­mals als Pfer­defuß.

Überblick über die wesentlichen Änderungen im Reisekostenrecht

Die Ände­run­gen im Rei­se­kos­ten­recht, die ein­heit­lich im Be­reich der Wer­bungs­kos­ten auf­ge­nom­men wer­den, gel­ten ge­nauso für den Be­triebs­aus­ga­ben­ab­zug bei Einkünf­ten aus ge­werb­li­cher und selbständi­ger Tätig­keit.

Definition der ersten Tätigkeitsstätte

Der bis­he­rige un­be­stimmte Rechts­be­griff der re­gelmäßigen Ar­beitsstätte wird durch die „er­ste Tätig­keitsstätte“ er­setzt und im Ge­setz ausdrück­lich de­fi­niert. Die er­ste Tätig­keitsstätte be­fin­det sich in der orts­fes­ten Ein­rich­tung des Ar­beit­ge­bers, ei­nes ver­bun­de­nen Un­ter­neh­mens und in Aus­nah­mefällen auch ei­nes vom Ar­beit­ge­ber be­stimm­ten Drit­ten, der der Ar­beit­neh­mer dau­er­haft zu­ge­ord­net ist. 

Fahrtkosten

In Ab­gren­zung zu der Ent­fer­nungs­pau­schale ist nun ge­re­gelt, dass die Fahrt­kos­ten bei be­ruf­lich ver­an­lass­ten Fahr­ten, die nicht Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und ers­ter Tätig­keitsstätte bzw. Fa­mi­li­en­heim­fahr­ten sind, mit den tatsäch­lich ent­stan­de­nen Auf­wen­dun­gen als Wer­bungs­kos­ten oder al­ter­na­tiv wie be­reits bis­her mit der Pau­schale pro ge­fah­re­nem Ki­lo­me­ter gemäß Bun­des­rei­se­kos­ten­ge­setz (0,30 Euro bei Pkw) an­ge­setzt wer­den können.

Verpflegungsmehraufwendungen

Bei den Pau­scha­len für Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen wer­den die Min­dest­ab­we­sen­heits­zei­ten ver­rin­gert und statt der bis­he­ri­gen drei­stu­fi­gen eine zwei­stu­fige Staf­fe­lung der Pau­scha­len in Höhe von 12 Euro und 24 Euro ein­geführt. Wie bis­her bleibt die Berück­sich­ti­gung der Pau­scha­len für die Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wen­dun­gen auf die ers­ten drei Mo­nate der be­ruf­li­chen Tätig­keit an ein- und der­sel­ben Tätig­keitsstätte be­schränkt. Eine Un­ter­bre­chung der be­ruf­li­chen Tätig­keit an ein- und der­sel­ben Tätig­keitsstätte von min­des­tens vier Wo­chen führt zu einem Neu­be­ginn des Drei-Mo­nats-Zeit­raums. Bei ei­ner vom Ar­beit­ge­ber oder auf des­sen Ver­an­las­sung von einem Drit­ten zur Verfügung ge­stell­ten Mahl­zeit wer­den die er­mit­tel­ten Pau­scha­len ty­pi­sie­rend für ein Frühstück um 20 % und für ein Mit­tag- oder Abend­es­sen je­weils um 40 % des Be­trags der Ver­pfle­gungs­pau­scha­len für eine 24-stündige Ab­we­sen­heit gekürzt.

Doppelte Haushaltsführung

Im Be­reich der dop­pel­ten Haus­haltsführung wird auf die Er­mitt­lung der ortsübli­chen Ver­gleichs­miete ver­zich­tet. Statt­des­sen wird eine be­tragsmäßige Höchst­grenze von ma­xi­mal 1.000 Euro im Mo­nat ein­geführt, bis zu der tatsäch­lich ent­stan­dene Kos­ten an­ge­setzt wer­den können.

Unterkunftskosten

Un­ter­kunfts­kos­ten während ei­ner Tätig­keit außer­halb der ers­ten Tätig­keitsstätte sind bis zu 48 Mo­nate lang un­be­schränkt als Wer­bungs­kos­ten ab­zugsfähig. Nach Ab­lauf die­ses Zeit­raums (länger­fris­tige Auswärtstätig­keit) können sie nur noch bis zur Höhe ver­gleich­ba­rer Auf­wen­dun­gen im Rah­men ei­ner dop­pel­ten Haus­haltsführung - und da­mit ma­xi­mal in Höhe von 1.000 Euro pro Ka­len­der­mo­nat - an­ge­setzt wer­den.

Arbeitgebermahlzeiten

Übli­che Mahl­zei­ten, d.h. sol­che mit einem Wert von ma­xi­mal 60 Euro, die ein Ar­beit­ge­ber sei­nen Ar­beit­neh­mern anläss­lich ei­ner auswärti­gen Tätig­keit zur Verfügung stellt, sind künf­tig mit dem Sach­be­zugs­wert an­zu­set­zen.

Geltungsdauer des Lohnsteuerfreibetrags

Zur Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung kann der er­mit­telte Frei­be­trag für lohn­steu­er­li­che Zwecke längs­tens für einen Zeit­raum von zwei Ka­len­der­jah­ren ab Be­ginn des Ka­len­der­jah­res berück­sich­tigt wer­den, für das der Frei­be­trag erst­mals gilt.

 

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