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Neue Standards und Standard-Setzer für die Nachhaltigkeits-Berichterstattung

Im April 2021 legte die EU-Kom­mis­sion ein Vor­schlag für eine Cor­po­rate Sus­tai­na­bi­lity Re­por­ting Di­rec­tive (CSRD) vor, die durch die am 24.02.2022 veröff­ent­lich­ten Ände­rungs­vor­schläge des Eu­ropäische Ra­tes wei­ter Ge­stalt an­neh­men.

Die CSRD ist eine Zäsur, denn sie sieht vor, dass alle großen Ge­sell­schaf­ten und Kon­zerne, die be­reits heute schon zur nicht­fi­nan­zi­el­len Be­richt­er­stat­tung ver­pflich­tet sind (insb. große börsen­no­tierte Un­ter­neh­men) ab dem Ge­schäfts­jahr 2024 in einem ge­son­der­ten Ab­schnitt in ih­rem La­ge­be­richt über ihre Nach­hal­tig­keit Be­richt er­stat­ten. Ab dem Ge­schäfts­jahr 2025 soll die Be­richt­er­stat­tungs­pflicht dann auf alle großen Un­ter­neh­men (40 Mio. Euro Um­satz, 20 Mio. Euro Bi­lanz­summe so­wie min­des­tens 250 Mit­ar­bei­ter) aus­ge­dehnt wer­den und ab dem Ge­schäfts­jahr 2026 auch auf alle börsen­no­tier­ten KMUs an­zu­wen­den sein.

Die zeit­li­che Er­leich­te­rung durch die Ände­rungs­vor­schläge des Eu­ropäische Ra­tes sind zu begrüßen, da der mit der Ent­wick­lung von Stan­dards für die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung be­auf­tragte Stan­dard­set­zer, die sog. Pro­ject Task Force on Eu­ro­pean Sus­tai­na­bi­lity Re­por­ting Stan­dards (PTF-ESRS) der Eu­ro­pean Fi­nan­cial Re­por­ting Ad­vi­sory Group (EFRAG) erst am 20.01.2022 die Ar­beitsstände der ers­ten Stan­dar­dentwürfe (sog. Batch 1) zur Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung veröff­ent­licht hat. Darin wird auch erst­mals die be­ab­sich­tigte Struk­tur und die vor­ge­se­he­nen Ti­tel der Stan­dards öff­ent­lich ge­macht.

Die veröff­ent­lich­ten Stan­dar­dentwürfe um­fas­sen

  • vier von ins­ge­samt fünf sog. überg­rei­fen­den (cross-cut­ting) Stan­dards. Diese be­tref­fen An­ga­ben zu
    • stra­tegy and busi­ness mo­del,
    • sus­tai­na­bi­lity go­ver­nance and or­ga­niza­tion,
    • sus­tai­na­bi­lity ma­te­rial im­pacts, risks and op­por­tu­nities so­wie
    • de­fi­ni­ti­ons for po­li­cies, tar­gets, ac­tion plans and re­sour­ces (ESRS 2-5),
  • zwei von ins­ge­samt sechs ge­plan­ten kon­zep­tio­nel­len Leit­li­nien (sog. con­cep­tual gui­de­lines), wel­che die The­men dou­ble ma­te­ria­lity und cha­rac­te­ristics of in­for­ma­tion qua­lity be­han­deln (ESRG 1 und 2), so­wie
  • den ers­ten EU Sus­tai­na­bi­lity Re­por­ting Stan­dard (ESRS) E1 Cli­mate change. Die­ser Stan­dard be­ruht auf dem be­reits im Sep­tem­ber 2021 veröff­ent­lich­ten Stan­dar­dent­wurf der PTF, der seit­her we­sent­lich über­ar­bei­tet wurde. Der Pro­to­typ ist mo­du­lar auf­ge­baut und be­inhal­tet die Of­fen­le­gung von ins­ge­samt zehn The­men in den Be­rei­chen Stra­te­gie, Im­ple­men­tie­rung und Er­folgs­mes­sung (s. Ab­bil­dung).

ESRS-Berichterstattungsanforderungen in den drei Reportingbereichen

An die drei Re­por­ting­be­rei­che - Stra­te­gie, Um­set­zung und Leis­tungs­mes­sung - wer­den be­son­dere An­for­de­run­gen ge­stellt:

Stra­te­gie

Die An­ga­ben in die­ser Ka­te­go­rie soll­ten auf Ebene des be­rich­ten­den Un­ter­neh­mens die Nach­hal­tig­keits­as­pekte sei­ner Stra­te­gie und sei­nes Ge­schäfts­mo­dells/sei­ner Ge­schäfts­mo­delle, den We­sent­lich­keits­be­wer­tungs­pro­zess des Un­ter­neh­mens so­wie die spe­zi­fi­schen Go­ver­nance, Ma­nage­ment­ver­ant­wor­tun­gen, Pro­zesse und Be­richt­er­stat­tungs­ver­fah­ren an­ge­mes­sen ab­de­cken, um Nach­hal­tig­keits­as­pekte an­zu­spre­chen und zu über­wa­chen.

Um­set­zung

Für je­des Thema soll­ten die An­ga­ben um­fas­sen, wie das be­rich­tende Un­ter­neh­men seine Stra­te­gie durch Richt­li­nien, Ziele, Ak­ti­onspläne und de­di­zierte Res­sour­cen in die Tat um­setzt.

Er­folgs­mes­sung

Schließlich sollte erläutert wer­den, wie das be­rich­tende Un­ter­neh­men seine Grundsätze und Ziele er­reicht und wie sein Überg­angs­ver­lauf ist, ein­schließlich sei­ner bis­he­ri­gen Leis­tung (rück­bli­ckende In­for­ma­tio­nen) und zu­kunfts­ge­rich­te­ter Per­spek­ti­ven.

Basis für alle weiteren EU Nachhaltigkeits-Berichterstattungs-Standards

Die ESRS-Stan­dards sind in drei Stu­fen auf­ge­baut. Zunächst wer­den sek­tor­un­abhängi­gen Stan­dards für alle ESG-The­men Um­welt, So­zia­les und Go­ver­nance ent­wi­ckelt. An­schließend wer­den dann sek­tor- und un­ter­neh­mens­spe­zi­fi­sche Stan­dards er­stellt.

Die Um­welt­ka­te­go­rie um­fasst Stan­dards, die de­fi­nie­ren, wie über die Aus­wir­kun­gen auf und von al­len Um­welt­fak­to­ren be­rich­tet wird: Kli­ma­wan­del, Was­ser- und Mee­res­res­sour­cen, Bio­di­ver­sität & Öko­sys­teme, Kreis­lauf­wirt­schaft, Um­welt­ver­schmut­zung.

Die Ka­te­go­rie So­zia­les um­fasst Stan­dards, die de­fi­nie­ren, wie Aus­wir­kun­gen an und von al­len mensch­li­chen Fak­to­ren über den ge­sam­ten Um­fang des Öko­sys­tems des Un­ter­neh­mens be­rich­tet wer­den: Be­leg­schaft, Ar­beit­neh­mer in der Wert­schöpfungs­kette, be­trof­fene Ge­mein­schaf­ten, Ver­brau­cher/End­nut­zer.

Die dritte Ka­te­go­rie Go­ver­nance soll brei­ter ge­fasst wer­den und Ethik, Ma­nage­ment der Qua­lität der Be­zie­hun­gen zu Sta­ke­hol­dern, Or­ga­ni­sa­tion und In­no­va­tion so­wie Re­pu­ta­tion und Mar­ken­ma­nage­ment um­fas­sen.

Die neuen sek­torüberg­rei­fen­den Stan­dards für die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung sol­len am 31.10.2022 durch die EU-Kom­mis­sion ver­ab­schie­det wer­den. Die Veröff­ent­li­chung der sek­tor­spe­zi­fi­schen und KMU-Stan­dards ist bis zum 31.10.2023 vor­ge­se­hen.

International Sustainability Standards Board als weiteres internationales Gremium

Zeit­gleich zu den eu­ropäischen Be­richt­er­stat­tungs­stan­dards wird auch auf in­ter­na­tio­na­ler Ebene mit Hoch­druck an neuen Stan­dards ge­ar­bei­tet. Hierzu wurde ein neues Gre­mium - das In­ter­na­tio­nal Sus­tai­na­bi­lity Stan­dards Board (ISSB) - un­ter dem Dach der IFRS Foun­da­tion ein­ge­rich­tet. Die­ses soll für die Ent­wick­lung nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­ner, glo­ba­ler (Min­dest-) Stan­dards zuständig sein und ein in­ter­na­tio­nal ein­heit­li­ches Re­gel­werk bie­ten, Klima- und Nach­hal­tig­keits­ri­si­ken bi­lan­zi­ell ab­zu­bil­den, die bis­her in der Rech­nungs­le­gung nach IFRS nicht dar­ge­stellt wer­den. Durch das ISSB soll In­ves­to­ren und an­de­ren Ka­pi­tal­markt­teil­neh­mern die Ent­schei­dungs­fin­dung er­leich­tert wer­den, in­dem ih­nen Zu­griff auf In­for­ma­tio­nen über nach­hal­tig­keits­be­zo­gene Ri­si­ken und Chan­cen von Un­ter­neh­men zur Verfügung ge­stellt wer­den. In­ves­ti­tio­nen sol­len da­durch in nach­hal­tige wirt­schaft­li­che Ak­ti­vitäten ge­lenkt wer­den.

Beide Stan­dard-Set­ter ar­bei­ten eng mit der Task Force on Cli­mate-re­la­ted Fi­nan­cial Dis­clo­sures (TCFD) und der Glo­bal Re­por­ting In­itia­tive (GRI) zu­sam­men. Für Un­ter­neh­mens­len­ker bleibt zu hof­fen, dass die Ver­ant­wort­li­chen auf eu­ropäischer und auf in­ter­na­tio­na­ler Ebene mit­ein­an­der ko­ope­rie­ren und ein­heit­li­che oder zu­min­dest kom­pa­ti­ble Stan­dards für die Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung ent­wi­ckeln.

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