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Steuerberatung

Negatives zu versteuerndes Einkommen: Keine Thesaurierungsbegünstigung

BFH 20.3.2017, X R 65/14

Die The­sau­rie­rungs­begüns­ti­gung des § 34a EStG kann nicht in An­spruch ge­nom­men wer­den, wenn zwar begüns­ti­gungsfähige Einkünfte vor­han­den sind, das zu ver­steu­ernde Ein­kom­men aber ne­ga­tiv ist.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist an meh­re­ren ge­werb­li­chen Mit­un­ter­neh­mer­schaf­ten be­tei­ligt. In Be­zug auf die Be­tei­li­gung an ei­ner KG wurde für sie für das Streit­jahr 2009 ein Ge­winn­an­teil von 152.784 € und ein nach § 34a EStG begüns­tig­ter Teil­be­trag von 111.545 € fest­ge­stellt. Da der Kläge­rin aus den Be­tei­li­gun­gen an wei­te­ren Mit­un­ter­neh­mer­schaf­ten Ver­luste zu­ge­wie­sen wor­den wa­ren, wur­den im an­ge­foch­te­nen Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2009 per saldo Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb von ./. 82.964 €, ein Ge­samt­be­trag der Einkünfte von 17.090 € und ein zu ver­steu­ern­des Ein­kom­men von ./. 46.153 € aus­ge­wie­sen. Die Ein­kom­men­steuer wurde auf 0 € fest­ge­setzt.

Mit ih­rem Ein­spruch be­gehrte die Kläge­rin, auf die Einkünfte aus der KG die The­sau­rie­rungs­begüns­ti­gung des § 34a EStG (28,25 % von 111.545 €) an­zu­wen­den. Dies hätte für das Streit­jahr zur Fest­set­zung ei­ner höheren Ein­kom­men­steuer geführt. Zur Begründung führte die Kläge­rin aus, § 34a EStG sei gem. § 32a Abs. 1 S. 2 EStG vor­ran­gig vor dem all­ge­mei­nen Steu­er­ta­rif an­zu­wen­den und da­mit auch lex spe­cia­lis im Verhält­nis zu der all­ge­mei­nen Ein­kom­men­ser­mitt­lungs­vor­schrift des § 2 Abs. 5 EStG. Nur dies werde dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers ge­recht, der die nicht ent­nom­me­nen Ge­winne bei Per­so­nen­un­ter­neh­men in etwa so wie the­sau­ri­erte Ge­winne von Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten habe be­steu­ern wol­len.

Während des Ein­spruchs­ver­fah­rens er­ließ das Fi­nanz­amt einen geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheid, mit dem wei­tere Grund­la­gen­be­scheide aus­ge­wer­tet wur­den. Die fest­ge­setzte Ein­kom­men­steuer be­lief sich un­verändert auf 0 €. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auch die Re­vi­sion der Kläge­rin vor dem BFH blieb er­folg­los.

Gründe:
Sind in dem zu ver­steu­ern­den Ein­kom­men nicht ent­nom­mene Ge­winne u.a. aus Ge­wer­be­be­trieb "ent­hal­ten", ist die Ein­kom­men­steuer für diese Ge­winne auf An­trag des Steu­er­pflich­ti­gen ganz oder teil­weise mit einem Steu­er­satz von 28,25 % zu be­rech­nen (§ 34a Abs. 1 S. 1 EStG). Bei § 34a EStG han­delt es sich um eine Ta­rif­vor­schrift, die an das zu ver­steu­ernde Ein­kom­men anknüpft. Dies setzt vor­aus, dass zunächst das zu ver­steu­ernde Ein­kom­men - nach den hierfür gel­ten­den Re­geln - er­mit­telt wird. Erst im Zuge der An­wen­dung des Steu­er­ta­rifs wird das be­reits er­mit­telte zu ver­steu­ernde Ein­kom­men in einen re­gel­be­steu­er­ten und einen son­der­ta­ri­fier­ten Teil­be­trag auf­ge­spal­ten. Ist dies je­doch be­reits ne­ga­tiv, kommt § 34a EStG nicht zur An­wen­dung.

Der in § 34a Abs. 1 S. 1 EStG ver­wen­dete Be­griff des "zu ver­steu­ern­den Ein­kom­mens" wird in § 2 Abs. 5 S. 1 EStG de­fi­niert als "Ein­kom­men, ver­min­dert um die Frei­beträge nach § 32 Abs. 6 und um die sons­ti­gen vom Ein­kom­men ab­zu­zie­hen­den Beträge". Die­ser in § 34a Abs. 1 S. 1 EStG vor­ge­nom­mene Rück­griff auf den im EStG selbst de­fi­nier­ten Be­griff des "zu ver­steu­ern­den Ein­kom­mens", der sei­ner­seits an die vor­ge­la­ger­ten Ein­kom­men­ser­mitt­lungs­re­ge­lun­gen in § 2 Abs. 3, 4 EStG anknüpft, zeigt da­her un­zwei­fel­haft, dass auch in den Fällen des § 34a Abs. 1 EStG ein ho­ri­zon­ta­ler und/oder ver­ti­ka­ler Ver­lust­aus­gleich vor­zu­neh­men ist, der glei­chermaßen die­je­ni­gen Einkünfte ein­be­zieht, die nach § 34a EStG begüns­ti­gungsfähig wären.

Aus dem Um­stand, dass der Ge­setz­ge­ber die Son­der­re­ge­lun­gen der § 32d u. § 34a EStG zwar durch das­selbe Ge­setz (UntS­tRefG 2008 v. 14.8.2007, BGBl I 2007, 1912) ein­geführt hat, sich hin­sicht­lich der Ein­be­zie­hung der je­weils begüns­tig­ten Einkünfte in das zu ver­steu­ernde Ein­kom­men bei § 34a EStG aber ei­ner gänz­lich an­ders ge­ar­te­ten Re­ge­lungs­tech­nik als bei § 32d EStG be­dient hat, folgt nach Auf­fas­sung des BFH, dass die all­ge­mei­nen Re­geln des § 2 Abs.3 bis 5 EStG und da­mit auch die vor­ran­gige Ver­lust­ver­rech­nung im Fall des § 34a EStG An­wen­dung fin­den sol­len.

Auch aus der Be­triebs­be­zo­gen­heit der The­sau­rie­rungs­begüns­ti­gung folgt nichts an­de­res. Zwar kann das Wahl­recht für je­den Be­trieb oder Mit­un­ter­neh­me­ran­teil ge­son­dert ausgeübt wer­den (§ 34a Abs. 1 S. 2 EStG). Dies verdrängt aber nicht den über­ge­ord­ne­ten Grund­satz, dass höchs­tens die nach den all­ge­mei­nen Re­ge­lun­gen er­mit­telte Be­mes­sungs­grund­lage des Ein­kom­men­steu­er­ta­rifs Grund­lage für den nied­ri­ge­ren The­sau­rie­rungs­ta­rif sein kann. Wenn es je­doch in § 34a Abs.8 EStG heißt, ein Ver­lust­aus­gleich mit "ermäßigt be­steu­er­ten Ge­win­nen" sei aus­ge­schlos­sen, im­pli­ziert dies, dass eine ermäßigte Be­steue­rung nach § 34a Abs. 1 EStG be­reits statt­ge­fun­den ha­ben muss. Zu ei­ner sol­chen An­wen­dung des in § 34a Abs. 1 EStG vor­ge­se­he­nen ermäßig­ten Steu­er­sat­zes kommt es aber von vorn­her­ein nicht, wenn das zu ver­steu­ernde Ein­kom­men we­gen des vor­ran­gig vor­zu­neh­men­den Ver­lust­aus­gleichs bei 0 € liegt oder gar ne­ga­tiv ist.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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