deen

Aktuelles

Negativer Geschäftswert bei Einbringung

BFH 28.4.2016, I R 33/14

Über­steigt der Ge­samt­wert des im Wege der Sach­ein­lage nach § 20 Abs. 1 S. 1 Um­wStG 1995 ein­ge­brach­ten Be­triebs­vermögens auf­grund ei­nes sog. ne­ga­ti­ven Ge­schäfts­werts nicht des­sen Buch­wert, darf die über­neh­mende Ka­pi­tal­ge­sell­schaft die Buch­werte der ein­zel­nen Wirt­schaftsgüter des Be­triebs­vermögens auch dann nicht auf höhere Werte auf­sto­cken, wenn de­ren Teil­werte die je­wei­li­gen Buch­werte über­schrei­ten.

Der Sach­ver­halt:
Im De­zem­ber 1998 hatte eine Ge­sell­schaft des A-Kon­zerns sämt­li­che Kom­man­dit­an­teile an der zum Rechts­streit bei­ge­la­de­nen B-GmbH & Co. KG so­wie die Ge­schäfts­an­teile an de­ren Kom­ple­mentär-GmbH er­wor­ben. Bei der Bei­ge­la­de­nen han­delte es sich um ein Zu­lie­fer­un­ter­neh­men vor­nehm­lich für die Z-Bran­che. Sie un­ter­hielt die Teil­be­triebe X und Y. Der A-Kon­zern plante, le­dig­lich den Ge­winne er­wirt­schaf­ten­den Teil­be­trieb X, nicht je­doch den Ver­luste ge­ne­rie­ren­den Teil­be­trieb Y selbst wei­ter zu be­trei­ben. Nach­dem kein ex­ter­ner Käufer für Y ge­fun­den wer­den konnte, erklärten sich fünf lei­tende Mit­ar­bei­ter je­nes Teil­be­triebs be­reit, die­sen im Wege ei­nes sog. Ma­nage­ment-Buy-out zu er­wer­ben und fort­zuführen.

Zu die­sem Zweck er­warb die Bei­ge­la­dene im Sep­tem­ber 2000 zunächst den ein­zi­gen Ge­schäfts­an­teil an der Kläge­rin - ei­ner als Vor­rats­ge­sell­schaft gegründe­ten GmbH -, erhöhte de­ren Stamm­ka­pi­tal und brachte die Ak­tiva und Pas­siva des Teil­be­triebs Y im Wege der Aus­glie­de­rung zur Auf­nahme (§ 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG) als Sach­ein­lage in die Kläge­rin ein. So­dann veräußerte die Bei­ge­la­dene am glei­chen Tag mit Wir­kung zum 30.9.2000 den Ge­schäfts­an­teil an der Kläge­rin (nach Tei­lung) an die fünf Mit­ar­bei­ter. Die Kläge­rin er­wirt­schaf­tete da­nach noch bis ein­schließlich 2003 Ver­luste. Ab dem Jahr 2004 ver­zeich­nete sie durch­ge­hend po­si­tive Jah­res­er­geb­nisse.

In ih­rer Ein­brin­gungs­bi­lanz zum 1.10.2000 setzte die Kläge­rin die über­ge­gan­ge­nen Wirt­schaftsgüter des Ak­tiv­vermögens nicht mit den Buch­wer­ten, son­dern un­ter Be­ru­fung auf § 20 Abs. 2 S. 1 Um­wStG 1995 mit höheren Wer­ten (Zwi­schen­werte) an, die die Buch­werte über­stie­gen. Aus­ge­hend von die­sen erhöhten Wert­ansätzen berück­sich­tigte die Kläge­rin in ih­ren Jah­res­ab­schlüssen für die Streit­jahre 2000, 2001 und 2002 ent­spre­chend höhere Beträge bei den Ab­set­zun­gen für Ab­nut­zung (AfA). Das Fi­nanz­amt er­kannte nach ei­ner Außenprüfung al­ler­dings die die Buch­werte über­stei­gen­den Wert­ansätze nicht an, weil sie ent­ge­gen § 20 Abs. 2 S. 6 Um­wStG 1995 die Teil­werte der ein­ge­brach­ten Wirt­schaftsgüter über­schrit­ten.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin blieb vor dem BFH er­folg­los.

Gründe:
Die Vor­in­stanz hat zu Recht ent­schie­den, dass eine Auf­sto­ckung der Wert­ansätze des ein­ge­brach­ten Be­triebs­vermögens in der Ein­brin­gungs­bi­lanz der Kläge­rin auf­grund des ne­ga­ti­ven Ge­schäfts­werts des ein­ge­brach­ten Teil­be­triebs nicht möglich war.

Bei iso­lier­ter Be­trach­tung des Wort­lauts des § 20 Abs. 2 S. 6 Um­wStG 1995 hat­ten die Wert­ansätze in der Ein­brin­gungs­bi­lanz der Kläge­rin die dort ge­re­gelte Höchst­grenze nicht über­schrit­ten. Denn nach den Fest­stel­lun­gen der Vor­in­stanz, die auf der tatsäch­li­chen Verständi­gung der Be­tei­lig­ten be­ruh­ten, la­gen die Wert­ansätze der ein­zel­nen Wirt­schaftsgüter des Be­triebs­vermögens in der Ein­brin­gungs­bi­lanz nicht über de­ren je­wei­li­gen Teil­wer­ten. Strei­tig war, wel­che Be­deu­tung in Zu­sam­men­hang mit der Höchst­grenze des § 20 Abs. 2 S. 6 Um­wStG 1995 dem Um­stand bei­zu­mes­sen ist, dass der ein­ge­brachte Teil­be­trieb nach den - eben­falls auf der tatsäch­li­chen Verständi­gung der Be­tei­lig­ten be­ru­hen­den - vor­in­stanz­li­chen Fest­stel­lun­gen im Streit­fall auf­grund schlech­ter Er­trags­aus­sich­ten mit einem sog. ne­ga­ti­ven Ge­schäfts­wert be­las­tet war, der Ge­samt­wert des Teil­be­triebs als wirt­schaft­li­cher Ein­heit mit­hin ge­rin­ger ge­we­sen ist als die Summe der Teil­werte sei­ner ein­zel­nen Wirt­schaftsgüter.

In­so­weit dürfen die Wert­auf­sto­ckun­gen im Rah­men des § 20 Abs. 2 Um­wStG 1995 nicht zu einem den Teil­wert des ein­ge­brach­ten Be­triebs­vermögens als Sach­ge­samt­heit (un­ter Berück­sich­ti­gung des ne­ga­ti­ven Ge­schäfts­werts) über­stei­gen­den Wert­an­satz führen. Denn bei der Ein­brin­gung ei­nes Be­triebs oder Teil­be­triebs sind um­wand­lungs­steu­er­recht­lich nicht nur die Werte der ak­ti­vier­ten Ein­zel­wirt­schaftsgüter, son­dern ist auch der Ge­samt­wert der ein­ge­brach­ten Sach­ge­samt­heit von Be­deu­tung. Aus­zu­ge­hen ist hier­bei da­von, dass § 20 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 Um­wStG 1995 das Pri­vi­leg des Be­wer­tungs­wahl­rechts nicht für die Ein­brin­gung be­lie­bi­ger An­samm­lun­gen be­trieb­lich ge­nutz­ter Wirt­schaftsgüter, son­dern nur für die Ein­brin­gung von Be­trie­ben oder Teil­be­trie­ben, d.h. von selbständig le­bensfähi­gen Sach­ge­samt­hei­ten ein­schließlich der die Ein­zel­wirt­schaftsgüter ver­bin­den­den Or­ga­ni­sa­tion, gewährt. Der­ar­tige Sach­ge­samt­hei­ten zeich­nen sich in­des re­gelmäßig da­durch aus, dass ihr Ge­samt­wert nicht mit der Summe der Ein­zel­werte (Teil­werte) der zu­gehöri­gen Wirt­schaftsgüter iden­ti­sch ist.

Im vor­lie­gen­den Fall lag in­folge des ne­ga­ti­ven Ge­schäfts­werts des Teil­be­triebs Y des­sen Teil­wert als Sach­ge­samt­heit nicht höher als die Summe der Buch­werte der ein­zel­nen Wirt­schaftsgüter. Das FG hatte sich zu Recht an das Er­geb­nis der tatsäch­li­chen Verständi­gung ge­bun­den ge­se­hen. Es hatte ausführ­lich begründet, aus wel­chen Gründen das Er­geb­nis der tatsäch­li­chen Verständi­gung na­he­lie­gend, je­den­falls aber nicht of­fen­sicht­lich un­zu­tref­fend und da­her ver­bind­lich ist. Die Be­tei­lig­ten hat­ten da­ge­gen keine Ein­wen­dun­gen er­ho­ben; auch für den Se­nat wa­ren keine An­halts­punkte für das Feh­len der Bin­dungs­wir­kung der tatsäch­li­chen Verständi­gung er­sicht­lich.

Dem­nach durfte die Kläge­rin diese Buch­werte in der Ein­brin­gungs­bi­lanz nicht auf höhere Werte auf­sto­cken. Das Fi­nanz­amt hatte der Be­steue­rung der Kläge­rin für die Streit­jahre des­halb zu Recht nicht die höheren AfA-Sätze zu­grunde ge­legt. Weil für die Ent­schei­dung des Rechts­streits un­er­heb­lich, mus­ste der Se­nat nicht darüber be­fin­den, ob ein ne­ga­ti­ver Ge­schäfts­wert des ein­ge­brach­ten Be­triebs oder Teil­be­triebs ggf. dazu führen kann, dass die Buch­werte des ein­ge­brach­ten Ak­tiv­vermögens ab­zu­sto­cken sind.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
nach oben