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Nachfolge ohne Nachfolger: Nachhaltige externe Nachfolgelösungen

Feh­lende Nach­fol­ger, persönli­che Ent­wick­lun­gen oder ver­la­ger­ter Le­bens­schwer­punkt: Der Wunsch ei­nes je­den Un­ter­neh­mers be­steht letz­ten Endes darin, sein „Le­bens­werk in gute Hände“ zu über­ge­ben. Doch was tun, wenn kein Nach­fol­ger in der Fa­mi­lie oder aus dem Um­feld vor­han­den ist? Wie kann dann der Be­stand des Un­ter­neh­mens samt da­hin­ter­ste­hen­der Ar­beitsplätze nach­hal­tig ge­si­chert wer­den? Und vor al­lem: wie fin­det man den rich­ti­gen Nach­fol­ger, der die vor­han­dene Un­ter­neh­mens­kul­tur ver­steht und das Un­ter­neh­men ent­spre­chend wert­schätzt?

Die u. a. in Stif­tungs­hand be­find­li­che MIB In­dus­trie­be­tei­li­gun­gen GmbH & Co. KG bie­tet lang­fris­tig ori­en­tierte so­wie at­trak­tive Nach­fol­gelösun­gen für Mit­telständ­ler und be­rei­tet als Bin­de­glied zwi­schen al­tem Fir­men­in­ha­ber und be­ste­hen­dem bzw. neuem Ma­nage­ment den Bo­den für eine dau­er­hafte Nach­folge. Wir spre­chen mit den ge­schäftsführen­den Ge­sell­schaf­tern der MIB Ro­bert Spart­mann (Kauf­mann) und Chris­toph Bor­ges (In­ge­nieur) so­wie Jo­erg Scho­berth, Wirt­schaftsprüfer, Steu­er­be­ra­ter und Part­ner bei Eb­ner Stolz in Düssel­dorf, wie der­ar­tige Nach­fol­gelösun­gen er­folg­reich durch­geführt wer­den können.

© Christoph Borges, Robert Spartmann und Joerg Schoberth

Herr Spart­mann, Sie ha­ben sich auf den Er­werb, die lang­fris­tige Be­glei­tung so­wie die Fortführung mit­telständi­scher pro­du­zie­ren­der Un­ter­neh­men spe­zia­li­siert. Wie fin­det die MIB pas­sende Ziel­un­ter­neh­men, die sie er­wer­ben möchte?

Ro­bert Spart­mann: Es be­ste­hen meh­rere Wege, über die uns Un­ter­neh­men zum Er­werb an­ge­tra­gen wer­den. Ein häufig ge­nutz­ter Weg ist der über den klas­si­schen Markt der Un­ter­neh­mens­mak­ler, die uns in einem struk­tu­rier­ten Pro­zess Un­ter­neh­men zum Er­werb an­bie­ten. An­dere Of­fer­ten kom­men aus un­se­rem persönli­chen Netz­werk so­wie aus dem Netz­werk un­se­rer Ge­sell­schaf­ter. Mitt­ler­weile ist die MIB gut im Markt be­kannt und eta­bliert, so dass auch über die „Mund-zu-Mund-Pro­pa­ganda“ ver­kaufs­wil­lige Un­ter­neh­mer di­rekt Kon­takt zu uns auf­neh­men. Hinzu kom­men jene Fälle, in de­nen der Un­ter­neh­mer sein Le­bens­werk nicht in einem klas­si­schen Pro­zess ver­kau­fen möchte, son­dern die Nach­folge eine ver­trau­ens­volle und dis­krete An­ge­le­gen­heit ist, bei der nur eine hand­ver­le­sene Zahl mögli­cher Er­wer­ber an­ge­spro­chen wird. All diese Va­ri­an­ten sind den han­deln­den Per­so­nen der MIB seit mehr als zwei Jahr­zehn­ten gut be­kannt.

Wel­che Kri­te­rien muss ein Un­ter­neh­men erfüllen, um für die MIB in­ter­es­sant zu sein? Wel­che Un­ter­neh­men pas­sen in Ihr Port­fo­lio bzw. worum geht es Ih­nen in ers­ter Li­nie bei dem Er­werb des Un­ter­neh­mens, Herr Bor­ges?

Chris­toph Bor­ges: Un­sere In­vest­ment­kri­te­rien be­schrei­ben ein Um­satz­vo­lu­men von rd. 5 bis rd. 30 Mio. Euro für das je­wei­lige Ziel­un­ter­neh­men. In die­sem Kor­ri­dor be­we­gen sich un­sere vier Ak­qui­si­tio­nen, die wir seit Mai 2020 rea­li­siert ha­ben. Mit der vier­ten Be­tei­li­gung ha­ben wir eine in­ter­na­tio­nal aus­ge­rich­tete Un­ter­neh­mens­gruppe mit rd. 25 Mio. Euro Um­satz er­wor­ben. Die Be­tei­li­gun­gen der MIB zeich­net aus, dass je­des Un­ter­neh­men ein sehr spe­zia­li­sier­tes und wirt­schaft­lich er­folg­rei­ches Ge­schäfts­mo­dell be­sitzt, das auch lang­fris­tig er­folg­reich wei­ter­geführt wer­den kann. In der Re­gel ha­ben un­sere Un­ter­neh­men alle tech­no­lo­gi­sch be­stimmte Ge­schäfts­mo­delle im B2B-Be­reich mit ei­ge­ner Ent­wick­lung und Pro­duk­tion so­wie einem Haupt­stand­ort in Deutsch­land. Auch soll­ten diese Un­ter­neh­men ein funk­tio­nie­ren­des Ma­nage­ment­team be­sit­zen, wel­ches die zukünf­tige Stra­te­gie zu­sam­men mit der MIB wei­ter be­glei­tet. Manch­mal fin­den wir eine Si­tua­tion vor, in der ein Un­ter­neh­mer aus pri­va­ten Gründen zeit­nah nach dem Ver­kauf aus der Ge­schäftsführung aus­schei­den will (ty­pi­sche Schlüsselüberg­abe). In die­sen Fällen su­chen wir während der Prüfungs­phase be­reits einen ge­eig­ne­ten Nach­fol­ger. In an­de­ren Fällen können wir den bis­he­ri­gen ge­schäftsführen­den Ge­sell­schaf­ter dazu zu be­we­gen, mit uns als neuem Part­ner noch ei­nige Jahre ge­mein­sam zu ar­bei­ten. Bei der Su­che ei­nes pas­sen­den Nach­fol­gers in der Ge­schäftsführung ist ne­ben der fach­li­chen Qua­li­fi­ka­tion von be­son­de­rer Be­deu­tung, dass sich der „Neue“ mit der be­ste­hen­den Un­ter­neh­mens­kul­tur und dem vor­han­de­nen Wer­te­sys­tem iden­ti­fi­ziert.

Bei der Aus­wahl un­se­rer Ak­qui­si­ti­ons­ziele steht die Rea­li­sie­rung von Syn­er­gien nicht im Vor­der­grund. Je­des ein­zelne Ge­schäfts­mo­dell muss die Chan­cen ha­ben, lang­fris­tig und er­folg­reich im Markt und Wett­be­werb zu agie­ren. Un­ser Ziel ist es, ein zwi­schen den ver­schie­de­nen Bran­chen und Markt­zy­klen möglichst aus­ge­wo­ge­nes Port­fo­lio auf­zu­bauen. Mit un­se­ren Un­ter­neh­men aus den Bran­chen Ar­beits- und Schall­schutz, Me­di­zin­tech­nik so­wie Strah­len­schutz, Kunst­stoff­ver­pa­ckun­gen aus kon­ven­tio­nel­len, re­cy­cel­ten oder bio­lo­gi­sch ba­sier­ten Kunst­stof­fen so­wie der Au­to­ma­ti­sie­rungs- und Mess­tech­nik ha­ben wir die ers­ten Grund­la­gen dafür ge­legt.

So eine Un­ter­neh­mensüberg­abe ist ja eine emo­tio­nale Sa­che, zu­mal es für den Verkäufer darum geht, das Le­bens­werk los­zu­las­sen. Muss man hier­bei nicht be­son­ders sen­si­bel agie­ren bzw. er­schwert dies ggf. die Ver­trags­ver­hand­lun­gen?

Ro­bert Spart­mann: Ein Un­ter­neh­mens­ver­kauf ist im­mer ein sehr sen­si­bler Pro­zess, in dem es auch zu kri­ti­schen und emo­tio­na­len Weg­punk­ten kom­men kann. Ein Un­ter­neh­mer ver­kauft mit sei­ner jah­re­lan­gen ope­ra­ti­ven Er­fah­rung meis­tens nur ein­mal in sei­nem Le­ben ein Un­ter­neh­men. Die­ser Un­ter­neh­mer be­sitzt langjährige und tief­grei­fende Kennt­nisse über den Markt, „seine“ Kun­den, Lie­fe­ran­ten und Wett­be­wer­ber so­wie über mögli­che Chan­cen und Ri­si­ken. Bei einem po­ten­ti­el­len (nicht stra­te­gi­schen) In­ves­tor sind diese De­tail­kennt­nisse nicht im glei­chen Um­fang vor­han­den. Einem Verkäufer er­schließt sich da­her an der ein oder an­de­ren Stelle nicht, wa­rum ein neuer po­ten­ti­el­ler In­ha­ber sich ge­wisse Ga­ran­tien und Zu­si­che­run­gen für die Ver­gan­gen­heit ge­ben las­sen will. Die­ses wird meist als Miss­trauen oder über­trie­bene Ab­si­che­rung ver­stan­den. In ei­ner sol­chen Si­tua­tion braucht man als neuer In­ves­tor viel Fin­ger­spit­zen­gefühl bei der Erläute­rung der ent­spre­chen­den Sach­ver­halte. Am Ende wird es meist nicht an die­sen Punk­ten schei­tern. Aber durch die ver­schie­de­nen schwie­ri­gen Markt­si­tua­tio­nen der letz­ten Zeit (Corona, dra­ma­ti­sch stei­gende Ma­te­ri­al­preise, Ma­te­ria­lengpässe, schnel­lere Verände­run­gen der Märkte und der Lie­fer­ket­ten), dürf­ten die so­ge­nann­ten Due-Di­li­gence Pro­zesse (Prüfpro­zesse) auf­wen­di­ger, de­tail­lier­ter und da­mit zeit­lich länger wer­den. Am Ende ei­nes sol­chen Pro­zes­ses wol­len die In­ves­to­ren das Ge­schäfts­mo­dell des be­tref­fen­den Un­ter­neh­mens ver­ste­hen, um seine lang­fris­ti­gen Zu­kunfts­aus­sich­ten be­ur­tei­len zu können.

Wie er­folgt der Er­werbs­pro­zess und wel­che Schritte wer­den in die­sem Zu­sam­men­hang durch­lau­fen? Wel­che In­for­ma­tio­nen er­war­ten Sie von dem Verkäufer, Herr Spart­mann?

Ro­bert Spart­mann: Ein Er­werbs­pro­zess voll­zieht sich bei uns in meh­re­ren Schrit­ten. Im Hin­blick auf die vom Verkäufer in den meis­ten Fällen gewünschte Dis­kre­tion wer­den die ers­ten drei Schritte mit sog. „Bord­mit­teln“ durch­geführt. In­vol­viert sind in die­sem Sta­dium der ver­kaufs­wil­lige Un­ter­neh­mer so­wie „seine“ Be­ra­ter und das kleine Team der MIB. Zu einem späte­ren Zeit­punkt kom­men ex­terne Be­ra­ter hinzu. Grundsätz­lich verläuft der Ak­qui­si­ti­ons­pro­zess bei uns in fol­gen­den Schrit­ten:

  1. De­tail­lierte Vor­ana­lyse der Markt-, Tech­no­lo­gie- und Wett­be­werbs­si­tua­tion, Ana­lyse der ak­tu­el­len be­triebs­wirt­schaft­li­chen Si­tua­tion und der Jah­res­ab­schlüsse der letz­ten Jahre, möglichst Klärung der steu­er­li­chen und ge­sell­schafts­recht­li­chen Si­tua­tion, Über­le­gun­gen zur Trans­ak­ti­ons­struk­tur
  2. Ein­ho­lung ei­nes ers­ten Vo­tums un­se­rer Gre­mien
  3. Bei einem po­si­ti­ven Vo­tum: Let­ter of In­tent zur Fest­le­gung der be­spro­che­nen recht­li­chen und wirt­schaft­li­chen Eck­punkte so­wie des wei­te­ren Ab­laufs
  4. Da­nach ausführ­li­che Due-Di­li­gence mit ex­ter­nen Part­nern in den Be­rei­chen Stra­te­gie & Wett­be­werbs­ana­lyse, Markt & Tech­nik, Or­ga­ni­sa­tion & Pro­zesse (inkl. IT und Pa­tente), Fi­nan­zen, Steu­ern & Recht, Um­welt & Ar­beits­si­cher­heit
  5. Par­al­lel Ver­trags­ver­hand­lung und Ein­ho­lung ei­nes ab­schließen­den Vo­tums un­se­rer Gre­mien.

Kon­kret ha­ben Sie die Pa­letti-Gruppe über­nom­men. Hier­bei han­delt es sich um eine in­ter­na­tio­nale Gruppe mit kom­ple­xen Be­tei­li­gungs­struk­tu­ren. Wie können Sie in sol­chen Fällen si­cher ge­hen, dass Sie nicht die „Katze im Sack“ kau­fen, Herr Spart­mann?

Ro­bert Spart­mann: Als kom­plex würde ich die ge­samte Struk­tur noch nicht be­zeich­nen wol­len. Die ge­sell­schafts-recht­li­che und steu­er­li­che Struk­tur war im In­land aufwändi­ger ge­stal­tet, als ich dies in ver­gleich­ba­ren Fällen er­lebt habe. Zusätz­lich muss­ten natürlich die Aus­lands­ge­sell­schaf­ten in den Due-Di­li­gence-Pro­zess ein­be­zo­gen wer­den. Da der Un­ter­neh­mer den Ver­kaufs­pro­zess in­tern trans­pa­rent ge­stal­tete und MIB frühzei­tig als Wunsch­part­ner kom­mu­ni­ziert hat, stan­den uns und un­se­ren Be­ra­tern die lei­ten­den Mit­ar­bei­ter aus den je­wei­li­gen Ab­tei­lun­gen und Ländern frühzei­tig für Fra­gen zur Verfügung. Eine ver­tiefte Due-Di­li­gence von einem Ein­zel­un­ter­neh­men und fünf Ge­sell­schaf­ten ver­teilt über drei Länder hat ih­ren zeit­li­chen Tri­but ge­for­dert und am Ende mehr Zeit be­an­sprucht, wie ur­sprüng­lich ge­plant. Er­schwe­rend kommt hinzu, dass eine Due-Di­li­gence von den be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern des Un­ter­neh­mens ne­ben dem ope­ra­ti­ven Ge­schäft bewältigt wer­den muss. Für uns wäre es nicht ak­zep­ta­bel, wenn das ope­ra­tive Ge­schäft durch den Due-Di­li­gence-Pro­zess mas­siv ne­ga­tiv be­ein­flusst würde. An die­ser Stelle gilt mein Dank den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern der Pa­letti-Gruppe, die die­sen Due-Di­li­gence-Pro­zess ak­tiv un­terstützt ha­ben. Durch die ver­tie­fende Due-Di­li­gence ha­ben sich viel­ver­spre­chende Po­ten­tiale in dem heu­ti­gen Ge­schäfts­mo­dell ge­zeigt, die wir zu­sam­men mit dem Ma­nage­ment­team um­set­zen wol­len. Übli­cher­weise be­glei­ten wir den Due-Di­li­gence Pro­zess in­ten­siv und sind in die­ser Phase ver­mehrt in dem je­wei­li­gen Un­ter­neh­men, um zu­sam­men mit den Fach­ab­tei­lun­gen, dem Ma­nage­ment und un­se­ren ex­ter­nen Be­ra­tern die auf­kom­men­den Fra­gen und die In­for­ma­ti­ons­be­schaf­fung ge­mein­sam zu er­ar­bei­ten. Durch die Corona-Rei­se­be­schränkun­gen konn­ten die Ge­sell­schaf­ten in den USA und Großbri­tan­nien nicht persönlich be­sucht wer­den. Mit Hilfe mo­der­ner Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel konn­ten wir uns die gewünsch­ten In­for­ma­tio­nen den­noch be­schaf­fen. Im Be­reich der Steuer- und Rechts­be­ra­tung ha­ben uns die lo­ka­len Ko­ope­ra­ti­ons­part­ner un­se­rer deut­schen Be­ra­ter un­terstützt. Im In­land war es Auf­gabe un­se­rer na­tio­na­len Steuer- und Rechts­be­ra­ter, die aufwändige Struk­tur zu prüfen und zu be­ur­tei­len. Am Ende des Pro­zes­ses hat­ten wir nicht das Gefühl, die Katze im Sack zu kau­fen, son­dern ein gu­tes und kon­sis­ten­tes Bild von der ge­sam­ten Un­ter­neh­mens­gruppe.

Herr Scho­berth, Eb­ner Stolz führt zahl­rei­che Due-Di­li­gence Prüfun­gen durch. Wo lie­gen hier die größten Her­aus­for­de­run­gen im All­ge­mei­nen so­wie beim Er­werb der Pa­letti-Gruppe im Spe­zi­el­len?

Jo­erg Scho­berth: Es ist wich­tig, die Un­ter­neh­mens­zah­len nicht nur zu über­neh­men und zu prüfen, son­dern mit zu er­ar­bei­ten (z. B. Ein­zel-Pla­nun­gen der Länder­ge­sell­schaf­ten und der Kon­so­li­die­rung der Gruppe) und da­bei die Sach­ver­halte ein­zeln zu hin­ter­fra­gen. Da As­sets aus dem Ein­zel­un­ter­neh­men des In­ha­bers so­wie ver­schie­dene Ge­sell­schaf­ten im In- und Aus­land zu kau­fen wa­ren, mus­ste eine neue Un­ter­neh­mens­gruppe zah­len­tech­ni­sch ab­ge­bil­det wer­den, die es in der Form in der Ver­gan­gen­heit nicht ge­ge­ben hat.

Wor­auf kommt es der MIB beim Er­werb ei­nes Un­ter­neh­mens am meis­ten an? Was wäre ein Deal-Brea­ker, Herr Spart­mann?

Ro­bert Spart­mann: Die Ent­schei­dungs­vor­be­rei­tung zum Er­werb ei­nes Un­ter­neh­mens ist ein viel­schich­ti­ger Pro­zess, in dem es um In­for­ma­ti­ons­be­schaf­fung, Be­ur­tei­lung und Ana­lyse die­ser In­for­ma­tio­nen so­wie dem Abwägen von Chan­cen und Ri­si­ken geht. In die­sem Pro­zess können ver­schie­dene Kon­stel­la­tio­nen auf­tre­ten, die zu un­ter­schied­li­chen Zeit­punk­ten zu einem Dealbrea­ker wer­den können. Etwa,

  • feh­lende Zu­kunftsfähig­keit des Ge­schäfts­mo­dells wie z. B. schrump­fende und sich tech­no­lo­gi­sch nach­tei­lig verändernde Märkte
  • starke Abhängig­keit auf al­len Ebe­nen vom Verkäufer, vollständi­ges Feh­len ei­ner zwei­ten Ebene
  • hohe Abhängig­keit von ein­zel­nen Kun­den oder Lie­fe­ran­ten
  • deut­li­che Ver­schlech­te­rung der be­triebs­wirt­schaft­li­chen Da­ten im Zeit­ab­lauf
  • Be­trug oder be­wusste Ver­schleie­rung von Sach­ver­hal­ten
  • Dis­kre­panz über die Ab­gren­zung von Ri­si­ken im Un­ter­neh­mens­kauf­ver­trag zwi­schen Verkäufer und Käufer
  • vom Verkäufer oder sei­nen Be­ra­tern nicht be­dachte Steu­er­be­las­tun­gen / veränderte Kauf­preis­vor­stel­lun­gen des Verkäufers

Der MIB geht es ja we­ni­ger um den Er­werb ei­nes Un­ter­neh­mens und die Überführung in die ei­gene Un­ter­neh­mens­kul­tur. Viel­mehr er­ar­bei­ten Sie eine Nach­fol­gelösung zur lang­fris­ti­gen Fortführung des Un­ter­neh­mens, los­gelöst vom bis­he­ri­gen Un­ter­neh­mens­len­ker. Wel­che be­son­de­ren Her­aus­for­de­run­gen be­geg­nen Ih­nen in die­sem Zu­sam­men­hang und wie ge­hen Sie, Herr Bor­ges, da­mit um?

Chris­toph Bor­ges: Die Achil­les­ferse bei einem Un­ter­neh­mens­er­werb ist im­mer die Über­lei­tung im Ma­nage­ment. In der Re­gel hat das Un­ter­neh­men sei­nen Er­folg der letz­ten Jahre dem Un­ter­neh­mer­geist und dem En­ga­ge­ment des bis­he­ri­gen In­ha­bers zu ver­dan­ken. Ne­ben dem Ge­schäfts­mo­dell, der Tech­no­lo­gie, den Pro­duk­ten, den Kun­den und der qua­li­fi­zier­ten Be­leg­schaft gibt es aber auch die im­ma­te­ri­el­len Werte ei­nes Un­ter­neh­mens, die man bei einem Er­werb von einem Un­ter­neh­mer ver­ste­hen muss. Ein Un­ter­neh­men war auch des­we­gen in der Ver­gan­gen­heit so er­folg­reich, weil der Un­ter­neh­mer mit sei­nem Un­ter­neh­men in al­len Be­rei­chen ver­wo­ben war. Durch den Überg­ang auf einen neuen Ma­na­ger (ob nun in­tern oder ex­tern re­kru­tiert) verändern sich auch diese „un­sicht­ba­ren“ Pa­ra­me­ter. Die Kunst bei der Über­lei­tung auf ein neues Ma­nage­ment be­steht darin, das Gute im Ge­schäfts­mo­dell zu be­wah­ren und die Ent­wick­lung des Un­ter­neh­mens durch die Her­ein­nahme von neuen Im­pul­sen fort­zuführen. Das Ge­schäfts­mo­dell der MIB steht da­her un­ter der Über­schrift: „Lösen – Be­glei­ten – Fortführen“.

Gibt es ein Pa­tent­re­zept für ex­terne Nach­fol­gelösun­gen im Sinne von do’s und don’ts?

Chris­toph Bor­ges: Nein, die­ses gibt es in der Form nicht. Man muss bei der Ana­lyse der po­ten­ti­el­len neuen Ge­sell­schaf­ten sehr feinfühlig ver­ste­hen, was den ei­gent­li­chen Er­folg des Un­ter­neh­mens in den zurück­lie­gen­den Jah­ren aus­ge­macht hat. Ein Un­ter­neh­men wird durch das Ma­nage­ment, die Be­leg­schaft und den Un­ter­neh­mens­in­ha­ber zum Er­folg geführt. Die­ses ist in der Re­gel keine Ein­zel­leis­tung ei­nes Un­ter­neh­mers, son­dern er­wirt­schaf­tet wird der Er­folg nach­hal­tig durch sämt­li­che im Un­ter­neh­men tätige Men­schen. Ein weit­sich­ti­ger Un­ter­neh­mer hat sich in der Ver­gan­gen­heit ein brei­tes Ma­nage­ment­team auf der zwei­ten Ebene auf­ge­baut, dass ihm suk­zes­sive die Möglich­keit gewährt, sich im­mer wei­ter aus dem ope­ra­ti­ven Ge­schäft zurück­zu­zie­hen. Pa­letti ist ein gu­tes Bei­spiel dafür, dass der bis­he­rige In­ha­ber seine Ver­ant­wor­tung in den letz­ten rund vier Jah­ren ver­mehrt auf die Schul­tern der nächs­ten Ebene ver­teilt hat. Nur so konnte gewähr­lei­tet wer­den, dass der Al­tin­ha­ber zeit­nah zum Ver­kauf - ohne Scha­den für das Un­ter­neh­men - aus dem Un­ter­neh­men aus­schei­den konnte. Zu­dem war die Un­ter­neh­mens­nach­folge schon lange Zeit in­tern kom­mu­ni­ziert.

Dies hat si­cher­lich den Ge­samt­pro­zess po­si­tiv ge­steu­ert. Im Um­kehr­schluss ist das Ge­gen­teil (keine De­le­ga­tion von Ver­ant­wor­tung auf brei­tere Schul­tern im Un­ter­neh­men, das Nicht­los­las­sen des Al­tin­ha­bers bis zur letz­ten Se­kunde) meist ein „No-Go“ und ein Grund für ein Schei­tern von sol­chen Nach­fol­gelösun­gen.

Wie sieht die Nach­fol­gelösung für die Pa­letti-Gruppe kon­kret aus und wie ha­ben die Mit­ar­bei­ter dar­auf rea­giert?

Chris­toph Bor­ges: Die MIB konnte dem be­ste­hen­den Ma­nage­ment­team und dem Al­tin­ha­ber frühzei­tig einen pas­sen­den Ge­schäftsführer vor­stel­len. Durch die of­fene Kom­mu­ni­ka­tion in der Un­ter­neh­mens-nach­folge, in der Nach­folge der Ge­schäftsführung und die Berück­sich­ti­gung der Hin­weise und In­for­ma­tio­nen aus dem Un­ter­neh­men/der Be­leg­schaft, konnte schon vor Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges eine ge­mein­same Ba­sis für ein zukünf­ti­ges part­ner­schaft­li­ches Mit­ein­an­der ge­schaf­fen wer­den.

Was würden Sie einem Un­ter­neh­mer ra­ten, der nach ei­ner ex­ter­nen Nach­fol­gelösung sucht?

Ro­bert Spart­mann: Ge­ne­relle Rat­schläge sind in einem sol­chen in­di­vi­du­el­len Pro­zess recht schwie­rig. Grundsätz­lich ist es für das Un­ter­neh­men und dem Ver­kaufs­pro­zess hilf­reich, wenn der Un­ter­neh­mer sein Un­ter­neh­men fun­diert auf einen sol­chen Ver­kauf vor­be­rei­tet. Or­ga­ni­sa­to­ri­sch gehört dazu der frühzei­tige Auf­bau ei­ner zwei­ten Ebene, die in der Lage ist, un­ter­neh­me­ri­sche Ver­ant­wor­tung zu tra­gen. Diese Ebene sollte auch in dem späte­ren Ver­kaufs­pro­zess ein­ge­bun­den wer­den. Der Verkäufer sollte klare Vor­stel­lun­gen über seine Rolle nach dem Ver­kauf ha­ben.

Im kaufmänni­schen Be­reich emp­fiehlt es sich, das Un­ter­neh­men auf den an­ste­hen­den Due-Di­li­gence Pro­zess vor­zu­be­rei­ten. Dar­un­ter fal­len z. B. die Verfügbar­keit und Aus­sa­gefähig­keit von be­triebs­wirt­schaft­li­chen Da­ten ein­schließlich ei­ner begründe­ten Mehr­jah­res­pla­nung so­wie Jah­res-ab­schlüsse, Klärung of­fe­ner Steu­er­fra­gen (ein­schließlich Aus­wir­kun­gen des Un­ter­neh­mens­ver­kaufs) und Rechts­fra­gen.

Im Übri­gen gilt, ein of­fe­ner und fai­rer In­for­ma­ti­ons­tausch zwi­schen Verkäufer und Käufer kann den Ver­kaufs­pro­zess er­heb­lich be­schleu­ni­gen, da­mit be­reits eine er­ste Grund­lage für eine er­folg­rei­che Trans­ak­tion ge­legt wird.

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