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Steuerberatung

Lieferung von Pflanzen als unselbstständige Nebenleistung zu Anwachsgarantieleistung

FG Münster 1.12.2016, 5 K 1145/16 U

Das Lie­fern von Pflan­zen und das Ein­pflan­zen bil­det re­gelmäßig keine un­trenn­bare wirt­schaft­li­che Ein­heit. Nur wenn der Un­ter­neh­mer ne­ben der Pflan­zen­lie­fe­rung wei­tere Dienst­leis­tun­gen er­bringt, die der Ge­samt­leis­tung das Gepräge ge­ben, han­delt es sich um eine ein­heit­li­che sons­tige Leis­tung.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war im Streit­jahr 2010 um­satz­steu­er­li­cher Or­ganträger ei­ner GmbH, die Gar­ten- und Land­schafts­bau be­treibt. Diese schloss erst­mals im Mai 2009 einen Ver­trag mit der G-GmbH (im Fol­gen­den: G), wo­durch die GmbH be­auf­tragt wurde, für ein Bau­vor­ha­ben sämt­li­che Bau­leis­tun­gen des Ge­wer­kes Gar­ten- und Land­schafts­bau durch­zuführen. Als Pau­schal­vergütung wa­ren netto rd. 730.000 € zzgl. Um­satz­steuer i.H.v. rd. 139.000 € ver­ein­bart. In dem in Be­zug ge­nom­me­nen Auf­trags­leis­tungs­ver­zeich­nis war u.a. ge­re­gelt: "Wich­tig: Die neu ge­lie­fer­ten Pflan­zen wer­den vom Bau­her­ren zur Verfügung ge­stellt, der AN erhält 15 % der Pflan­zen­lie­fer­summe vom Lie­fe­ran­ten. Der AN über­nimmt da­mit dem Bau­her­ren ge­genüber die Gewähr­leis­tung für das An- und Wei­ter­wach­sen der Pflan­zen."

Im Au­gust 2009 gab die Firma M ein An­ge­bot zur Lie­fe­rung von Pflan­zen an die G ab. Im De­zem­ber 2009 bot die GmbH der G gemäß dem An­ge­bot der Firma M die Pflan­zen­lie­fe­rung an. Kurz dar­auf schlos­sen die GmbH und die G eine Ver­trags­ergänzung zum Bau­ver­trag von Mai 2009. Darin wurde als ge­son­derte und/oder zusätz­li­che Leis­tung der GmbH u.a. das "Lie­fern und Ein­set­zen der Pflan­zen, inkl. An­wachs­ga­ran­tie gemäß geprüftem An­ge­bot ab­zgl. 3 % ver­ein­bar­ter Nach­lass gemäß An­ge­bot Firma M" ver­ein­bart. Der Net­to­preis dafür be­trug rd. 100.000 €. Die GmbH gab im Juni 2010 ein An­ge­bot zur Lie­fe­rung wei­te­rer Pflan­zen an die G ab. Sämt­li­che Pflan­zen er­warb die GmbH bei der Firma M. Diese gewährte der GmbH einen Nach­lass von 15 % für die Über­nahme der Gewähr­leis­tung und für das An- und Wei­ter­wach­sen der Pflan­zen.

Die Lie­fe­run­gen der Pflan­zen durch die GmbH an die G er­folg­ten im We­sent­li­chen im Streit­jahr 2010. Mit Schluss­rech­nung von April 2011 an die G rech­nete die GmbH ihre Leis­tun­gen i.H.v. ins­ge­samt netto rd. 1,13 Mio. € ab. Auf die Pflan­zen­lie­fe­run­gen ent­fie­len netto rd. 130.000 €, für die die GmbH Um­satz­steuer zu 7 % auf­schlug. Für die übri­gen Leis­tun­gen be­rech­nete die GmbH Um­satz­steuer zu 19 %. Der Kläger be­han­delte die streit­be­fan­gene Pflan­zen­lie­fe­rung an G in sei­ner Um­satz­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2010 als eine dem ermäßig­ten Steu­er­satz un­ter­lie­gende Leis­tung. Das Fi­nanz­amt ver­trat dem­ge­genüber die Auf­fas­sung, die Pflan­zen­lie­fe­run­gen seien als Be­stand­teil ei­ner ein­heit­li­chen Leis­tung dem Re­gel­steu­er­satz zu un­ter­wer­fen.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Zwi­schen dem Kläger und der GmbH liegt un­strei­tig eine um­satz­steu­er­li­che Or­gan­schaft vor, so dass die Umsätze der GmbH gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 UStG dem Kläger zu­zu­rech­nen sind. Die streit­be­fan­ge­nen Pflan­zen­lie­fe­run­gen sind ermäßigt zu be­steu­ern (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Anl. 2 Nr. 6-9, in der für das Streit­jahr gel­ten­den Fas­sung, im Fol­gen­den: UStG). Die Pflan­zen­lie­fe­run­gen und die sons­ti­gen von der GmbH aus­geführ­ten gar­ten­bau­li­chen Ar­bei­ten stel­len keine ein­heit­li­che Leis­tung dar.

Nach der jünge­ren BFH-Recht­spre­chung ist grundsätz­lich je­der Um­satz als ei­genständige, selbstständige Leis­tung zu be­trach­ten. Al­ler­dings darf eine wirt­schaft­lich ein­heit­li­che Leis­tung im In­ter­esse ei­nes funk­tio­nie­ren­den Mehr­wert­steu­er­sys­tems nicht künst­lich auf­ge­spal­ten wer­den. Das Lie­fern von Pflan­zen und das Ein­pflan­zen bil­det re­gelmäßig keine un­trenn­bare wirt­schaft­li­che Ein­heit, viel­mehr können diese Leis­tun­gen ge­trennt von­ein­an­der durch­geführt wer­den. Nur wenn der Un­ter­neh­mer ne­ben der Pflan­zen­lie­fe­rung wei­tere Dienst­leis­tun­gen er­bringt (z.B. Pla­nungs­leis­tun­gen, Grab­pfle­ge­leis­tun­gen), die das Lie­fe­rungs­ele­ment qua­li­ta­tiv über­wie­gen und der Ge­samt­leis­tung das Gepräge ge­ben, han­delt es sich um eine ein­heit­li­che sons­tige Leis­tung, die dem Re­gel­steu­er­satz un­ter­liegt.

Da­nach liegt im Streit­fall keine ein­heit­li­che sons­tige Leis­tung vor. Es fehlt schon am Merk­mal der Ein­heit­lich­keit, denn die gar­ten­bau­li­chen Ar­bei­ten und die Pflan­zen­lie­fe­run­gen sind in ge­trenn­ten Verträgen und zeit­ver­setzt ver­ein­bart und durch­geführt wor­den. An­ders als bei Grab­pfle­ge­leis­tun­gen oder bei der Er­stel­lung ei­ner Gar­ten­an­lage hatte der Leis­tungs­empfänger (G) im Streit­fall zunächst kein In­ter­esse, von der GmbH ein Ge­samt­leis­tungs­pa­ket zu er­hal­ten.

Die GmbH sollte nach den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen zunächst aus­schließlich die gar­ten­bau­li­chen Ar­bei­ten ohne Pflan­zen­lie­fe­rung durchführen. Erst ca. sechs Mo­nate nach Ab­schluss des Bau­ver­trags ka­men die GmbH und die G übe­rein, dass die Pflan­zen­lie­fe­run­gen auch von der GmbH aus­geführt wer­den soll­ten. Diese Pflan­zen­lie­fe­run­gen soll­ten ur­sprüng­lich von der Firma M an die G er­fol­gen. Wenn es bei die­sem Lie­fer­verhält­nis ge­blie­ben wäre, bestünden keine Zwei­fel am ermäßig­ten Steu­er­satz der Pflan­zen­lie­fe­rung. Der Um­stand, dass nun­mehr die GmbH an­statt der Firma M die Pflan­zen­lie­fe­run­gen durch­geführt hat, kann am steu­er­li­chen Cha­rak­ter der Leis­tung nichts ändern.

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