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Kindergeld: Studium kein Bestandteil einer einheitlichen Erstausbildung

BFH 4.2.2016, III R 14/15

Nimmt ein Kind nach Ab­schluss ei­ner kaufmänni­schen Aus­bil­dung ein Stu­dium auf, wel­ches eine Be­rufstätig­keit vor­aus­setzt, stellt sich das Stu­dium nicht mehr als in­te­gra­ti­ver Be­stand­teil ei­ner ein­heit­li­chen Erst­aus­bil­dung dar. Setzt der zweite Aus­bil­dungs­ab­schnitt eine Be­rufstätig­keit vor­aus oder nimmt das Kind vor Be­ginn der zwei­ten Aus­bil­dung eine Be­rufstätig­keit auf, die nicht nur der zeit­li­chen Überbrückung bis zum Be­ginn der nächs­ten Aus­bil­dung dient, liegt re­gelmäßig man­gels not­wen­di­gen en­gen Zu­sam­men­hangs keine ein­heit­li­che Erst­aus­bil­dung vor.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist Va­ter der im Jahr 1991 ge­bo­re­nen Toch­ter (J). J schloss im Ja­nuar 2014 im An­schluss an das Ab­itur eine Aus­bil­dung zur Kauf­frau im Ge­sund­heits­we­sen er­folg­reich ab. An­schließend ar­bei­tete sie als An­ge­stellte bei der Kli­nik M. Zunächst be­warb sich J nach dem Vor­brin­gen des Klägers im Mai 2014 zum Win­ter­se­mes­ter 2014/2015 an der Hoch­schule K, da sie eine Tätig­keit im mitt­le­ren Ma­nage­ment im Ge­sund­heits­we­sen an­strebte. Nach­dem ihr Ar­beit­ge­ber ihr an­bot, ein be­rufs­be­glei­ten­des Stu­dium an der Ver­wal­tungs­aka­de­mie (VWA) zu ab­sol­vie­ren, be­warb sie sich dort zum nächstmögli­chen Stu­di­en­be­ginn.

Im Sep­tem­ber 2014 be­gann J be­rufs­be­glei­tend ein Stu­dium an der VWA mit der Fach­rich­tung "Be­triebs­wirt (VWA)". Sie re­du­zierte die Ar­beits­zeit auf 30 Wo­chen­stun­den. Für die­sen Stu­di­en­gang wa­ren eine kaufmänni­sche Be­rufs­aus­bil­dung und eine einjährige Be­rufstätig­keit Vor­aus­set­zung. Ob­wohl J die Vor­aus­set­zung für die einjährige Be­rufs­zeit noch nicht erfüllte, wurde sie zunächst aus­nahms­weise vorläufig im­ma­tri­ku­liert. Die be­klagte Fa­mi­li­en­kasse hob die Kin­der­geld­fest­set­zung für J ab Juli 2014 auf. Sie ver­trat die Auf­fas­sung, dass J mit der Ab­schlussprüfung im Ge­sund­heits­we­sen eine ab­ge­schlos­sene Aus­bil­dung i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG habe.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion des Klägers hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass dem Kläger kein Kin­der­geld­an­spruch für den Zeit­raum ab Juli 2014 zu­steht.

Nach Ab­schluss ei­ner erst­ma­li­gen Be­rufs­aus­bil­dung oder ei­nes Erst­stu­di­ums wird ein Kind zwi­schen 18 und 25 Jah­ren, das sich in ei­ner zwei­ten oder wei­te­ren Aus­bil­dung be­fin­det, nur berück­sich­tigt, wenn es kei­ner Er­werbstätig­keit nach­geht. Eine Er­werbstätig­keit mit bis zu 20 Stun­den re­gelmäßiger wöchent­li­cher Ar­beits­zeit, ein Aus­bil­dungs­dienst­verhält­nis oder ein ge­ringfügi­ges Be­schäfti­gungs­verhält­nis sind un­schädlich (§ 32 Abs. 4 S. 2 und 3 EStG). Da J vor­lie­gend die zulässige Wo­chen­ar­beits­grenze über­schrit­ten hat, kam der Frage, ob es sich bei dem be­rufs­be­glei­ten­den Stu­dium um eine Erst- oder Zweit­aus­bil­dung han­delte, ent­schei­dungs­er­heb­li­che Be­deu­tung zu.

Der BFH bestätigte das kin­der­geld­schädli­che Vor­lie­gen ei­ner Zweit­aus­bil­dung. Zwar gilt nach der Recht­spre­chung des BFH ein ers­ter be­rufs­qua­li­fi­zie­ren­der Ab­schluss nicht als Erst­aus­bil­dung, wenn sich die­ser Ab­schluss als in­te­gra­ti­ver Be­stand­teil ei­nes ein­heit­li­chen Aus­bil­dungs­gangs dar­stellt. Das hatte der BFH be­reits zur Prüfung als Steu­er­fach­an­ge­stell­ter im Rah­men ei­nes dua­len Ba­che­lor­stu­di­ums im Steu­er­recht, zur Prüfung als Fach­in­for­ma­ti­ke­rin im Rah­men ei­ner dua­len Aus­bil­dung zum Ba­che­lor in Wirt­schafts­in­for­ma­tik so­wie zum Ba­che­lor-Ab­schluss im Rah­men ei­nes Mas­ter­stu­di­ums ent­schie­den.

Eine sol­che ein­heit­li­che Erst­aus­bil­dung liegt je­doch - so auch im Streit­fall - man­gels not­wen­di­gen en­gen Zu­sam­men­hangs re­gelmäßig nicht mehr vor, wenn der zweite Aus­bil­dungs­ab­schnitt eine Be­rufstätig­keit vor­aus­setzt. Ist Be­din­gung für ein be­rufs­be­glei­ten­des Stu­dium an ei­ner Ver­wal­tungs­aka­de­mie eine be­rufs­prak­ti­sche Er­fah­rung von re­gelmäßig einem Jahr, han­delt es sich um einen die be­ruf­li­che Er­fah­rung berück­sich­ti­gen­den Wei­ter­bil­dungs­stu­di­en­gang und da­mit um eine Zweit­aus­bil­dung.

Link­hin­weis:

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