Der Sachverhalt:
Die klagende GmbH verfügte zum 31.12.2008 über eine freie Kapitalrücklage i.H.v. 25.565 €. Am 27.11.2009 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin, dass die Kapitalrücklage aufgelöst und an den alleinigen Gesellschafter zurückgezahlt werden solle. In der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos, die Ende Juli 2010 beim Finanzamt einging, war der Kontensaldo allerdings unverändert mit 25.565 € angegeben.
Das Finanzamt lehnte die Änderung ab. Gem. § 27 Abs. 1 S. 3 KStG komme ein Direktzugriff auf das Einlagekonto grundsätzlich nicht mehr in Betracht. Angesichts der in § 27 Abs. 5 S. 3 KStG geregelten Verwendungsfortschreibung trete eine Verringerung aufgrund einer nachträglichen Steuerbescheinigung nicht mehr ein. Da die Klägerin der Aufforderung zur Abgabe einer Kapitalertragsteueranmeldung nicht nachkam, wurde ein Haftungsbescheid gem. § 44 Abs. 5 EStG gegen sie erlassen.
Das FG wies die Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die beim BFH anhängige Revision wird dort unter dem Az. I R 3/14 geführt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Änderung des Feststellungsbescheides zu Recht abgelehnt, weil die Anforderungen, die § 27 KStG in der für das Streitjahr 2009 geltenden Fassung für die steuerliche Anerkennung einer Kapitalrückzahlung als Leistung aus dem Einlagekonto stellt, nicht erfüllt sind.
Dem steht die Fiktionswirkung des § 27 Abs. 5 S. 2 KStG entgegen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die von der Klägerin vorgelegte Steuerbescheinigung bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Feststellungsbescheides vom 9.9.2010 erstellt worden ist. Der Gesellschafterbeschluss vom 27.11.2009 kann schon deshalb nicht als "rechtzeitige" Steuerbescheinigung angesehen werden, weil er keine Angaben über Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto enthält.
Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass der Feststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Denn das Gesetz stellt ausdrücklich nicht auf den Gesichtspunkt der Bestandskraft ab. Da der Gesetzgeber insofern eine zielgerichtete Änderung der bis 2005 geltenden Rechtslage vorgenommen hat, kommt eine andere Sichtweise auch nicht im Wege der Auslegung und/oder teleologischen Reduktion bzw. auf der Grundlage sachlicher Billigkeitsmaßnahmen in Betracht; etwaige Härten hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen.
Die Fiktionswirkung des § 27 Abs. 5 S. 2 KStG steht auch einer auf § 129 AO gestützten Änderung entgegen, die die Klägerin ebenfalls geltend gemacht hatte. Schließlich verstößt § 27 Abs. 5 S. 2 KStG nicht gegen höherrangiges Recht. Der Gesetzgeber überschreitet seine Gestaltungskompetenz jedenfalls dann nicht, wenn er im Interesse der rechtssicheren Bearbeitung von Steuerfällen zwar mit Fiktionen und materiellrechtlich wirkenden Ausschlussfristen arbeitet, die Einhaltung der Gesetzesvorgaben bei Anwendung zumutbarer Sorgfalt aber ohne weiteres möglich ist.
So liegt es hier, denn die Klägerin hatte vom Tag der Beschlussfassung Ende November 2009 bis zum Ergehen des Feststellungsbescheides Anfang September 2010 Zeit, die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen. Eine Aufhebung des Haftungsbescheides kommt wegen der Bindungswirkung des Feststellungsbescheides nicht in Betracht, angesichts derer von einer steuerpflichtigen Ausschüttung auszugehen ist.
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