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Kein Zufluss bei Gutschrift auf dem Zeitwertkonto eines Fremd-Geschäftsführers

FG Köln 26.4.2016, 1 K 1191/12

Auch eine Gut­schrift in den Büchern des Ver­pflich­te­ten kann einen Zu­fluss be­wir­ken, wenn in der Gut­schrift nicht nur das buchmäßige Fest­hal­ten ei­ner Schuld­buch­ver­pflich­tung zu se­hen ist, son­dern darüber hin­aus zum Aus­druck kommt, dass der Be­trag dem Be­rech­tig­ten von nun an zur Verfügung steht. Der Gläubi­ger muss al­ler­dings in der Lage sein, den Leis­tungs­er­folg ohne wei­te­res Zu­tun des im Übri­gen leis­tungs­be­rei­ten und leis­tungsfähi­gen Schuld­ners her­bei­zuführen.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist seit 1992 Ge­schäftsführer ei­ner GmbH, an der er keine An­teile hält. An­fang 2007 hatte die GmbH den mit dem Kläger ge­schlos­se­nen Dienst­ver­trag um eine "Ver­ein­ba­rung zur An­samm­lung von Wert­gut­ha­ben zur Fi­nan­zie­rung ei­nes vor­zei­ti­gen Ru­he­stan­des" er­wei­tert und in die­sem Zu­sam­men­hang ein sog. Zeit­wert­konto für den Kläger ein­ge­rich­tet.

Im Au­gust 2007 schloss die GmbH zur Fi­nan­zie­rung der Ent­gelte für die spätere Frei­stel­lung eine Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung über mo­nat­li­che Zah­lun­gen von 6.000 €, eine jähr­li­che Zah­lung von 13.000 € und eine Ein­mal­zah­lung von 36.000 € ab. Lohn­be­stand­teile, auf de­ren Aus­zah­lung der Kläger im Rah­men der Ver­ein­ba­rung mit der GmbH ver­zich­tet hatte, wur­den erst­mals ab Au­gust 2007 vom Lohn­konto auf das Konto der Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung ge­zahlt. Ver­si­che­rungs­neh­mer und Be­zugs­be­rech­tig­ter aus der Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung ist die GmbH. In 2007 wur­den Verpfändungs­ver­ein­ba­run­gen für die je­wei­li­gen Beträge ab­ge­schlos­sen.

Die Ein­zah­lun­gen auf das Wert­gut­ha­ben be­han­del­ten alle Be­tei­lig­ten bis Ja­nuar 2009 steu­er­frei. In­folge ei­ner Außenprüfung bei der GmbH kam der Prüfer zu der Auf­fas­sung, dass bei Ge­schäftsführern ei­ner GmbH Zeit­wert­kon­ten steu­er­lich ab 2009 nicht mehr an­er­kannt wer­den könn­ten, da die Frei­stel­lung von der Ar­beits­leis­tung bei fort­be­ste­hen­der Or­gan­stel­lung dem Auf­ga­ben­bild des Or­gans ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft wi­der­spre­che. In­fol­ge­des­sen setzte das Fi­nanz­amt mit Nach­for­de­rungs­be­scheid ge­gen den Kläger Lohn­steuer und So­li­da­ritätszu­schlag i.H.v. 4.367 € fest. Mit wei­te­rem Nach­for­de­rungs­be­scheid wurde bis­lang nicht berück­sich­tigte Kir­chen­steuer i.H.v. 810 € fest­ge­setzt.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che und zur Fort­bil­dung des Rechts die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2010 wird da­hin­ge­hend geändert, dass die Einkünfte des Klägers aus nicht­selbständi­ger Ar­beit um 85.000 € ge­min­dert wer­den.

Die im Streit­jahr auf dem Zeit­wert­konto ein­ge­stell­ten Lohn­beträge des Klägers sind ihm im Streit­jahr nicht zu­ge­flos­sen. Ein­nah­men und da­mit auch Ar­beits­lohn sind zu­ge­flos­sen, wenn und so­bald der Steu­er­pflich­tige wirt­schaft­lich darüber verfügen kann. Das ist re­gelmäßig der Fall, wenn die Ein­nah­men bar aus­ge­zahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kre­dit­in­sti­tut gut­ge­schrie­ben wer­den. Auch eine Gut­schrift in den Büchern des Ver­pflich­te­ten kann einen Zu­fluss be­wir­ken, wenn in der Gut­schrift nicht nur das buchmäßige Fest­hal­ten ei­ner Schuld­buch­ver­pflich­tung zu se­hen ist, son­dern darüber hin­aus zum Aus­druck kommt, dass der Be­trag dem Be­rech­tig­ten von nun an zur Verfügung steht. Der Gläubi­ger muss al­ler­dings in der Lage sein, den Leis­tungs­er­folg ohne wei­te­res Zu­tun des im Übri­gen leis­tungs­be­rei­ten und leis­tungsfähi­gen Schuld­ners her­bei­zuführen. In­diz dafür, wer über das Wirt­schafts­gut verfügen kann, ist es, in wes­sen In­ter­esse es liegt, den Be­trag gut­zu­schrei­ben statt aus­zu­zah­len.

Dem Kläger war in dem ver­wirk­lich­ten Zeit­wert­kon­ten­mo­dell-Mo­dell mit den Wert­gut­schrif­ten grundsätz­lich kein Ar­beits­lohn zu­ge­flos­sen. Es er­folg­ten in­so­weit we­der Bar­aus­zah­lun­gen noch Gut­schrif­ten auf sei­nen Kon­ten bei einem Kre­dit­in­sti­tut. Die Beträge wur­den in die Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung ein­ge­zahlt. Ver­si­che­rungs­neh­mer war die GmbH. Ge­genüber der Ver­si­che­rung hatte der Kläger zunächst kei­nen An­spruch auf Aus­zah­lung der Ver­si­che­rungs­summe, er konnte über die ein­ge­zahl­ten Beträge zunächst wirt­schaft­lich nicht verfügen. Dies war erst in der Frei­stel­lungs­phase möglich, so dass auch erst in der Frei­stel­lungs­phase ein Zu­fluss an­zu­neh­men war.

Die Verpfändung der An­sprüche aus der Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung diente le­dig­lich der Ab­si­che­rung des Klägers, änderte aber nichts an der feh­len­den wirt­schaft­li­chen Verfügungs­macht vor Ein­tritt der Frei­stel­lungs­phase. So­weit der Be­klagte seine an­der­wei­tige Rechts­auf­fas­sung mit der Or­gan­stel­lung ei­nes GmbH-Ge­schäftsführers begründet hatte, konnte dies nicht zu ei­ner von § 11 Abs. 2 EStG ab­wei­chen­den Zu­fluss­fik­tion führen. Der Kläger ist Fremd­ge­schäftsführer, also an der GmbH nicht be­tei­ligt, so dass die Recht­spre­chung des BFH zum Zu­fluss von Ge­winn­aus­schüttun­gen und an­de­ren un­be­strit­te­nen For­de­run­gen bei be­herr­schen­den Ge­sell­schaf­tern bzw. Ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführern hier nicht grei­fen konnte.

Un­er­heb­lich war, ob die Ver­ein­ba­rung ge­sell­schafts­recht­lich un­wirk­sam war und der Kläger mögli­cher­weise An­sprüche auf Rück­zah­lung der in die Ver­si­che­rung ein­be­zahl­ten Beträge hatte. Je­den­falls wa­ren sol­che Rück­zah­lungs­an­sprüche im Streit­jahr dem Kläger nicht zu­ge­flos­sen, so dass auch in die­ser Hin­sicht kein Ar­beits­lohn an­zu­set­zen war.

Link­hin­weis:

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