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Steuerberatung

Kein Vorsteuerabzug aus Kaufvertrag bei Geschäftsveräußerung im Ganzen

BFH 29.8.2018, XI R 37/17

Die Über­tra­gung des In­ven­tars ei­ner Gaststätte ist auch dann eine nicht der Um­satz­steuer un­ter­lie­gende Ge­schäfts­veräußerung, wenn der Er­wer­ber mit dem über­tra­ge­nen In­ven­tar die Gaststätte dau­er­haft fortführen kann und selbst über die zur Fortführung der Tätig­keit er­for­der­li­che Im­mo­bi­lie verfügt, weil er diese von einem Drit­ten ge­pach­tet hat. Die Nut­zungsüber­las­sung der Im­mo­bi­lie darf auch durch einen Drit­ten er­fol­gen, ohne dass es dar­auf ankäme, wel­che Ver­ein­ba­rung zu­erst ge­trof­fen wurde.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger hat im Frühjahr 2015 einen Gas­tro­no­mie­be­trieb X von C. über­nom­men. Die­ser hatte den Gas­tro­no­mie­be­trieb seit Juli 2012 be­trie­ben. Der Gas­tro­no­mie­be­trieb X selbst exis­tiert we­sent­lich länger ("Jahr­zehnte"). Der C. be­trieb ne­ben dem Gas­tro­no­mie­be­trieb X auch noch eine Piz­ze­ria in der glei­chen Stadt. Der Kläger schloss im Ja­nuar 2015 einen Miet­ver­trag mit der Ver­mie­te­rin ab März 2015 über die Räum­lich­kei­ten im Erd­ge­schoss und Kel­ler des Gebäudes, in de­nen sich der Gas­tro­no­mie­be­trieb X be­fand. Der Ori­gi­nal­miet­ver­trag zwi­schen der Ver­mie­te­rin und C. war die­sem Miet­ver­trag als An­lage bei­gefügt. An­schließend er­warb der Kläger im Fe­bruar 2015 von C. "das In­ven­tar des Gas­tro­no­mie­be­triebs X samt Wa­ren­ein­gang i.H.v. 5.164 €. Der Kauf­preis be­trug 40.000 € zzgl. 7.600 € Um­satz­steuer.

In sei­ner Um­satz­steu­er­vor­an­mel­dung für den Mo­nat März 2015 machte der Kläger u.a. die im Kauf­ver­trag aus­ge­wie­sene Um­satz­steuer als Vor­steuer gel­tend. Das Fi­nanz­amt for­derte hierzu Nach­weise an. Der Kläger reichte dar­auf­hin einen geänder­ten Kauf­ver­trag ein, in dem (zusätz­lich zum ur­sprüng­li­chen Ver­trag) die Steu­er­num­mer des C, eine Rech­nungs­num­mer und ein Lie­fer­da­tum ent­hal­ten wa­ren. Das Fi­nanz­amt ließ im Um­satz­steuer-Vor­aus­zah­lungs­be­scheid für den Mo­nat März 2015 den­noch die gel­tend ge­machte Vor­steuer i.H.v. 7.600 € nicht zum Ab­zug zu, da eine Ge­schäfts­veräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG vor­liege.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auch die Re­vi­sion des Klägers vor dem BFH blieb er­folg­los.

Gründe:

Das FG hat dem Kläger den Vor­steu­er­ab­zug zu Recht ver­sagt. Die von C. ge­son­dert aus­ge­wie­sene Um­satz­steuer, für die der Kläger den Vor­steu­er­ab­zug be­gehrt, wird nicht ge­setz­lich ge­schul­det; denn das FG hat in re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­der Weise das Vor­lie­gen ei­ner Ge­schäfts-veräußerung be­jaht.

Der Tat­be­stand der Ge­schäfts­veräußerung er­fasst die Über­tra­gung von Ge­schäfts­be­trie­ben und von selbständi­gen Un­ter­neh­mens­tei­len, die als Zu­sam­men­fas­sung ma­te­ri­el­ler und im­ma­te­ri­el­ler Be­stand­teile ein Un­ter­neh­men oder einen Un­ter­neh­mens­teil bil­den, mit dem eine selbständige wirt­schaft­li­che Tätig­keit fort­geführt wer­den kann. Ob das über­tra­gene Un­ter­neh­mens­vermögen als hin­rei­chen­des Gan­zes die Ausübung ei­ner wirt­schaft­li­chen Tätig­keit ermöglicht, und ob die vor und nach der Über­tra­gung ausgeübten Tätig­kei­ten übe­rein­stim­men oder sich hin­rei­chend ähneln, ist von den na­tio­na­len Ge­rich­ten im Rah­men ei­ner Ge­samtwürdi­gung zu ent­schei­den. Da­bei ist der Art der wirt­schaft­li­chen Tätig­keit, de­ren Fortführung ge­plant ist, be­son­dere Be­deu­tung zu­zu­mes­sen.

Ge­mes­sen daran hat das FG den Streit­fall in re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­der Weise da­hin ge­hend gewürdigt, dass das über­tra­gene In­ven­tar ein Teil­vermögen (= ein in der Glie­de­rung ei­nes Un­ter­neh­mens ge­son­dert geführ­ter Be­trieb) ist. Die Über­tra­gung des In­ven­tars ei­ner Gaststätte ist auch dann eine nicht der Um­satz­steuer un­ter­lie­gende Ge­schäfts­veräußerung, wenn der Er­wer­ber mit dem über­tra­ge­nen In­ven­tar die Gaststätte dau­er­haft fortführen kann und selbst über die zur Fortführung der Tätig­keit er­for­der­li­che Im­mo­bi­lie verfügt, weil er diese von einem Drit­ten ge­pach­tet hat. Die Nut­zungsüber­las­sung der Im­mo­bi­lie darf auch durch einen Drit­ten er­fol­gen, ohne dass es dar­auf ankäme, wel­che Ver­ein­ba­rung zu­erst ge­trof­fen wurde. We­der das FG noch der er­ken­nende Se­nat wei­chen da­mit vom EuGH-Ur­teil vom 10.11.2011 (Schrie­ver, Rs. C-444/10) ab.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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