Mit seinem Urteil vom 17.12.2015 (Rs. C-388/14, Timac Agro Deutschland, DStR 2016, S. 28) änderte der EuGH seine Rechtsprechung zum Abzug von Verlusten einer ausländischen Betriebsstätte. Bislang vertrat der EuGH die Auffassung, dass durch den Ausschluss der Berücksichtigung von Betriebsstättenverlusten im EU-Ausland die Niederlassungsfreiheit beschränkt wird. Diese Beschränkung konnte zwar grundsätzlich gerechtfertigt werden. Daran fehlte es aber, sofern und soweit die Verluste im Quellenstaat nachweislich steuerlich unter keinen Umständen anderweitig verwertbar waren. Somit sah der EuGH die Berücksichtigung sog. finaler Verluste einer EU-Betriebsstätte im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses für erforderlich an (z. B. EuGH-Urteil vom 15.5.2008, Rs. C-414/06, Lidl Belgium, BStBl. II 2009, S. 692).
In seinem Urteil zur Rechtssache Timac Agro verneint der EuGH nun jedoch bereits einen Verstoß gegen das Verbot der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Da im Fall der abkommensrechtlichen Freistellung der ausländischen Betriebsstätteneinkünfte dem Sitzstaat keine Besteuerungsbefugnis zukommt, mangelt es nach Ansicht des EuGH bereits tatbestandlich an der Vergleichbarkeit mit der Behandlung reiner Inlandsfälle. Auf eine etwaige Rechtfertigung einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit kommt es somit nicht mehr an.
Der BFH folgt mit Urteil vom 22.2.2017 (Az. I R 2/15, DStR 2017, S. 1145) der geänderten Rechtsprechung des EuGH. Ist in dem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen die Freistellung der ausländischen Betriebsstätteneinkünfte im Inland vorgesehen, ist für einen Abzug des Verlustes der ausländischen Betriebsstätte als Betriebsausgabe im Inland weder einfachrechtlich noch - bei Vorliegen finaler Verluste - aus Gründen des Unionsrechts eine Rechtsgrundlage gegeben.
Hinweis
Der BFH hat zwar zugestanden, dass die aus dem EuGH-Urteil zu ziehenden Rechtsfolgen umstritten sind, er sieht jedoch explizit davon ab, die Rechtsfrage (nochmals) dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Damit ist davon auszugehen, dass im Falle der abkommensrechtlichen Freistellung von Betriebsstätteneinkünften ausländische Betriebsstättenverluste im Inland auch nicht mehr in Ausnahmefällen Berücksichtigung finden.