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Irreführende Rechtsbehelfsbelehrungen der Familienkassen setzen Einspruchsfristen nicht in Gang

FG Münster 9.1.2014, 3 K 742/13 Kg, AO u.a.

Eine von den Fa­mi­li­en­kas­sen viel­fach ver­wen­dete Rechts­be­helfs­be­leh­rung ist ir­reführend und setzt des­halb die Ein­spruchs­frist von einem Mo­nat nicht in Gang. Ein Ein­spruch kann in einem sol­chen Fall in­ner­halb ei­ner Frist von einem Jahr seit Be­kannt­gabe des Be­schei­des ein­ge­legt wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger er­hielt für sei­nen Sohn Kin­der­geld, so auch für den Zeit­raum No­vem­ber 2008 bis De­zem­ber 2010. Im Au­gust 2007 hatte der Sohn eine Aus­bil­dung als Elek­tro­ni­ker be­gon­nen. Im März 2011 hob die Fa­mi­li­en­kasse die Fest­set­zung des Kin­der­gel­des für den Zeit­raum No­vem­ber 2008 bis De­zem­ber 2010 auf, da der Kläger trotz Auf­for­de­rung kei­nen Nach­weis über das Ende der Aus­bil­dung oder über eine daran an­schließende Aus­bil­dung vor­ge­legt habe. Sie for­derte vom Kläger das Kin­der­geld i.H.v. 5.484 € zurück.

Der Be­scheid ent­hielt eine Rechts­be­helfs­be­leh­rung, die den Kläger dar­auf hin­wies, dass er bin­nen ei­nes Mo­nats Ein­spruch ge­gen den Be­scheid ein­le­gen kann. An­gefügt war zu­dem fol­gen­der Hin­weis: "Wenn Sie mit der oben auf­geführ­ten For­de­rung grundsätz­lich nicht ein­ver­stan­den sind, wen­den Sie sich bitte an Ihre zuständige Fa­mi­li­en­kasse. Bei Fra­gen zur Rück­zah­lung wen­den Sie sich bitte un­verzüglich an das re­gio­nale For­de­rungs­ma­nage­ment ...".

Der Kläger mel­dete sich erst im Au­gust 2011 bei der Fa­mi­li­en­kasse, nach­dem er eine Mah­nung er­hal­ten hatte. Die Fa­mi­li­en­kasse war der An­sicht, der Ein­spruch des Klägers sei verspätet und da­mit un­zulässig. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt.

Die Gründe:
Die Rechts­be­helfs­be­leh­rung der Fa­mi­li­en­kasse war ir­reführend und der Be­scheid in­fol­ge­des­sen auf­zu­he­ben.

Die ergänzen­den Hin­weise in un­mit­tel­ba­rem An­schluss an die Rechts­be­helfs­be­leh­rung führ­ten zur Mehr­deu­tig­keit der Be­leh­rung selbst. Hier­durch wurde die Möglich­keit des Klägers, den In­halt der Be­leh­rung rich­tig zu ver­ste­hen und recht­zei­tig in­ner­halb der Mo­nats­frist Ein­spruch ein­zu­le­gen, be­einträch­tigt. Schließlich ver­kehrte die Ergänzung die zu­vor er­teilte Rechts­be­helfs­be­leh­rung in ihr Ge­gen­teil. Die Be­leh­rung war mit­hin feh­ler­haft und der Ein­spruch gem. § 356 Abs. 2 AO in­ner­halb ei­nes Jah­res seit Be­kannt­gabe des Be­schei­des zulässig.

Hin­ter­grund:
Auch eine wei­tere Ent­schei­dung des 3. Se­na­tes vom glei­chen Tag (Az.: 3 K 3794/13 Kg) be­traf die Rechte der Kin­der­geld­be­rech­tig­ten. Der Se­nat stellte in die­sem Fall klar, dass die Fa­mi­li­en­kasse vor ei­ner Ent­schei­dung über einen Ein­spruch, den sie we­gen Verspätung für un­zulässig hält, recht­li­ches Gehör gewähren muss. Schließlich muss dem Be­trof­fe­nen die Möglich­keit ge­ben wer­den, die Frist­be­rech­nung zu überprüfen bzw. einen An­trag auf Wie­der­ein­set­zung in den vo­ri­gen Stand zu stel­len.

In Fällen, in de­nen die Fa­mi­li­en­kas­sen - wie im Streit­fall - den aus ih­rer Sicht verspäte­ten Ein­spruch ohne vor­he­rige Anhörung als un­zulässig ver­wer­fen, ver­stoßen sie ge­gen den An­spruch des Be­trof­fe­nen auf Gewährung recht­li­chen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG. Dies stellt einen we­sent­li­chen Ver­fah­rens­man­gel dar und führt zur Auf­he­bung der Ein­spruchs­ent­schei­dung.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text des Ur­teils ist erhält­lich un­ter www.nrwe.de - Recht­spre­chungs­da­ten­bank des Lan­des NRW.
  • Um di­rekt zu dem Voll­text von Az.: 3 K 742/13 Kg, AO zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
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