Die Finanzkrise im Jahr 2008 hat sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene zu vielfältigen Veränderungen im Bereich der Abschlussprüfung geführt. Dabei wurde auch der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers einer grundlegenden Umgestaltung unterzogen.

Der neue Bestätigungsvermerk soll für seine Adressaten besser verständlich sein und bei PIE (sog. Public Interest Entities, d. h. börsennotierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen) auch die Kernpunkte der Prüfung beschreiben. Damit sollen Missverständnisse über Aufgaben und Inhalt der Abschlussprüfung vermieden und eine internationale Vereinheitlichung der Bestätigungsvermerke erreicht werden.
Hinweis
Bei Unternehmen, die weder kapitalmarktorientiert noch Finanzinstitute sind (Nicht-PIE) sind die neuen Regelungen für Bestätigungsvermerke für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 15.12.2018 enden, bei kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr also erstmals für das Geschäftsjahr 2018.
Für PIE gelten sie bereits für Geschäftsjahre, die nach dem 16.6.2016 begonnen haben.
Die zentralen Aspekte der Umgestaltung des Bestätigungsvermerks sind:
- Stärkere Strukturierung des Bestätigungsvermerks
- Orientierung der Reihenfolge der Informationen am Adressateninteresse
- Detaillierte Beschreibung der Verantwortlichkeiten der Unternehmensorgane und des Abschlussprüfers
- Zusätzliche Angabepflichten für Bestätigungsvermerke zu PIE-Prüfungen
Stärkere Strukturierung des Bestätigungsvermerks
Um die Struktur des Bestätigungsvermerks trotz des deutlich erhöhten Textumfangs besser erkennbar zu machen, wird er in folgende Abschnitte gegliedert, die auch jeweils gesonderte Überschriften erhalten:
- Prüfungsurteile
- Grundlage für die Prüfungsurteile
- Wesentliche Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit (nur bei Bedarf)
- Besonders wichtige Prüfungssachverhalte (nur bei PIE)
- Sonstige Informationen (nur bei Bedarf)
- Verantwortung der gesetzlichen Vertreter und des Beirats für den Jahresabschluss und den Lagebericht
- Verantwortung des Abschlussprüfers für die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts
Orientierung der Reihenfolge der Informationen am Adressateninteresse
Die Struktur des Bestätigungsvermerks ist anders als bisher am Interesse der Adressaten ausgerichtet: Die wichtigsten Informationen stehen vorab.
Insbesondere beginnt der Bestätigungsvermerk mit einer Zusammenfassung der Prüfungsurteile zu Jahresabschluss und Lagebericht. Es handelt sich wie bisher um einen formelhaften Text, so dass das Gesamtergebnis der Prüfung klar zum Ausdruck kommt. Sofern Teile des Lageberichtes nicht inhaltlich geprüft wurden, sind diese hier zu benennen. Der Verzicht auf eine inhaltliche Prüfung ist für solche Teile des Lageberichts möglich, für die der Gesetzgeber dies ausdrücklich zugelassen hat, wie z.B. eine freiwillig in den Lagebericht aufgenommene Erklärung zur Frauenquote. Sofern die sonstigen Informationen wesentliche Unstimmigkeiten zum Jahresabschluss oder zum Lagebericht enthalten, ist darüber im Bestätigungsvermerk zu berichten.
Nach einem kurzen Abschnitt über die Grundlage für die Prüfungsurteile, der im Wesentlichen Aussagen zur Einhaltung von Berufspflichten und Prüfungsstandards enthält, folgt der Abschnitt über wesentliche Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit. Dieser Abschnitt wird nur eingefügt, wenn zwar ein bestandsgefährdendes Risiko vorliegt, dieses aber nicht so groß ist, dass es zur Versagung des Bestätigungsvermerks oder zur Abkehr von der Prämisse der Fortführung der Unternehmenstätigkeit führt. In diesen Fällen ist im Bestätigungsvermerk auf die Ausführungen in Anhang und Lagebericht zu dem bestandsgefährdenden Risiko zu verweisen und festzustellen, dass trotz der Bestandsgefährdung keine Modifikation des Prüfungsurteils erfolgt.
Sofern zusammen mit dem Jahresabschluss sonstige Informationen veröffentlicht werden (z.B. ein Geschäftsbericht oder nicht geprüfte Teile des Lageberichts) sind diese vom Prüfer nicht zu prüfen, aber zu lesen und zu würdigen. Im Bestätigungsvermerk benennt er diese sonstigen Informationen und stellt seine diesbezüglichen Tätigkeiten dar.
Detaillierte Beschreibung der Verantwortlichkeiten der Unternehmensorgane und des Abschlussprüfers
Um Missverständnisse der Adressaten über die Aufgabenverteilung zwischen dem Unternehmen und dem Abschlussprüfer im Jahresabschlussprozess zu vermeiden, wird in zwei gesonderten Abschnitten dargelegt, welche unterschiedliche Verantwortung der Vorstand bzw. die Geschäftsführung, das Aufsichtsorgan und der Abschlussprüfer tragen.
Im Abschnitt über die Verantwortung des Abschlussprüfers wird in Grundzügen erläutert, wie eine Abschlussprüfung geplant und durchgeführt wird, um hinreichende Sicherheit für das Prüfungsurteil zu erlangen. Im Vergleich zum bisherigen Bestätigungsvermerk wird die Verantwortung des Abschlussprüfers deutlich umfangreicher dargestellt. Damit soll dem Entstehen einer Erwartungslücke über den Umfang einer Abschlussprüfung entgegengewirkt werden.
Hinweis
Diese umfangreiche Darstellung kann grundsätzlich auf eine Anlage zum Bestätigungsvermerk oder auf eine Internetseite verlagert werden. In der Praxis scheinen sich diese Möglichkeiten zumindest derzeit aber nicht durchzusetzen.
Zusätzliche Angabepflichten für Bestätigungsvermerke zu PIE-Prüfungen
Ausschließlich bei der Prüfung von PIE berichtet der Abschlussprüfer aus der Gesamtmenge der mit dem Aufsichtsorgan besprochenen Themen über diejenigen Prüfungssachverhalte, denen er bei der Abschlussprüfung die größte Aufmerksamkeit gewidmet hat. Dazu stellt er die aus diesen Sachverhalten resultierenden Risiken für die Rechnungslegung dar und beschreibt, welche Prüfungshandlungen er in dieser Hinsicht unternommen hat.
Darüber hinaus bestehen weitere Detailangabepflichten, die sich aus der EU-Abschlussprüferverordnung ergeben und die hier nicht weiter vertieft werden.