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Steuerberatung

Fristwahrende Einreichung einer Steuererklärung bei unzuständigen Finanzamt

FG Köln 23.5.2017, 1 K 1637/14 u.a.

Der Ein­wurf ei­ner Steu­er­erklärung am letz­ten Tag der An­trags­frist ist auch frist­wah­rend, wenn er bei einem un­zuständi­gen Fi­nanz­amt er­folgt. Eine starre An­wen­dung der Zu­gangs­re­geln für Wil­lens­erklärun­gen würde dem be­son­de­ren öff­ent­li­chen-recht­li­chen Auf­trag der Fi­nanz­ver­wal­tung nicht ge­recht.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger in den bei­den vor­lie­gen­den Ver­fah­ren hat­ten ihre Steu­er­erklärun­gen für 2009 am 31.12.2013 ge­gen 20 Uhr bei einem un­zuständi­gen Fi­nanz­amt ein­ge­wor­fen. Das zuständige Fi­nanz­amt lehnte eine Ver­an­la­gung mit der Begründung ab, dass die Erklärun­gen erst 2014 an die zu­tref­fende Stelle wei­ter­ge­lei­tet wor­den sei. Der An­trag auf Durchführung ei­ner Ver­an­la­gung sei da­mit erst nach Ab­lauf der vierjähri­gen Fest­set­zungs­frist und da­mit verspätet ge­stellt wor­den.

Die Kläger ga­ben an, sie seien da­von aus­ge­gan­gen, dass es keine ent­schei­dende Rolle spiele, bei wel­chem Fi­nanz­amt die Erklärung ein­ge­wor­fen werde, so­lange dies frist­wah­rend noch am 31.12.2013 er­folge. Ih­res Er­ach­tens han­dele es sich bei den bei­den Fi­nanzämtern le­dig­lich um zwei Lie­gen­schaf­ten der Fi­nanz­ver­wal­tung NRW. Dies werde auch da­durch do­ku­men­tiert, dass Brief­um­schläge bei­der Fi­nanzämter le­dig­lich "Fi­nanz­ver­wal­tung NRW" als Ab­sen­der aus­wei­sen.

Das FG gab der ge­gen den Ab­leh­nungs­be­scheid ge­rich­te­ten Klage statt. Al­ler­dings wurde in bei­den Fällen zur Fort­bil­dung des Rechts und zur Wah­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung die Re­vi­sion zu­ge­las­sen. Die Ver­fah­ren wer­den beim BFH un­ter den Az.: VI R 37/17 und VI R 38/17 geführt.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt ist nach § 25 Abs. 1 EStG ver­pflich­tet, die Ver­an­la­gung der Kläger zur Ein­kom­men­steuer 2009 durch­zuführen. Die Kläger hat­ten durch Ein­wer­fen ih­rer Steu­er­erklärung am 31.12.2013 in­ner­halb der Fest­set­zungs­frist wirk­sam Anträge auf Ver­an­la­gung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG ge­stellt, die den Ab­lauf der Fest­set­zungs­frist nach § 171 Abs. 3 AO hemm­ten.

Es ist schließlich ge­setz­lich nicht vor­ge­schrie­ben, dass ein Ver­an­la­gungs­an­trag beim zuständi­gen Fi­nanz­amt ein­ge­hen muss. Zu­dem kann die Fi­nanz­ver­wal­tung einem steu­er­lich un­be­ra­te­nen Bürger nicht die Un­zuständig­keit ei­nes Fi­nanz­amts vor­hal­ten, wenn sie selbst - wie hier - nach außen als ein­heit­li­che Ver­wal­tung auf­tritt. Diese Be­ur­tei­lung ist umso mehr ge­bo­ten, weil auch bei un­ver­schul­de­tem Versäumen der Fest­set­zungs­frist eine Wie­der­ein­set­zung in den vo­ri­gen Stand nach § 110 AO nicht in Be­tracht kommt.

Letzt­lich ging auch der Ein­wurf der Erklärun­gen außer­halb der übli­chen Büro­zei­ten nicht zu Las­ten der Kläger. Denn in­so­weit hat die Fi­nanz­ver­wal­tung einen ge­ne­rel­len Emp­fangs- bzw. Zu­gangs­wil­len. Eine starre An­wen­dung der zi­vil­recht­li­chen Zu­gangs­re­geln für Wil­lens­erklärun­gen (§ 130 BGB) würde dem be­son­de­ren öff­ent­li­chen-recht­li­chen Auf­trag der Fi­nanz­ver­wal­tung nicht ge­recht. Gem. § 85 AO ha­ben die Fi­nanz­behörden die Steu­ern nach Maßgabe der Ge­setze gleichmäßig fest­zu­set­zen und zu er­he­ben. Mit die­sem Grund­satz wäre es nach An­sicht des Se­nats nicht zu ver­ein­ba­ren, wenn bei Ein­gang ei­nes Ver­an­la­gungs­an­tra­ges am letz­ten Tag der Fest­set­zungs­frist eine Ver­an­la­gung in einem an­de­ren Bun­des­land durch­geführt würde, weil dort die Ämter der Fi­nanz­ver­wal­tung geöff­net sind, nicht aber in NRW, weil hier diese Ämter ge­schlos­sen sind.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text des Ur­teils ist erhält­lich un­ter www.nrwe.de-Recht­spre­chungs­da­ten­bank des Lan­des NRW.
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