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Freibetragsregelung trotz Optionsmöglichkeit unionsrechtswidrig

FG Düsseldorf 13.7.2016, 4 K 488/14 Erb

Eine in Großbri­tan­nien le­bende Schen­ke­rin, die hin­sicht­lich ei­nes in Deutsch­land be­le­ge­nen Grundstücks (be­schränkt) schen­kung­steu­er­pflich­tig ist, hat An­spruch auf den­sel­ben Frei­be­trag wie ein Schen­ker, der in Deutsch­land wohnt und des­halb un­be­schränkt steu­er­pflich­tig ist. Das gilt un­ge­ach­tet der Möglich­keit, zur un­be­schränk­ten Steu­er­pflicht zu op­tie­ren.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin und ihre Töchter sind deut­sche Staats­an­gehörige. Sie le­ben in Großbri­tan­nien. Die Kläge­rin war hälf­tige Mit­ei­gentüme­rin ei­nes in Düssel­dorf be­le­ge­nen Grundstücks. Im Sep­tem­ber 2011 hatte sie ih­ren Mit­ei­gen­tums­an­teil auf ihre Töchter über­tra­gen. Im Schen­kungs­ver­trag ver­pflich­tete sie sich, die an­fal­lende Schen­kung­steuer zu über­neh­men. Eine Be­hand­lung der Schen­kung als un­be­schränkt steu­er­pflich­tig war nicht be­an­tragt wor­den.

Das Fi­nanz­amt setzte ge­gen die Kläge­rin Schen­kung­steuer fest. Da­bei berück­sich­tigte es einen Frei­be­trag von je­weils 2.000 €, der nach dem Erb­schaft­steuer- und Schen­kung­steu­er­ge­setz für be­schränkt Steu­er­pflich­tige gilt. Bei un­be­schränk­ter Steu­er­pflicht ist für Schen­kun­gen an Kin­der ein Frei­be­trag von je­weils 400.000 € vor­ge­se­hen.

Der Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Union (EuGH) hatte be­reits in der Ver­gan­gen­heit ent­schie­den, dass die ge­setz­lich vor­ge­se­hene Un­gleich­be­hand­lung von be­schränkt und un­be­schränkt Steu­er­pflich­ti­gen nicht mit der Ka­pi­tal­ver­kehrs­frei­heit zu ver­ein­ba­ren ist. Dar­auf­hin hat der Ge­setz­ge­ber ein Recht ge­schaf­fen, die Be­hand­lung des Er­werbs als un­be­schränkt steu­er­pflich­tig zu be­an­tra­gen.

Der EuGH hat auf Vor­la­ge­be­schluss des FG mit Ur­teil vom 8.6.2016 (Rs. C-479/14) ent­schie­den, dass die Art. 63 und 65 AEUV da­hin aus­zu­le­gen sind, dass sie ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen­ste­hen, wo­nach bei Schen­kun­gen un­ter Ge­biets­frem­den die Steuer un­ter An­wen­dung ei­nes nied­ri­ge­ren Steu­er­frei­be­trags be­rech­net wird, wenn der Er­wer­ber kei­nen spe­zi­fi­schen An­trag stellt. Die Ar­ti­kel ste­hen auch und auf je­den Fall ei­ner na­tio­na­len Re­ge­lung ent­ge­gen, wo­nach die Steuer auf An­trag ei­nes sol­chen Er­wer­bers un­ter An­wen­dung des höheren Frei­be­trags be­rech­net wird, der für Schen­kun­gen un­ter Be­tei­li­gung zu­min­dest ei­nes Ge­biets­ansässi­gen gilt, wo­bei die Wahr­neh­mung die­ser Op­tion durch den ge­biets­frem­den Er­wer­ber be­wirkt, dass für die Be­rech­nung der Steuer auf die be­tref­fende Schen­kung alle Schen­kun­gen, die die­ser Schen­kungs­empfänger in den zehn Jah­ren vor und den zehn Jah­ren nach der Schen­kung von der­sel­ben Per­son er­hal­ten hat, zu­sam­men­ge­rech­net wer­den.

Dar­auf­hin gab das FG der Klage statt.

Die Gründe:
Das be­klagte Fi­nanz­amt hatte die Steuer zu Un­recht ohne Berück­sich­ti­gung je­weils ei­nes persönli­chen Frei­be­trags von 400.000 € fest­ge­setzt.

Nach § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG (hier: i.d.F. des Art. 1 des Ge­set­zes zur Re­form des Erb­schaft­steuer- und Be­wer­tungs­rechts vom 24.12.2008) gilt als steu­er­pflich­ti­ger Er­werb die Be­rei­che­rung des Er­wer­bers, so­weit sie nicht steu­er­frei ist. Die vor­lie­gen­den Schen­kun­gen un­ter Le­ben­den (§§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) wa­ren je­weils i.H.v. 400.000 € steu­er­frei. Das er­gab sich aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Da­nach bleibt der Er­werb der Kin­der i.S.d. Steu­er­klasse I Nr. 2 i.H.v. 400.000 € steu­er­frei. Ob­gleich dies nach dem Wort­laut der Be­stim­mung nur in den Fällen der un­be­schränk­ten Steu­er­pflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) gel­ten soll, konnte die Kläge­rin nicht nur auf den Frei­be­trag des § 16 Abs. 2 ErbStG von 2.000 € ver­wie­sen wer­den. Dem stand das EuGH-Ur­teil (s.o.) ent­ge­gen. Da­nach konnte die ein­schränkende Re­ge­lung des § 16 Abs. 2 ErbStG im vor­lie­gen­den Fall nicht an­ge­wen­det wer­den.

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