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FG Schleswig-Holstein: KraftSt für ein zur Insolvenzmasse gehörendes Auto ist ab Insolvenzeröffnung aus der Masse zu befriedigen

Urteile des FG Schleswig-Holstein vom 8.3.2012 - 3 K 17/11 u.a.

Un­abhängig da­von, ob die KraftSt für einen bei Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens lau­fen­den Ent­rich­tungs­zeit­raum be­reits ent­rich­tet war, ist die nach Ver­fah­ren­seröff­nung - grds. ta­ge­weise - ent­ste­hende KraftSt dann eine Mas­se­ver­bind­lich­keit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn das Fahr­zeug Teil der In­sol­venz­masse ist. Die mit Be­ginn des je­wei­li­gen Ent­rich­tungs­zeit­raums ent­ste­hende KraftSt-Zah­lungs­schuld ist kein "begründe­ter Vermögens­an­spruch" i.S.d. § 38 InsO und da­mit keine In­sol­venz­for­de­rung, so­weit der steu­er­re­le­vante Sach­ver­halt des Hal­tens des Fahr­zeugs nach Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens ver­wirk­licht wird.

Der Sach­ver­halt:
Das Fi­nanz­amt hatte nach Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens die - ur­sprüng­lich für ein vollständi­ges Jahr fest­ge­setzte und be­reits ent­rich­tete - KraftSt für ein wei­ter­hin zum Ver­kehr auf öff­ent­li­chen Straßen zu­ge­las­se­nes Fahr­zeug der In­sol­venz­schuld­ne­rin bis zum Tag vor der In­sol­ven­zeröff­nung fest­ge­setzt. Das sich aus dem Be­scheid auf Grund der be­reits vollständig er­folg­ten Ent­rich­tung der KraftSt er­ge­bende Gut­ha­ben ver­rech­nete es mit of­fe­nen USt-Rückständen im Range von In­sol­venz­for­de­run­gen. Gleich­zei­tig setzte die Fi­nanz­behörde die KraftSt für den Zeit­raum ab In­sol­ven­zeröff­nung bis zum Ende des ur­sprüng­li­chen bzw. re­gulären Ent­rich­tungs­zeit­raums neu fest und für da­nach be­gin­nende Ent­rich­tungs­zeiträume auf einen neuen Jah­res­be­trag fest.

Das FG wies die Klage des In­sol­venz­ver­wal­ters ge­gen die Mas­se­for­de­rung des Fi­nanz­am­tes ab. Die Ur­teile sind in­zwi­schen rechtskräftig.

Die Gründe:
Zwar zählte nach bis­he­ri­ger Recht­spre­chung des IX. Se­nats des BFH auch die Rechts­po­si­tion als Hal­ter ei­nes Fahr­zeugs zu der In­sol­venz­masse. Diese Auf­fas­sung teilt der nun­mehr für die KraftSt al­lein zuständige II. Se­nat des BFH nicht mehr. Maßge­bend dafür, ob eine Mas­se­ver­bind­lich­keit vor­liegt, ist dem­nach al­lein, ob das Fahr­zeug Teil der In­sol­venz­masse ist. Denn nach dem Wort­laut des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO ("durch die Ver­wal­tung ... der In­sol­venz­masse") lie­gen Mas­se­ver­bind­lich­kei­ten nur vor, wenn ein Mas­se­ge­gen­stand ver­wal­tet wird und dar­aus eine (Steuer-)Ver­bind­lich­keit re­sul­tiert.

Diese Vor­aus­set­zung erfüllt die nach In­sol­ven­zeröff­nung ent­stan­dene KraftSt, wenn das Fahr­zeug nach § 80 InsO der Ver­wal­tungs- und Verfügungs­be­fug­nis des In­sol­venz­ver­wal­ters un­ter­liegt. Der In­sol­venz­ver­wal­ter kann in die­sem Fall selbst über die wei­tere Ver­wen­dung und Ver­wer­tung des Fahr­zeugs be­stim­men. Ab In­sol­ven­zeröff­nung hat die KraftSt-Fest­set­zung so­dann ge­genüber dem In­sol­venz­ver­wal­ter zu er­fol­gen, denn die KraftSt ent­steht nach ver­kehrs­recht­li­cher Zu­las­sung des Fahr­zeugs - grds. ta­ge­weise - durch das Hal­ten des Fahr­zeugs un­abhängig von dem Zeit­punkt der Ent­ste­hung der KraftSt-Zah­lungs­schuld. Bei die­ser han­delt es sich es sich (le­dig­lich) um eine ge­setz­lich vor­ge­schrie­bene Vor­aus­zah­lung auf eine noch nicht ent­stan­dene Steuer.

Die nach In­sol­ven­zeröff­nung ent­stan­dene KraftSt ist auch dann Mas­se­for­de­rung, wenn der In­sol­venz­schuld­ner die KraftSt im Vor­aus ent­rich­tet hat. Eine Auf­tei­lung der Zeiträume vor und nach In­sol­ven­zeröff­nung ist auch in die­sem Fall um ei­ner gleichmäßigen Be­frie­di­gung der In­sol­venzgläubi­ger ge­bo­ten. Dem steht auch § 38 InsO man­gels "begründe­tem" Vermögens­an­spruch der persönli­chen Gläubi­ger nicht ent­ge­gen. Eine Steu­er­for­de­rung ist im­mer dann In­sol­venz­for­de­rung, d.h. "begründete" Vermögens­for­de­rung, wenn der ihr zu­grun­de­lie­gende (zi­vil­recht­li­che) Tat­be­stand, der zur Ent­ste­hung des Steu­er­an­spruchs führt, vom Schuld­ner be­reits vor Ver­fah­ren­seröff­nung ver­wirk­licht, d.h. vollständig erfüllt und ma­te­ri­ell-recht­lich ab­ge­schlos­sen wor­den war.

Wird der steu­er­re­le­vante Sach­ver­halt da­ge­gen wie in den ent­schie­de­nen Fällen nach Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens ver­wirk­licht, kann es sich bei den dar­aus re­sul­tie­ren­den Steu­er­an­sprüchen nicht um In­sol­venz­for­de­run­gen han­deln, son­dern ent­we­der nur um Mas­se­for­de­run­gen (Tat­be­stand­ver­wirk­li­chung durch den In­sol­venz­ver­wal­ter) - so vor­lie­gend - oder um in­sol­venz­freie For­de­run­gen (Tat­be­stands­ver­wirk­li­chung durch den In­sol­venz­schuld­ner).

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