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FG Münster: Inhalt der Grundbesitzakte stellt keine neue Tatsache dar

Urteil des FG Münster vom 26.7.2012 - 3 K 207/10 E

Eine Tat­sa­che ist nachträglich be­kannt ge­wor­den, wenn sie das Fi­nanz­amt beim Er­lass des zu ändern­den Be­schei­des noch nicht kannte. Umstände, die das Fi­nanz­amt be­reits aus der Grund­be­sitz­akte ent­neh­men konnte, stel­len keine neuen Tat­sa­chen i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO dar.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger er­zielte in den Streit­jah­ren 2003 bis 2006 u.a. Einkünfte aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung ver­schie­de­ner Im­mo­bi­lien. Er fi­nan­zierte die An­schaf­fung der Grundstücke durch Dar­le­hen. We­gen ei­ner teil­wei­sen Selbst­nut­zung konnte er die Schuld­zin­sen nur an­tei­lig als Wer­bungs­kos­ten gel­tend ma­chen. Hierzu hatte er be­reits in den Vor­jah­ren Un­ter­la­gen ein­ge­reicht, die das Fi­nanz­amt zur Grund­be­sitz­akte nahm und Über­wa­chungsbögen für die Gebäude­ab­schrei­bun­gen an­legte.

In sei­nen Steu­er­erklärun­gen für die Streit­jahre machte der Kläger auf­grund ei­ner feh­ler­haf­ten Auf­tei­lung der Schuld­zin­sen einen zu ho­hen Schuld­zin­sen­ab­zug gel­tend. Das Fi­nanz­amt ver­an­lagte den Kläger zunächst erklärungs­gemäß. Im Rah­men ei­ner späte­ren Überprüfung des Schuld­zin­sen­ab­zugs durch das Fi­nanz­amt reichte der Kläger zu­tref­fende An­la­gen V ein, wor­auf­hin das Fi­nanz­amt die Steu­er­be­scheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu­las­ten des Klägers änderte.

Der Kläger war der An­sicht, dass dem Fi­nanz­amt alle für die Be­ur­tei­lung des Sach­ver­halts er­for­der­li­chen Un­ter­la­gen und Be­lege zum Zeit­punkt der Ver­an­la­gun­gen vor­ge­le­gen hätten, wes­halb nachträglich keine neuen Tat­sa­chen i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO be­kannt ge­wor­den sein konn­ten. Das FG gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die Vor­aus­set­zun­gen für eine Ände­rung hat­ten nicht vor­ge­le­gen, wes­halb die Ände­rungs­be­scheide auf­zu­he­ben wa­ren.

Ent­ge­gen der An­sicht des Fi­nanz­am­tes la­gen die Vor­aus­set­zun­gen der Ände­rungs­vor­schrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht vor. Da­nach sind Steu­er­be­scheide auf­zu­he­ben oder zu ändern, so­weit Tat­sa­chen oder Be­weis­mit­tel nachträglich be­kannt wer­den, die zu ei­ner höheren Steuer führen. Tat­sa­che i.S.d. Vor­schrift ist al­les, was Merk­mal oder Teilstück ei­nes ge­setz­li­chen Steu­er­tat­be­stan­des sein kann, also Zustände, Vorgänge, Be­zie­hun­gen und Ei­gen­schaf­ten ma­te­ri­el­ler und im­ma­te­ri­el­ler Art. Dazu gehören keine Schluss­fol­ge­run­gen al­ler Art, ins­be­son­dere ju­ris­ti­sche Sub­sum­tio­nen.

Eine Tat­sa­che ist nachträglich be­kannt ge­wor­den, wenn sie das Fi­nanz­amt beim Er­lass des zu ändern­den Be­schei­des noch nicht kannte. Maßgeb­li­cher Zeit­punkt für den Kennt­nis­stand ist die ab­schließende Zeich­nung des für die Steu­er­fest­set­zung zuständi­gen Be­am­ten. Be­kannt ist der zuständi­gen Dienst­stelle ins­be­son­dere der In­halt der dort geführ­ten Ak­ten. In­fol­ge­des­sen wa­ren die hier maßgeb­li­chen Tat­sa­chen dem Fi­nanz­amt nicht nachträglich be­kannt ge­wor­den. Der Um­stand, dass die Grundstücke nicht vollständig fremd­ver­mie­tet wa­ren und auch die Auf­tei­lungs­pro­zentsätze konn­ten be­reits aus der Grund­be­sitz­akte und den Ein­tra­gun­gen auf den Über­wa­chungsbögen er­schlos­sen wer­den.

Die aus den feh­ler­haf­ten Steu­er­erklärun­gen fol­gende Mit­wir­kungs­pflicht­ver­let­zung des Klägers führte nicht zu einem an­de­ren Er­geb­nis. Da so­mit be­reits die Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen der Ände­rungs­vor­schrift nicht vor­la­gen, konn­ten et­waige Pflicht­ver­let­zun­gen keine Ände­rungsmöglich­keit eröff­nen.

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