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FG Köln zur Berücksichtigung von niederländischem Arbeitslosengeld und negativen Einkünften aus selbstgenutztem Wohnraum

Urteil des FG Köln vom 11.12.2012 - 1 K 4165/09

Eine Zu­sam­men­ver­an­la­gung ist nur dann möglich, wenn ent­we­der die Einkünfte bei­der Ehe­gat­ten im Ka­len­der­jahr min­des­tens zu 90 % der deut­schen Ein­kom­men­steuer un­ter­lie­gen oder die nicht der deut­schen Ein­kom­men­steuer un­ter­lie­gen­den Einkünfte den Be­trag von 12.272 € nicht über­stei­gen. Wenn der Ansässig­keits­staat steu­er­li­che Vor­teile gewährt, die das deut­sche Steu­er­recht nicht kennt, kann dies nicht dazu führen, dass der deut­sche Staat sei­ner­seits zusätz­li­che Vergüns­ti­gun­gen, die sich aus § 1 Abs. 3 EStG er­ge­ben würden, gewähren müsste.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger sind deut­sche Staats­an­gehörige, woh­nen al­ler­dings in den Nie­der­lan­den. Der Kläger be­zog in den Streit­jah­ren 2005 und 2006 Einkünfte aus un­selbstständi­ger Ar­beit in Deutsch­land. Die Kläge­rin be­zog Einkünfte in den Nie­der­lan­den. Strei­tig wa­ren in­so­fern Einkünfte aus nie­derländi­schem Ar­beits­lo­sen­geld und ne­ga­tive Einkünfte aus selbst­ge­nutz­tem Wohn­raum.

Die Kläger setz­ten in ih­ren Ein­kom­men­steu­er­erklärun­gen die nie­derländi­schen Einkünfte mit we­ni­ger als 10 % der Ge­samt­einkünfte an, weil sie das nie­derländi­sche Ar­beits­lo­sen­geld, das in den Nie­der­lan­den der Ein­kom­men­steuer un­ter­liegt, nicht in die Be­rech­nung ein­be­zo­gen, die ne­ga­ti­ven Einkünfte aus dem selbst­ge­nutz­ten Wohn­raum da­ge­gen mit­berück­sich­tig­ten. Sie be­gehr­ten, als un­be­schränkt steu­er­pflich­tig be­han­delt zu wer­den und als Ehe­gat­ten ge­mein­sam zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt zu wer­den.

Das Fi­nanz­amt lehnte den An­trag der Kläger ab. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen, da der Frage der Berück­sich­ti­gung des nie­derländi­schen Ar­beits­lo­sen­gel­des so­wie der Frage, in­wie­weit die tatsäch­li­che Be­steue­rung der Einkünfte in den Nie­der­lan­den maßgeb­lich sein kann, grundsätz­li­che Be­deu­tung bei­zu­mes­sen war.

Die Gründe:
Die Kläger ha­ben kei­nen An­spruch auf Zu­sam­men­ver­an­la­gung nach § 26 Abs. 1 EStG, da sie nicht un­be­schränkt ein­kom­men­steu­er­pflich­tig wa­ren und auch nicht nach § 1 Abs. 3 EStG als un­be­schränkt steu­er­pflich­tig be­han­delt wer­den können, was ih­nen nach § 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG die Zu­sam­men­ver­an­la­gung eröff­nen würde.

Eine Zu­sam­men­ver­an­la­gung ist nur dann möglich, wenn ent­we­der die Einkünfte bei­der Ehe­gat­ten im Ka­len­der­jahr min­des­tens zu 90 % der deut­schen Ein­kom­men­steuer un­ter­lie­gen (sog. re­la­tive We­sent­lich­keits­grenze) oder die nicht der deut­schen Ein­kom­men­steuer un­ter­lie­gen­den Einkünfte den Be­trag von 12.272 € nicht über­stei­gen (sog. ab­so­lute We­sent­lich­keits­grenze). Die Einkünf­te­er­mitt­lung nach § 1 Abs. 3 S. 2 EStG voll­zieht sich in zwei Stu­fen. Zunächst ist in einem ers­ten Schritt die Summe der Welt­einkünfte zu er­mit­teln. Diese sind so­dann in einem zwei­ten Schritt in die Einkünfte, die der deut­schen Ein­kom­men­steuer un­ter­lie­gen, und die Einkünfte, bei de­nen dies nicht der Fall ist, auf­zu­tei­len.

Die Kläger erfüll­ten in­fol­ge­des­sen die Vor­aus­set­zun­gen des § 1 Abs. 3 EStG nicht, da so­wohl die re­la­tive als auch die ab­so­lute We­sent­lich­keits­grenze der nicht der deut­schen Ein­kom­men­steuer un­ter­lie­gen­den Einkünfte, nämlich der in den Nie­der­lan­den er­ziel­ten Einkünfte über­schrit­ten wurde. Ge­gen die Höhe der ab­so­lu­ten Min­dest­grenze gab es keine durch­grei­fen­den Be­den­ken. Sie lag im Rah­men des ge­setz­ge­be­ri­schen Er­mes­sens. Das Er­geb­nis war auch in eu­ro­pa­recht­li­cher Hin­sicht nicht zu be­an­stan­den. Es ver­letzte nicht die in Art. 39 EG (heute Art. 45 a EUVO) ver­briefte Ar­beit­neh­mer­freizügig­keit. Dass die Kläger nicht in glei­chem Maße begüns­tigt wer­den wie in Deutsch­land ansässige Steu­er­pflich­tige stellte keine eu­ro­pa­rechts­wid­rige Dis­kri­mi­nie­rung dar, da die Si­tua­tion von im In­land le­ben­den Steu­er­pflich­ti­gen mit der von im Aus­land le­ben­den nicht ver­gleich­bar ist.

Maßgeb­lich ist al­lein, ob der Ansässig­keits­staat - hier die Nie­der­lande - den persönli­chen Verhält­nis­sen der Ehe­gat­ten Rech­nung tra­gen kann, was bei Über­schrei­ten der We­sent­lich­keits­gren­zen von Ge­set­zes we­gen an­zu­neh­men ist. Ob die im Ansässig­keits­staat er­ziel­ten auf­grund Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men nicht der deut­schen Ein­kom­men­steuer un­ter­lie­gen­den Einkünfte im Ansässig­keits­staat tatsäch­lich zu ei­ner Be­steue­rung führen ist da­ge­gen un­er­heb­lich. Wenn, wie hier auf­grund der An­er­ken­nung von Ver­lus­ten aus selbst­ge­nutz­ter Woh­nung, der Ansässig­keits­staat steu­er­li­che Vor­teile gewährt, die das deut­sche Steu­er­recht nicht kennt, so kann dies nicht dazu führen, dass der deut­sche Staat sei­ner­seits zusätz­li­che Vergüns­ti­gun­gen, die sich aus § 1 Abs. 3 EStG er­ge­ben würden, gewähren müsste.

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