Die Kläger sind deutsche Staatsangehörige, wohnen allerdings in den Niederlanden. Der Kläger bezog in den Streitjahren 2005 und 2006 Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit in Deutschland. Die Klägerin bezog Einkünfte in den Niederlanden. Streitig waren insofern Einkünfte aus niederländischem Arbeitslosengeld und negative Einkünfte aus selbstgenutztem Wohnraum.
Die Kläger setzten in ihren Einkommensteuererklärungen die niederländischen Einkünfte mit weniger als 10 % der Gesamteinkünfte an, weil sie das niederländische Arbeitslosengeld, das in den Niederlanden der Einkommensteuer unterliegt, nicht in die Berechnung einbezogen, die negativen Einkünfte aus dem selbstgenutzten Wohnraum dagegen mitberücksichtigten. Sie begehrten, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden und als Ehegatten gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt zu werden.
Das Finanzamt lehnte den Antrag der Kläger ab. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen, da der Frage der Berücksichtigung des niederländischen Arbeitslosengeldes sowie der Frage, inwieweit die tatsächliche Besteuerung der Einkünfte in den Niederlanden maßgeblich sein kann, grundsätzliche Bedeutung beizumessen war.
Die Gründe:
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG, da sie nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren und auch nicht nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden können, was ihnen nach § 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG die Zusammenveranlagung eröffnen würde.
Eine Zusammenveranlagung ist nur dann möglich, wenn entweder die Einkünfte beider Ehegatten im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen (sog. relative Wesentlichkeitsgrenze) oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Betrag von 12.272 € nicht übersteigen (sog. absolute Wesentlichkeitsgrenze). Die Einkünfteermittlung nach § 1 Abs. 3 S. 2 EStG vollzieht sich in zwei Stufen. Zunächst ist in einem ersten Schritt die Summe der Welteinkünfte zu ermitteln. Diese sind sodann in einem zweiten Schritt in die Einkünfte, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen, und die Einkünfte, bei denen dies nicht der Fall ist, aufzuteilen.
Die Kläger erfüllten infolgedessen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG nicht, da sowohl die relative als auch die absolute Wesentlichkeitsgrenze der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte, nämlich der in den Niederlanden erzielten Einkünfte überschritten wurde. Gegen die Höhe der absoluten Mindestgrenze gab es keine durchgreifenden Bedenken. Sie lag im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens. Das Ergebnis war auch in europarechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Es verletzte nicht die in Art. 39 EG (heute Art. 45 a EUVO) verbriefte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Dass die Kläger nicht in gleichem Maße begünstigt werden wie in Deutschland ansässige Steuerpflichtige stellte keine europarechtswidrige Diskriminierung dar, da die Situation von im Inland lebenden Steuerpflichtigen mit der von im Ausland lebenden nicht vergleichbar ist.
Maßgeblich ist allein, ob der Ansässigkeitsstaat - hier die Niederlande - den persönlichen Verhältnissen der Ehegatten Rechnung tragen kann, was bei Überschreiten der Wesentlichkeitsgrenzen von Gesetzes wegen anzunehmen ist. Ob die im Ansässigkeitsstaat erzielten aufgrund Doppelbesteuerungsabkommen nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte im Ansässigkeitsstaat tatsächlich zu einer Besteuerung führen ist dagegen unerheblich. Wenn, wie hier aufgrund der Anerkennung von Verlusten aus selbstgenutzter Wohnung, der Ansässigkeitsstaat steuerliche Vorteile gewährt, die das deutsche Steuerrecht nicht kennt, so kann dies nicht dazu führen, dass der deutsche Staat seinerseits zusätzliche Vergünstigungen, die sich aus § 1 Abs. 3 EStG ergeben würden, gewähren müsste.
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