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FG Baden-Württemberg: Umsätze von Privatkliniken aus Tagespflegesätzen sind umsatzsteuerfrei

Urteil des FG Baden-Württemberg vom 28.11.2012 - 14 K 2883/10

Die pau­scha­len Ta­gesätze ei­ner Pri­vat­kli­nik, die keine ge­setz­lich ver­si­cher­ten Pa­ti­en­ten be­han­delt, sind in vol­ler Höhe um­satz­steu­er­frei. Kran­kenhäuser in pri­va­ter Träger­schaft sind mit Ein­rich­tun­gen des öff­ent­li­chen Rechts in so­zia­ler Hin­sicht ver­gleich­bar, wenn sie Wahl­leis­tun­gen zur Zim­mer­be­le­gung (Ein­zel­zim­mer) und Chef­arzt­be­hand­lung nur in ge­rin­gem Um­fang er­brin­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH und be­treibt ein Kran­ken­haus in pri­va­ter Träger­schaft. Die er­brach­ten ärzt­li­chen Leis­tun­gen so­wie Un­ter­brin­gung und Ver­pfle­gung der Pa­ti­en­ten rech­net die Kläge­rin mit einem pau­scha­len Ta­ges­pfle­ge­satz ab. Weil die Kli­nik nicht in den Kran­ken­haus­be­darfs­plan auf­ge­nom­men ist, wer­den nur pri­vat ver­si­cherte Pa­ti­en­ten und Selbst­zah­ler be­han­delt, aber keine Kas­sen­pa­ti­en­ten.

Das Fi­nanz­amt teilte die Umsätze der Kläge­rin aus den Ta­ges­pfle­gesätzen zunächst in einen um­satz­steu­er­freien An­teil für die ent­hal­te­nen ärzt­li­chen Leis­tun­gen so­wie einen um­satz­steu­er­pflich­ti­gen An­teil für die mit dem Kli­nik­be­trieb ver­bun­de­nen Leis­tun­gen für Un­ter­kunft und Ver­pfle­gung auf. Mit ih­rer Klage be­gehrte die Kläge­rin, die Umsätze aus den Ta­ges­pfle­gesätzen ins­ge­samt von der Um­satz­steuer zu be­freien.

Das FG gab der Klage statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Auch die Umsätze ei­ner Pri­vat­kli­nik, die keine ge­setz­lich ver­si­cher­ten Pa­ti­en­ten be­han­delt, können um­satz­steu­er­frei sein. Mit die­ser Ent­schei­dung weicht der Se­nat von sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung ab.

Die Kläge­rin erfüllt zwar nicht die Vor­aus­set­zun­gen der na­tio­na­len Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrif­ten, kann sich aber un­mit­tel­bar auf eu­ropäisches Recht (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der EU-Richt­li­nie 77/388/EWG) be­ru­fen. Ent­schei­dend für eine Steu­er­be­frei­ung ist die Art der Umsätze. Kran­kenhäuser in pri­va­ter Träger­schaft sind mit Ein­rich­tun­gen des öff­ent­li­chen Rechts in so­zia­ler Hin­sicht ver­gleich­bar, wenn sie - wie im Streit­fall - Wahl­leis­tun­gen zur Zim­mer­be­le­gung (Ein­zel­zim­mer) und Chef­arzt­be­hand­lung nur in ge­rin­gem Um­fang er­brin­gen.

Diese Aus­le­gung ent­spricht auch dem Zweck der Steu­er­be­frei­ung, die Kos­ten der Heil­be­hand­lung zu sen­ken. Die Kos­ten des Ge­sund­heits­we­sens sol­len mit Blick auf den End­ver­brau­cher, den Pa­ti­en­ten, nicht mit Um­satz­steuer be­las­tet wer­den. Dies gilt auch in den Fällen, in de­nen das Kran­ken­haus wie vor­lie­gend mit Ge­winn­er­zie­lungs­ab­sicht han­delt. Für eine Steu­er­be­frei­ung spricht fer­ner der Grund­satz der steu­er­li­chen Neu­tra­lität. Die­ser ver­bie­tet es, gleich­ar­tige und des­halb mit­ein­an­der in Wett­be­werb ste­hende Dienst­leis­tun­gen hin­sicht­lich der Mehr­wert­steuer un­ter­schied­lich zu be­han­deln.

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