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Steuerberatung

Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer zu privaten Zwecken als tauschähnlicher Umsatz

In einem Re­vi­si­ons­ver­fah­ren wi­der­spricht der BFH dem saarländi­schen Fi­nanz­ge­richt und bestätigt die bis­he­rige Pra­xis der Dienst­wa­gen­be­steue­rung. Laut BFH-Ur­teil vom 30.06.2022 stellt die Ar­beits­leis­tung ei­nes Ar­beit­neh­mers in der Re­gel ein Ent­gelt für die Über­las­sung ei­nes Dienst­wa­gens dar, so­dass ein tauschähn­li­cher Um­satz vor­liegt.

Auf Vor­lage des FG Saar­land hatte der EuGH ent­schie­den, dass die Über­las­sung ei­nes Dienst­wa­gens an einen Ar­beit­neh­mer zur Pri­vat­nut­zung kein Ent­gelt und so­mit keine ent­gelt­li­che Leis­tung des Un­ter­neh­mers an den Ar­beit­neh­mer dar­stellt, wenn die­ser für die Nut­zung we­der eine Vergütung zahlt noch auf Vor­teile ver­zich­tet und da­mit ent­spre­chend der Vor­la­ge­frage des FG Saarbrücken eine Ent­gelt­lich­keit zu ver­nei­nen sei (EuGH-Ur­teil vom 20.01.2021, Rs. C-288/19, QM, DStR 2021, S. 154, siehe auch un­ser News­let­ter vom 04.02.2021). Ent­spre­chend hatte das Saarländi­sche FG in sei­ner Fol­ge­ent­schei­dung vom 29.07.2021 (Az. 1 K 1034/21, EFG 2021, S. 2099) einen ent­gelt­li­chen Vor­gang ver­neint.

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Kernaussagen der aktuellen BFH Entscheidung

Der BFH hat nun­mehr in sei­nem Re­vi­si­ons­ur­teil vom 30.06.2022 (Az. V R 25/21, DStR 2022, S. 2054) fol­gende Kern­aus­sa­gen zum tauschähn­li­chen Um­satz im Falle ei­ner ein­zel­ver­trag­li­chen Nut­zungsüber­las­sung ge­trof­fen:

  • Das Fi­nanz­ge­richt hat eine ent­gelt­li­che Ver­mie­tung feh­ler­haft ver­neint.
  • Die Ge­gen­leis­tung für eine emp­fan­gene Leis­tung kann auch eine Sach­leis­tung sein (sog. Tausch oder tauschähn­li­cher Um­satz).
  • Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des FG lässt sich auch nichts an­de­res aus der EuGH-Ent­schei­dung her­lei­ten. Denn die Frage des tauschähn­li­chen Um­sat­zes mus­ste durch den EuGH nicht geprüft wer­den, da das FG in sei­ner Vor­la­ge­frage rechts­feh­ler­haft die Un­ent­gelt­lich­keit der Fahr­zeugüber­las­sung un­ter­stellt hat.
  • Mit­hin kann nach Auf­fas­sung des BFH ein tauschähn­li­cher Um­satz vor­lie­gen, wenn nur die Ar­beits­leis­tung als Ent­gelt für die Fahr­zeugüber­las­sung an­zu­se­hen ist.
  • Der un­mit­tel­bare Zu­sam­men­hang er­gibt sich re­gelmäßig aus der in­di­vi­du­el­len Nut­zungsüber­las­sung auch für pri­vate Zwecke im Rah­men des An­stel­lungs­ver­tra­ges.
  • Nicht aus­rei­chend ist dem­ge­genüber laut BFH der bloße Zu­sam­men­hang mit einem Dienst­verhält­nis und al­lein die ein­kom­men­steu­er­li­che Be­ur­tei­lung.

Im Streit­fall be­jahte der BFH da­her un­abhängig von ei­ner Zu­zah­lung durch den Ar­beit­neh­mer oder einem schrift­lich fi­xier­ten Ge­halts­ver­zicht das Vor­lie­gen ei­nes tauschähn­li­chen und da­mit steu­er­ba­ren Um­sat­zes. Hierfür genügte die in­di­vi­du­ell ar­beits­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung des Nut­zungs­rechts an dem Fir­men­fahr­zeug.

Hin­weis: Ob ein tauschähn­li­cher Um­satz bei rein fak­ti­scher Fahr­zeugüber­las­sung (bspw. auf­grund ei­ner be­trieb­li­chen Übung oder nur zur ge­le­gent­li­chen Pri­vat­nut­zung) vor­liegt, ist eher zwei­fel­haft. Der BFH lässt in sei­ner Ent­schei­dung ausdrück­lich of­fen, ob - wie von der Fi­nanz­ver­wal­tung an­ge­nom­men - auch von ei­ner ent­gelt­li­chen Leis­tung aus­zu­ge­hen ist, wenn die Über­las­sung ohne ge­son­derte Ver­ein­ba­rung auf­grund ei­ner be­trieb­li­chen Übung er­folgt.

Leistungsortbestimmung

Im Ur­teils­fall über­ließ ein lu­xem­bur­gi­scher Ar­beit­ge­ber in Deutsch­land ansässi­gen Ar­beit­neh­mern den Dienst­wa­gen. Der Leis­tungs­ort ist nach § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG zu be­stim­men und liegt da­mit am Wohn­sitz des je­wei­li­gen Leis­tungs­empfängers (hier in Deutsch­land).

Bemessungsgrundlage

Die Be­mes­sungs­grund­lage der ent­gelt­li­chen Fahr­zeugüber­las­sung rich­tet sich nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG. Bei tauschähn­li­chen Umsätzen (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) gilt da­mit der Wert je­des Um­sat­zes als Ent­gelt für den an­de­ren Um­satz. Man­gels Ver­ein­ba­rung ei­nes ent­gelt­li­chen Ge­gen­wer­tes wäre es laut BFH im Streit­fall nicht zu be­an­stan­den ge­we­sen, wenn der Ar­beit­ge­ber aus Ver­ein­fa­chungsgründen die ent­stan­de­nen Kos­ten an­ge­setzt hätte. Zu­dem be­an­stan­dete es der BFH in sei­nem Ur­teil nicht, dass im Rah­men ei­ner Ver­ein­fa­chungs­re­ge­lung (Ab­schn. 15.23 Abs. 11 Satz 2 Nr. 1 UStAE) die für lohn­steu­er­li­che Zwecke nach der 1 %-Re­ge­lung er­mit­tel­ten Werte her­an­ge­zo­gen wur­den.

Erste Einschätzung und Folgen für die Praxis

Die Ent­schei­dung des BFH ist zu begrüßen, da sie die bis­he­rige Be­hand­lung der Dienst­wa­genüber­las­sung als Leis­tungs­aus­tausch bestätigt. Dies gilt un­ein­ge­schränkt im­mer dann, wenn die Über­las­sung auf Ba­sis ein­zel­ver­trag­li­cher Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer be­ruht und dem Ar­beit­neh­mer ein Nut­zungs­recht für pri­vate Zwecke ein­geräumt wird.

Auch ohne ex­pli­zite Ver­ein­ba­rung ei­nes Ge­halts­ver­zichts dürfte da­mit zukünf­tig und in al­len of­fe­nen Fällen der Vor­steu­er­ab­zug von inländi­schen Ar­beit­ge­bern aus den der Dienst­wa­genüber­las­sung zu­zu­ord­nen­den Ein­gangs­leis­tun­gen nicht gefähr­det sein.

Relevanz von vertraglichen Vereinbarungen

Zur Wah­rung der Vor­steu­er­ab­zugs­be­rech­ti­gung ist dar­auf zu ach­ten, dass die Dienst­wa­genüber­las­sung zur pri­va­ten Nut­zung ein­zel­ver­trag­lich mit dem Ar­beit­neh­mer ge­re­gelt wird. Zu­dem sollte sich aus den Re­ge­lun­gen er­ge­ben, dass die Über­las­sung über eine rein fak­ti­sche Nut­zungsmöglich­keit hin­aus geht.

Hin­weis: Der BFH lässt in sei­ner Ent­schei­dung ausdrück­lich of­fen, ob - wie von der Fi­nanz­ver­wal­tung an­ge­nom­men - auch von ei­ner ent­gelt­li­chen Leis­tung aus­zu­ge­hen ist, wenn die Über­las­sung ohne ge­son­derte Ver­ein­ba­rung auf­grund ei­ner be­trieb­li­chen Übung er­folgt.

Grundsätzlich keine Anpassung der Verwaltungsauffassung

Der BFH bestätigt mit dem Ur­teil die bis­he­rige Hand­ha­bung der Fi­nanz­ver­wal­tung. Mit ei­ner An­pas­sung des Um­satz­steu­er­an­wen­dungs­er­las­ses (ins­be­son­dere Ab­schn. 15.23 Abs. 9 Satz 2 UStAE) ist grundsätz­lich nicht zu rech­nen.

Le­dig­lich so­weit die Fi­nanz­ver­wal­tung auch bei ei­ner in Aus­nah­mefällen un­ent­gelt­li­chen Dienst­wa­gen­ge­stel­lung den Leis­tungs­ort eben­falls nach den für die Ver­mie­tung von Beförde­rungs­mit­teln gel­ten­den Re­ge­lun­gen (§ 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG, vgl. Ab­schn. 3a.5 Abs. 4 Satz 3 UStAE) be­stimmt, dürfte diese Her­an­ge­hens­weise vor dem Hin­ter­grund der ein­deu­ti­gen EuGH-Ent­schei­dung kei­nen Be­stand ha­ben und der Um­satz­steu­er­an­wen­dungs­er­lass be­darf in­so­weit der An­pas­sung.

Eine An­pas­sung des Um­satz­steu­er­an­wen­dungs­er­las­ses im Hin­blick auf die An­er­ken­nung von münd­li­chen Ab­re­den oder auf­grund fak­ti­scher be­trieb­li­cher Übun­gen für eine ent­gelt­li­che Dienst­wa­genüber­las­sung ist frag­lich, ob­gleich der BFH die­sen Fall in sei­nem Ur­teil ex­pli­zit of­fen­ge­las­sen hat.

Bestimmung der Bemessungsgrundlage weiterhin anhand der lohnsteuerlichen Werte möglich (sog. 1 %-Regelung)

In den Fällen, in de­nen der Dienst­wa­genüber­las­sung ein be­stimm­ter Wert bei­ge­mes­sen und ar­beits­ver­trag­lich do­ku­men­tiert wird, sollte auch zukünf­tig eine Er­mitt­lung an­hand der lohn­steu­er­recht­li­chen Werte möglich sein.

Hin­weis: Diese Her­an­ge­hens­weise wurde vom BFH im Ur­teils­fall nicht be­an­stan­det. So­lange Ab­schn. 15.23 Abs. 11 UStAE nicht an­ge­passt wird und die Fi­nanz­ver­wal­tung die An­wen­dung die­ser Ver­ein­fa­chungs­re­ge­lung nicht be­an­stan­det, sollte dies auch über den ent­schie­de­nen Ein­zel­fall hin­aus Be­stand ha­ben.

Grenzüberschreitende Dienstwagenüberlassungen

Die obi­gen Ausführun­gen gel­ten glei­chermaßen für In­landssach­ver­halte so­wie für Dienst­wa­gen­ge­stel­lun­gen an Ar­beit­neh­mer mit Wohn­sitz im In­land.

Über­las­sen inländi­sche Ar­beit­ge­ber Dienst­wa­gen an Ar­beit­neh­mer mit Wohn­sitz im Aus­land, soll­ten länder­spe­zi­fi­sche Be­son­der­hei­ten in dem je­wei­li­gen Land ab­ge­fragt wer­den. Zu­dem können wei­tere steu­er­li­che Pflich­ten zu be­ach­ten sein. So kann auf­grund der pri­va­ten Nut­zung durch den Mit­ar­bei­ter eine Zu­las­sungs- und Kfz-Steu­er­pflicht im Aus­land begründet wer­den (z. B. NOVA und Kfz-Steu­er­pflicht in Öster­reich). Dies gilt grundsätz­lich un­abhängig von der um­satz­steu­er­li­chen Be­hand­lung in Deutsch­land und/oder einem EU-Mit­glieds­staat.

 

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