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EuGH zu den Anforderungen an die Angabe der Waren und Dienstleistungen bei der Beantragung von Markenschutz

Urteil des EuGH vom 19.6.2012 - C-307/10

Der EuGH hat die An­for­de­run­gen an die An­gabe der Wa­ren und Dienst­leis­tun­gen kon­kre­ti­siert, für die Mar­ken­schutz be­an­tragt wird. Diese Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen müssen vom An­mel­der so klar und ein­deu­tig an­ge­ge­ben wer­den, dass die zuständi­gen Behörden und die Wirt­schafts­teil­neh­mer al­lein auf die­ser Grund­lage den Um­fang des Mar­ken­schut­zes er­ken­nen können.

Hin­ter­grund:
Die bei­den we­sent­li­chen Be­stand­teile der Ein­tra­gung ei­ner Marke sind zum einen das Zei­chen und zum an­de­ren die Wa­ren und Dienst­leis­tun­gen, die die­ses Zei­chen be­zeich­nen soll. Vor­lie­gend hat sich der EuGH mit den An­for­de­run­gen an die An­gabe der Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen be­fasst, für die Mar­ken­schutz be­an­tragt wird. Diese Frage ist zu einem Zeit­punkt, da sich die Pra­xis der na­tio­na­len Mar­kenämter und des HABM aus­ein­an­der­ent­wi­ckelt, was zu un­ter­schied­li­chen, den mit der eu­ropäischen Mar­ken­richt­li­nie ver­folg­ten Zie­len zu­wi­der­lau­fen­den Vor­aus­set­zun­gen für die Ein­tra­gung führt, von be­son­de­rer Be­deu­tung.

Seit 2002 sieht das Ab­kom­men von Nizza über die in­ter­na­tio­nale Klas­si­fi­ka­tion von Wa­ren und Dienst­leis­tun­gen für die Ein­tra­gung von Mar­ken eine Klas­sen­ein­tei­lung in 34 Wa­ren­klas­sen und 11 Dienst­leis­tungs­klas­sen vor. Jede Klasse ist mit einem oder meh­re­ren für gewöhn­lich "Klas­senüber­schrift" ge­nann­ten Ober­be­grif­fen be­zeich­net, die all­ge­mein die Be­rei­che an­ge­ben, zu de­nen die Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen die­ser Klasse grundsätz­lich gehören. Die al­pha­be­ti­sche Liste der Wa­ren und Dienst­leis­tun­gen um­fasst etwa 12.000 Ein­tra­gun­gen.

Der Sach­ver­halt:
Im Ok­to­ber 2009 mel­dete das Char­te­red In­sti­tute of Pa­tent At­tor­neys (CIPA) die Be­zeich­nung "IP TRANS­LA­TOR" als na­tio­nale Marke an. Zur An­gabe der von die­ser An­mel­dung er­fass­ten Dienst­leis­tun­gen ver­wen­dete das CIPA die Ober­be­griffe der Über­schrift ei­ner Klasse der Niz­zaer Klas­si­fi­ka­tion, nämlich "Er­zie­hung; Aus­bil­dung; Un­ter­hal­tung; sport­li­che und kul­tu­relle Ak­ti­vitäten". Das Mar­ken­amt des Ver­ei­nig­ten König­reichs wies die An­mel­dung gestützt auf na­tio­nale Vor­schrif­ten zur Um­set­zung der Mar­ken­richt­li­nie zurück.

Der Re­gis­trar legte die An­mel­dung im Rah­men ei­ner Ge­samt­be­trach­tung aus und kam zu dem Er­geb­nis, dass sie nicht nur die Dienst­leis­tun­gen der vom CIPA ge­nann­ten Art, son­dern auch alle an­de­ren Dienst­leis­tun­gen die­ser Klasse der Niz­zaer Klas­si­fi­ka­tion ein­schließlich Über­set­zungs­dienst­leis­tun­gen er­fasse. Da­her fehle es der Be­zeich­nung "IP TRANS­LA­TOR" für die letzt­ge­nann­ten Dienst­leis­tun­gen an Un­ter­schei­dungs­kraft, und sie sei be­schrei­bend. Außer­dem gebe es kei­nen Be­weis dafür, dass das Wort­zei­chen "IP TRANS­LA­TOR" vor dem Zeit­punkt der An­mel­dung in­folge sei­ner Be­nut­zung Un­ter­schei­dungs­kraft für Über­set­zungs­dienst­leis­tun­gen er­wor­ben habe. Das CIPA habe auch nicht be­an­tragt, sol­che Dienst­leis­tun­gen von sei­ner Mar­ken­an­mel­dung aus­zu­neh­men.

Das CIPA legte ge­gen diese Ent­schei­dung Rechts­mit­tel ein und trug vor, dass Über­set­zungs­dienst­leis­tun­gen in sei­ner An­mel­dung nicht erwähnt und da­her von ihr nicht er­fasst würden. Des­halb seien die Einwände des Re­gis­trar ge­gen die Ein­tra­gung un­zu­tref­fend, und die An­mel­dung des CIPA sei zu Un­recht zurück­ge­wie­sen wor­den. Der mit dem Rechts­streit be­fasste High Court of Justice (Ver­ei­nig­tes König­reich) be­fragt den EuGH zu den Er­for­der­nis­sen der Klar­heit und der Ein­deu­tig­keit für die An­gabe der Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen, für die Mar­ken­schutz be­an­tragt wird, und über die Möglich­keit, zu die­sem Zweck Ober­be­griffe der Klas­senüber­schrif­ten der Niz­zaer Klas­si­fi­ka­tion zu ver­wen­den.

Die Gründe:
Die Mar­ken­richt­li­nie ist da­hin aus­zu­le­gen, dass die Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen, für die Mar­ken­schutz be­an­tragt wird, vom An­mel­der so klar und ein­deu­tig an­zu­ge­ben sind, dass die zuständi­gen Behörden und die Wirt­schafts­teil­neh­mer al­lein auf die­ser Grund­lage den Um­fang des Mar­ken­schut­zes be­stim­men können.

Darüber hin­aus steht die Richt­li­nie der Ver­wen­dung der Ober­be­griffe, die in den Klas­senüber­schrif­ten der Niz­zaer Klas­si­fi­ka­tion ent­hal­ten sind, zur An­gabe der Wa­ren und Dienst­leis­tun­gen, für die Mar­ken­schutz be­an­tragt wird, nicht ent­ge­gen. Eine sol­che An­gabe muss je­doch so klar und ein­deu­tig sein, dass der be­an­tragte Schutz­um­fang be­stimmt wer­den kann. Ei­nige der Ober­be­griffe in den Klas­senüber­schrif­ten der Niz­zaer Klas­si­fi­ka­tion sind auch für sich ge­se­hen hin­rei­chend klar und ein­deu­tig; an­dere hin­ge­gen sind zu all­ge­mein for­mu­liert und de­cken zu un­ter­schied­li­che Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen ab, als dass sie mit der Her­kunfts­funk­tion der Marke ver­ein­bar wären.

Da­her ist es Sa­che der zuständi­gen Behörden, im Ein­zel­fall nach Maßgabe der Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen, für die der An­mel­der den Mar­ken­schutz be­an­tragt, zu be­ur­tei­len, ob diese An­ga­ben den Er­for­der­nis­sen der Klar­heit und der Ein­deu­tig­keit genügen. Der An­mel­der ei­ner na­tio­na­len Marke, der zur An­gabe der Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen, für die Mar­ken­schutz be­an­tragt wird, alle Ober­be­griffe der Über­schrift ei­ner be­stimm­ten Klasse der Niz­zaer Klas­si­fi­ka­tion ver­wen­det, muss zu­dem klar­stel­len, ob sich seine An­mel­dung auf alle oder nur auf ei­nige der in der al­pha­be­ti­schen Liste die­ser Klasse auf­geführ­ten Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen be­zieht. In letz­te­rem Fall hat der An­mel­der an­zu­ge­ben, wel­che Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen die­ser Klasse be­an­sprucht wer­den.

Letzt­lich ist es Sa­che des vor­le­gen­den Ge­richts, fest­zu­stel­len, ob das CIPA, als es alle Ober­be­griffe der Über­schrift ei­ner Klasse der Niz­zaer Klas­si­fi­ka­tion ver­wen­det hat, in sei­ner An­mel­dung klar­ge­stellt hat, ob mit ihr alle Dienst­leis­tun­gen die­ser Klasse er­fasst und ob mit ihr ins­bes. Über­set­zungs­dienst­leis­tun­gen be­an­sprucht wer­den.

Link­hin­weis:

Für den auf den Web­sei­ten des EuGH veröff­ent­lich­ten Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier.

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