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EuG: EZB durfte Zugang zu Griechenland-Dokumenten verweigern

Urteil des EuG vom 29.11.2012 - T-590/10

Die Ent­schei­dung der Eu­ropäischen Zen­tral­bank (EZB), den Zu­gang zu zwei Do­ku­men­ten zu ver­wei­gern, die sich mit der wirt­schaft­li­chen Lage Grie­chen­lands be­fas­sen, war rechtmäßig. Die Ver­brei­tung die­ser - da­mals über ein hal­bes Jahr al­ten - Do­ku­mente hätte den Schutz des öff­ent­li­chen In­ter­es­ses im Hin­blick auf die Wirt­schafts­po­li­tik der Union und Grie­chen­lands be­einträch­tigt.

Hin­ter­grund:
Uni­onsbürger so­wie natürli­che oder ju­ris­ti­sche Per­so­nen mit Wohn­sitz oder Sitz in einem Mit­glied­staat ha­ben ein Recht auf Zu­gang zu Do­ku­men­ten der EZB. Al­ler­dings muss die EZB den Zu­gang zu einem Do­ku­ment u.a. dann ver­wei­gern, wenn durch des­sen Ver­brei­tung der Schutz des öff­ent­li­chen In­ter­es­ses be­einträch­tigt würde.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger sind die Bloom­berg Fi­nance LP, die in Lon­don un­ter dem Na­men Bloom­berg News tätig ist, so­wie eine dort tätige Jour­na­lis­tin. Diese stellte im Au­gust 2010 bei der EZB einen An­trag auf Zu­gang zu zwei Do­ku­men­ten, die mit "Die Aus­wir­kun­gen von außerbörs­li­chen Swaps auf das öff­ent­li­che De­fi­zit und den öff­ent­li­chen Schul­den­stand. Der Fall Grie­chen­land" und "Die Tit­los-Trans­ak­tion und das et­waige Be­ste­hen ähn­li­cher Trans­ak­tio­nen, die sich auf den De­fi­zit- oder Schul­den­stand der Länder der Eu­ro­zone aus­wir­ken" be­ti­telt sind.

Die EZB ver­wei­gerte den Zu­gang zu die­sen Do­ku­men­ten und begründete dies u. a. mit dem Schutz des öff­ent­li­chen In­ter­es­ses im Hin­blick auf die Wirt­schafts­po­li­tik der EU und Grie­chen­lands.  Hier­ge­gen wen­den sich die Kläger mit ih­rer Klage.

Das EuG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die EZB hat mit ih­rer Wei­ge­rung, Zu­gang zu den bei­den streit­ge­genständ­li­chen Do­ku­men­ten zu gewähren, kei­nen of­fen­sicht­li­chen Be­ur­tei­lungs­feh­ler hin­sicht­lich der Be­ur­tei­lung des Ri­si­kos ei­ner Be­einträch­ti­gung des öff­ent­li­chen In­ter­es­ses im Hin­blick auf die Wirt­schafts­po­li­tik der Union und Grie­chen­lands be­gan­gen.

Das er­ste Do­ku­ment be­inhal­tet die Ein­schätzun­gen von EZB-Mit­ar­bei­tern zu den Aus­wir­kun­gen außerbörs­li­cher Swaps auf das öff­ent­li­che De­fi­zit und den öff­ent­li­chen Schul­den­stand ins­bes. Grie­chen­lands, und stellt eine Mo­ment­auf­nahme der Si­tua­tion im März 2010 dar. Im Ok­to­ber 2010 begründete die EZB ihre Wei­ge­rung, Zu­gang zu die­sem Do­ku­ment zu gewähren, da­mit, dass die darin ent­hal­te­nen In­for­ma­tio­nen über­holt seien. Da­her würde die Ver­brei­tung die­ser In­for­ma­tio­nen das er­heb­li­che Ri­siko ei­ner schwer­wie­gen­den Ir­reführung der Öff­ent­lich­keit und der Fi­nanzmärkte dar­stel­len.

In die­sem Zu­sam­men­hang ist zu be­ach­ten, dass das Um­feld der eu­ropäischen Fi­nanzmärkte zu dem Zeit­punkt, als die ab­leh­nende Ent­schei­dung er­ging, sehr la­bil war - nicht zu­letzt we­gen der der schwie­ri­gen wirt­schaft­li­chen und fi­nan­zi­el­len Lage Grie­chen­lands. Zu­dem hat­ten diese Si­tua­tion und die Verkäufe im Zu­sam­men­hang mit grie­chi­schen Fi­nanz­an­la­gen starke Wert­ver­luste die­ser An­la­gen zur Folge, was auch bei den grie­chi­schen und an­de­ren eu­ropäischen In­ha­bern zu Ver­lus­ten führte. Es ist da­her of­fen­sicht­lich, dass die Markt­teil­neh­mer die In­for­ma­tio­nen ver­wen­den, die von den Zen­tral­ban­ken ver­brei­tet wer­den, und dass de­ren Ana­ly­sen und Ent­schei­dun­gen als eine be­son­ders be­deut­same und zu­verlässige Quelle für die Be­ur­tei­lung der Ent­wick­lun­gen des Fi­nanz­markts an­ge­se­hen wer­den.

Es er­scheint auch kei­nes­falls aus­ge­schlos­sen, dass die Ein­schätzun­gen der EZB-Mit­ar­bei­ter als noch im­mer gültig an­ge­se­hen wor­den wären. Auch eine mögli­che Klar­stel­lung der EZB, dass diese In­for­ma­tio­nen nicht mehr ak­tu­ell wa­ren, hätte nicht si­cher ver­hin­dern können, dass die Ver­brei­tung des Do­ku­ments die Öff­ent­lich­keit und ins­bes. die Fi­nanz­markt­teil­neh­mer im Hin­blick auf die Si­tua­tion des öff­ent­li­chen De­fi­zits und des öff­ent­li­chen Schul­den­stands ir­re­geführt hätte. Ein sol­cher Irr­tum hätte sich aber ne­ga­tiv auf den Zu­gang Grie­chen­lands zu den Fi­nanzmärk­ten aus­wir­ken und da­mit die wirk­same Steue­rung der Wirt­schafts­po­li­tik Grie­chen­lands und der Union be­einträch­ti­gen können.

Hin­sicht­lich des zwei­ten Do­ku­ments, dass sich mit dem Hin­ter­grund der "Tit­los"-Trans­ak­tion aus­ein­an­der­setzt und eine von Mit­ar­bei­tern der EZB er­stellte Ana­lyse der Fi­nanz­struk­tur die­ser Trans­ak­tion be­inhal­tet, un­ter­suchte die EZB, in wel­cher Weise Grie­chen­land außerbörs­li­che Swaps ver­wen­det hatte und wie sich diese auf die be­ste­hen­den Ri­si­ken aus­ge­wirkt hat­ten. Da der In­halt die­ses Do­ku­ments in en­gem Zu­sam­men­hang mit dem ers­ten Do­ku­ment steht, gilt das oben ge­sagte auch für die­ses Do­ku­ment.

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