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Erfolglose Anträge auf einstweilige Anordnung gegen EZB-Anleihenkaufprogramm

BVerfG 10.10.2017, 2 BvR 859/15 u.a.

Eine einst­wei­lige An­ord­nung hätte, so­weit da­durch der An­kauf von Staats­an­lei­hen durch die Bun­des­bank un­ter­sagt würde, nicht nur vorläufi­gen Cha­rak­ter. Nach ei­ner Ent­schei­dung des EuGH bleibt eine statt­ge­bende Ent­schei­dung des BVerfG in der Haupt­sa­che möglich.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­schwer­deführer ma­chen mit ih­ren Ver­fas­sungs­be­schwer­den gel­tend, dass das Eu­ropäische Sys­tem der Zen­tral­ban­ken mit dem von ihm auf­ge­leg­ten Pro­gramm zum An­kauf von Wert­pa­pie­ren des öff­ent­li­chen Sek­tors (Pu­blic Sec­tor Purchase Pro­gramme - PSPP) ge­gen das Ver­bot mo­netärer Staats­fi­nan­zie­rung und das Prin­zip der be­grenz­ten Ein­ze­lermäch­ti­gung ver­stoße. Mit Be­schluss vom 18.7.2017 hat der Zweite Se­nat des BVerfG die Ver­fah­ren aus­ge­setzt und dem EuGH meh­rere Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­legt.

Mit ih­ren Anträgen auf Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen An­ord­nung woll­ten die Be­schwer­deführer er­rei­chen, dass der Deut­schen Bun­des­bank der wei­tere An­kauf von Staats­an­lei­hen im Rah­men des An­lei­hen­kauf­pro­gramms der Eu­ropäischen Zen­tral­bank (EZB) un­ter­sagt wird. Das BVerfG hat die Anträge ver­wor­fen.

Die Gründe:
Durch den Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen An­ord­nung soll le­dig­lich ein Zu­stand vorläufig ge­re­gelt, nicht aber die Haupt­sa­che vor­weg­ge­nom­men wer­den. Eine sol­che Vor­weg­nahme steht der Zulässig­keit ei­nes An­trags auf Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen An­ord­nung nur dann nicht ent­ge­gen, wenn eine Ent­schei­dung in der Haupt­sa­che mögli­cher­weise zu spät käme und dem An­trag­stel­ler aus­rei­chen­der Rechts­schutz nicht mehr gewährt wer­den könnte. Eine un­zulässige Vor­weg­nahme der Haupt­sa­che ist an­zu­neh­men, wenn der be­an­tragte In­halt der einst­wei­li­gen An­ord­nung und das Rechts­schutz­ziel in der Haupt­sa­che zu­min­dest ver­gleich­bar sind, wenn also die statt­ge­bende einst­wei­lige An­ord­nung mit dem Zeit­punkt ih­res Er­las­ses einen Zu­stand ver­wirk­licht, der erst durch die zeit­lich spätere Ent­schei­dung in der Haupt­sa­che her­ge­stellt wer­den soll.

In­fol­ge­des­sen konn­ten die Anträge kei­nen Er­folg ha­ben. Der Er­lass ei­ner einst­wei­li­gen An­ord­nung hätte, so­weit da­durch der An­kauf von Staats­an­lei­hen durch die Bun­des­bank im Rah­men des PSPP un­ter­sagt würde, nicht nur vorläufi­gen Cha­rak­ter. Mit der Un­ter­bre­chung der An­lei­hekäufe durch die Bun­des­bank würde die Ziel­set­zung des PSPP, durch eine wei­tere Lo­cke­rung der mo­netären und fi­nan­zi­el­len Be­din­gun­gen eine An­he­bung der In­fla­tion auf knapp 2 % zu be­wir­ken, auf­grund des ho­hen pro­zen­tua­len An­teils der von der Bun­des­bank getätig­ten Ankäufe je­den­falls stark ein­ge­schränkt oder womöglich so­gar ver­hin­dert wer­den. Eine an­trags­gemäße einst­wei­lige An­ord­nung ginge da­her über die bloße Si­che­rung des Sta­tus quo hin­aus und wäre weit­ge­hend iden­ti­sch mit ei­ner statt­ge­ben­den Ent­schei­dung in der Haupt­sa­che.

Die Vor­weg­nahme der Haupt­sa­che ist auch nicht aus­nahms­weise zulässig, weil den An­trag­stel­lern sonst ein schwe­rer, nicht wie­der gut­zu­ma­chen­der Nach­teil entstünde. Denn nach ei­ner Ent­schei­dung des EuGH bleibt eine statt­ge­bende Ent­schei­dung des BVerfG in der Haupt­sa­che möglich, so dass die An­trag­stel­ler im Haupt­sa­che­ver­fah­ren ihr Rechts­schutz­ziel er­rei­chen können. Dem steht auch nicht ent­ge­gen, dass der EuGH den An­trag des Se­nats auf Durchführung des be­schleu­nig­ten Ver­fah­rens ab­ge­lehnt hat; denn er hat zu­gleich mit­ge­teilt, die Rechts­sa­che mit Vor­rang zu ent­schei­den.

Link­hin­weis:

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