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Erbengemeinschaft kann selbständiger Rechtsträger in der Grunderwerbsteuer sein

BFH 12.2.2014, II R 46/12

Eine Er­ben­ge­mein­schaft kann durch­aus selbständi­ger Recht­sträger i.S.d. Grund­er­werb­steu­er­rech­tes sein. Er­langt eine Er­ben­ge­mein­schaft ins­ge­samt mehr als 95 % der An­teile an ei­ner grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft, wird sie nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG grund­er­werb­steu­er­recht­lich ebenso be­han­delt, als habe sie das Grundstück von der Ge­sell­schaft er­wor­ben.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine aus zwei Miter­ben be­ste­hende un­ge­teilte Er­ben­ge­mein­schaft. Der ver­stor­bene Erb­las­ser war im Zeit­punkt sei­nes To­des, im Au­gust 2007, mit 85 % an ei­ner GmbH be­tei­ligt. Zum Ge­sell­schafts­vermögen gehört um­fang­rei­cher Grund­be­sitz. Später er­warb die Er­ben­ge­mein­schaft im Zuge ver­schie­de­ner ge­sell­schafts­recht­li­cher Vorgänge alle An­teile an der grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft. So etwa durch den Be­schluss über eine Ka­pi­tal­erhöhung. Darin ver­ein­bar­ten die Ge­sell­schaf­ter ausdrück­lich, dass die bis­he­ri­gen Ge­sell­schaf­ter in dem­sel­ben Um­fang, in dem sie bis­lang an der Ge­sell­schaft be­tei­ligt wa­ren, an der Ka­pi­tal­erhöhung teil­neh­men durf­ten.

Das Fi­nanz­amt setzte ge­genüber ei­ner Miter­bin als Tes­ta­ments­voll­stre­cke­rin für die Kläge­rin Grund­er­werb­steuer i.H.v. 226.500 € fest. Hier­ge­gen wandte sich die Kläge­rin. Sie war der An­sicht, für die Frage, wer Er­wer­ber i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG sei, müsse dar­auf ab­ge­stellt wer­den, wer in bürger­lich-recht­li­chem Sinne Recht­sträger der An­teile sei. Nach dem Tod des Erb­las­sers habe nicht die Kläge­rin als Er­ben­ge­mein­schaft die An­teile ge­erbt, son­dern die ein­zel­nen Er­ben. Eine Er­ben­ge­mein­schaft sei keine durch einen ge­mein­sa­men Zweck ver­bun­dene, son­dern eine auf Auflösung ge­rich­tete Ge­mein­schaft.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH so­wohl die Vor­ent­schei­dung als auch die Grund­er­werb­steu­er­be­scheide auf.

Die Gründe:
Zunächst ein­mal hatte das FG zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass die Kläge­rin als Er­ben­ge­mein­schaft in ih­rer ge­samthände­ri­schen Ver­bun­den­heit Er­wer­be­rin i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG sein konnte. Zwar ging es im vor­lie­gen­den Fall nicht um den Er­werb ei­nes Grundstücks, son­dern um die Erfüllung ei­nes der im Grund­er­werb­steu­er­recht ge­son­dert ge­re­gel­ten Er­satz­tat­bestände. § 1 Abs. 3 GrEStG er­fasst Rechts­vorgänge auf ge­sell­schafts­recht­li­cher Ebene, die ih­rer wirt­schaft­li­chen Be­deu­tung nach dem Er­werb ei­nes Grundstücks gleich­ste­hen.

Mit dem Er­werb von mind. 95 % der An­teile an ei­ner grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft wird de­ren In­ha­ber so be­han­delt, als habe er die zum Vermögen der Ge­sell­schaft gehören­den Grundstücke von der Ge­sell­schaft selbst er­wor­ben. Er­langt nun eine Er­ben­ge­mein­schaft ins­ge­samt mehr als 95 % der An­teile an ei­ner grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft, wird sie nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG grund­er­werb­steu­er­recht­lich ebenso be­han­delt, als habe sie das Grundstück von der Ge­sell­schaft er­wor­ben. Dies kann etwa da­durch ge­sche­hen, dass die Be­tei­li­gung der Er­ben­ge­mein­schaft an ei­ner grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft durch Hin­zu­er­werb wei­te­rer An­teile oder durch eine Ka­pi­tal­erhöhung auf 95 % oder mehr der An­teile die­ser Ge­sell­schaft erhöht wird. Auf die ein­zel­nen Er­ban­teile der Miter­ben ist da­ge­gen nicht ab­zu­stel­len, weil die Er­ben­ge­mein­schaft als ein­heit­li­cher Recht­sträger an­zu­se­hen ist.

Da der ge­gen die Er­ben­ge­mein­schaft er­gan­gene Steu­er­be­scheid die tat­be­stands­erfüllen­den Umstände je­doch nicht ge­nau er­fasst hatte, führte die Re­vi­sion zur Auf­he­bung der Vor­ent­schei­dung und der an­ge­foch­te­nen Grund­er­werb­steu­er­be­scheide. Der Be­schluss über die Ka­pi­tal­erhöhung begründete für sich ge­nom­men noch kei­nen An­spruch auf Über­tra­gung von Ge­sell­schafts­an­tei­len, auf­grund des­sen min­des­tens 95 % in der Hand der Kläge­rin ver­ei­nigt wa­ren. Die Ge­sell­schaf­ter hat­ten hierin ausdrück­lich ver­ein­bart, dass die bis­he­ri­gen Ge­sell­schaf­ter in dem­sel­ben Um­fang, in dem sie bis­lang an der Ge­sell­schaft be­tei­ligt wa­ren, an der Ka­pi­tal­erhöhung teil­neh­men durf­ten. Durch den Be­schluss hatte die Kläge­rin kei­nen An­spruch auf eine höhere Be­tei­li­gung als die bis da­hin ge­hal­te­nen 85 % der An­teile er­langt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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