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Entlastungsanspruch des Verwenders von Energieerzeugnissen setzt keine Festsetzung und Entrichtung der Energiesteuer voraus

BFH 20.9.2016, VII R 7/16

Für die Erfüllung des Tat­be­stands­merk­mals der nach­weis­li­chen Ver­steue­rung in § 51 Abs. 1 En­er­gieStG ist die Ent­ste­hung der En­er­gie­steuer für das ver­wen­dete En­er­gie­er­zeug­nis nicht aus­rei­chend. Der Ent­las­tungs­an­spruch nach § 51 Abs. 1 En­er­gieStG ent­steht mit der Ver­wen­dung des von einem Lie­fe­rer in der Re­gel ge­gen Rech­nung be­zo­ge­nen En­er­gie­er­zeug­nis­ses und ist nicht von der Fest­set­zung und Ent­rich­tung der für das be­zo­gene En­er­gie­er­zeug­nis ent­stan­de­nen En­er­gie­steuer abhängig.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin machte im Jahr 2011 ge­genüber dem be­klag­ten Haupt­zoll­amt eine Steu­er­vergütung für das 2. Quar­tal 2011 gel­tend. Für die von der Kläge­rin be­zo­ge­nen und nach § 51 Abs. 1 des En­er­gie­steu­er­ge­set­zes in der im Streit­jahr gel­ten­den Fas­sung (En­er­gieStG) be­zo­ge­nen Erd­gas­men­gen mel­dete der Ver­sor­ger die En­er­gie­steuer am 30.5.2012 an.

Im Ja­nuar 2013 stellte die Kläge­rin einen be­rich­tig­ten An­trag für das 2. Quar­tal 2011 so­wie erst­mals einen Ent­las­tungs­an­trag für das 3. Quar­tal 2011. Der Ver­sor­ger gab am 4. Juni 2013 eine ent­spre­chend kor­ri­gierte Steu­er­an­mel­dung ab. Das Haupt­zoll­amt lehnte die Ent­las­tungs­anträge un­ter Hin­weis auf den Ein­tritt der Fest­set­zungs­verjährung ab. Auf den dar­auf­hin ein­ge­leg­ten Ein­spruch setzte es die Steu­er­ent­las­tung für das 3. Quar­tal 2011 fest und wies den Rechts­be­helf im Übri­gen als un­begründet zurück.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Haupt­zoll­amts hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Ent­ste­hung des Ent­las­tungs­an­spruchs nach § 51 Abs. 1 En­er­gieStG setzt nicht vor­aus, dass die ent­stan­dene En­er­gie­steuer fest­ge­setzt oder be­reits ent­rich­tet wor­den ist. Im Streit­fall sind die von der Kläge­rin gel­tend ge­mach­ten An­sprüche durch Ein­tritt der Fest­set­zungs­verjährung er­lo­schen.

Um ins­be­son­dere Vergütungs­an­sprüche für steu­er­frei be­zo­gene En­er­gie­er­zeug­nisse aus­zu­schließen, enthält die Ent­las­tungs­re­ge­lung des § 51 Abs. 1 En­er­gieStG das Merk­mal, dass eine Steu­er­ent­las­tung (nur) für nach­weis­lich ver­steu­erte En­er­gie­er­zeug­nisse gewährt wird. In Be­zug auf die­ses Tat­be­stands­merk­mal ist dem En­er­gieStG keine De­fi­ni­tion zu ent­neh­men, so dass eine Deu­tung des Be­griffs der Ver­steue­rung ge­bo­ten ist, die sich an dem Sinn und Zweck der Ent­las­tungs­re­ge­lung ori­en­tiert. Nicht aus­rei­chend für die Erfüllung die­ses Tat­be­stands­merk­mals ist die Ent­ste­hung der Steuer. Denn nur auf­grund der Erfüllung ei­nes Steu­er­ent­ste­hungs­tat­be­stan­des, z.B. auch durch eine un­rechtmäßige Ent­nahme von En­er­gie­er­zeug­nis­sen oder Strom in den steu­er­recht­lich freien Ver­kehr, kann nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass diese Er­zeug­nisse buchmäßig er­fasst wor­den sind, so dass eine ord­nungs­gemäße Ver­steue­rung gewähr­leis­tet wer­den kann. Viel­mehr müssen Umstände hin­zu­tre­ten, die die Steu­er­ent­ste­hung ve­ri­fi­zie­ren.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des FG ist der Be­griff der Ver­steue­rung nicht da­hin aus­zu­le­gen, dass es ei­nes die En­er­gie­steuer fest­set­zen­den Steu­er­be­scheids bzw. der Ab­gabe ei­ner Steu­er­an­mel­dung durch den Lie­fe­rer oder gar der Ent­rich­tung der En­er­gie­steuer be­darf. Die Ent­ste­hung des Vergütungs­an­spruchs kann nicht von der Fest­set­zung der Steuer durch einen Steu­er­be­scheid oder der Ab­gabe ei­ner Steu­er­an­mel­dung durch den Lie­fe­rer abhängig ge­macht wer­den. Der Ent­las­tungs­an­spruch ent­steht viel­mehr be­reits mit der steu­er­begüns­tig­ten Ver­wen­dung des En­er­gie­er­zeug­nis­ses, wo­bei un­ter­stellt wer­den kann, dass in die­sem Zeit­punkt die vom Lie­fe­rer nach § 79 Abs. 2 En­er­gieStV zu führen­den Auf­zeich­nun­gen aus­rei­chende Gewähr für die Durch­set­zung des Steu­er­an­spruchs bie­ten. Würde vom Ver­wen­der der Nach­weis der Steu­er­fest­set­zung oder der Ent­rich­tung der Steuer durch den Lie­fe­rer bzw. Ver­sor­ger ge­for­dert, wäre das en­er­gie­steu­er­recht­li­che Ent­las­tungs­ver­fah­ren nur mit einem er­heb­li­chen Auf­wand durchführ­bar und kaum prak­ti­ka­bel.

Vor­lie­gend hat die Kläge­rin das von ihr be­zo­gene Erd­gas im Jahr 2011 zu steu­er­begüns­tig­ten Zwecken i.S.d. § 51 Abs. 1 En­er­gieStG ver­wen­det. Dem­nach be­gann die einjährige Fest­set­zungs­frist des § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO nach § 170 Abs. 1 AO mit Ab­lauf des 31.12.2011 und en­dete mit Ab­lauf des 31.12.2012. Im Ja­nuar 2013, in dem die Kläge­rin erst­mals für das 3. Quar­tal 2011 einen Ent­las­tungs­an­trag ge­stellt hat, war dem­nach die Fest­set­zungs­frist im Zeit­punkt der An­trag­stel­lung be­reits ab­ge­lau­fen, so dass der für die­sen Zeit­raum gel­tend ge­machte Ent­las­tungs­an­spruch in­folge des Ein­tritts der Fest­set­zungs­verjährung nach § 47 AO er­lo­schen ist. So­weit die Kläge­rin im Ja­nuar 2013 für das 2. Quar­tal 2011 die ur­sprüng­li­che Steu­er­an­mel­dung be­rich­tigt und einen ent­spre­chend geänder­ten An­trag ge­stellt hat, ist der An­trag nicht wie er­for­der­lich vor Ab­lauf der Fest­set­zungs­verjährungs­frist ge­stellt wor­den. Mit dem Ab­lauf der Fest­set­zungs­frist ent­fiel nach § 164 Abs. 4 S. 1 AO der Vor­be­halt der Nachprüfung. Einen An­trag nach § 164 Abs. 2 S. 2 AO auf Ände­rung der nun­mehr endgülti­gen Fest­set­zung konnte die Kläge­rin von die­sem Zeit­punkt an nicht mehr mit Er­folg stel­len, so dass auch hin­sicht­lich der im 2. Quar­tal 2011 ver­wen­de­ten Erd­gas­men­gen Fest­set­zungs­verjährung ein­ge­tre­ten ist.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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