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Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht

BFH 27.11.2013, II R 56/12

Eine um­fang­rei­che Vor­pla­nung sei­tens der Veräußerer­seite reicht für sich al­lein nicht aus um an­zu­neh­men, dass der Er­wer­ber das - im Zeit­punkt des Er­werbs noch un­be­baute oder un­sa­nierte - Grundstück im be­bau­ten oder sa­nier­ten Zu­stand er­wirbt. Hin­zu­kom­men muss, dass die auf der Veräußerer­seite han­deln­den Per­so­nen auch zur Verände­rung des körper­li­chen Zu­stands des Grundstücks ver­pflich­tet sind.

Der Sach­ver­halt:
Mit no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­tem Kauf­an­ge­bot von März 2004 bot eine aus zwei Per­so­nen be­ste­hende Er­ben­ge­mein­schaft B an, ein Grundstück zu einem fest­ste­hen­den Kauf­preis zu er­wer­ben oder Dritte als Käufer zu be­nen­nen. Gemäß ei­ner Bau­be­schrei­bung der Ar­chi­tek­ten von Ok­to­ber 2004 sollte auf dem Grundstück ein Wohn­gebäude neu er­rich­tet wer­den. Die Ar­chi­tek­ten be­rech­ne­ten die Ge­samt­bau­kos­ten und er­stell­ten einen Tei­lungs­plan für die spätere Auf­tei­lung des Gebäudes in Woh­nungs­ei­gen­tum.

Mit Ge­sell­schafts­ver­trag von April 2005 er­rich­te­ten der Kläger, seine Ehe­frau und wei­tere Per­so­nen eine GbR. Nach dem Ge­sell­schafts­ver­trag soll­ten die Ge­sell­schaf­ter das Grundstück zu Mit­ei­gen­tum er­wer­ben, ge­mein­sam be­bauen und in Ei­gen­tums­woh­nun­gen auf­tei­len. Die Be­bau­ung sollte sich an der Ob­jekt­be­schrei­bung, der Bau­be­schrei­bung, dem Tei­lungs­ver­trag und der Kos­ten­be­rech­nung der Ar­chi­tek­ten ori­en­tie­ren. Die Bau­kos­ten wa­ren im Ver­trag ausdrück­lich als Schätzung be­zeich­net und soll­ten an­tei­lig den Ge­sell­schaf­tern zu­ge­rech­net wer­den. Die GbR sollte ohne wei­te­ren Be­schluss mit Ab­schluss al­ler Bau­ar­bei­ten be­en­det sein.

Zur Führung der Ge­schäfte be­stell­ten die Ge­sell­schaf­ter B, zum Bau­be­treuer P. Mit no­ta­ri­el­ler Ur­kunde von April 2005 be­nannte B die Ge­sell­schaf­ter der GbR als Käufer des Grundstücks und nahm für diese Per­so­nen das Kauf­an­ge­bot an. Im Mai 2005 schloss die GbR, ver­tre­ten durch B und P, mit den Ar­chi­tek­ten einen Ar­chi­tek­ten­ver­trag. Im sel­ben Mo­nat be­an­tragte die GbR bei der zuständi­gen Auf­sichts­behörde die Er­tei­lung ei­ner Bau­ge­neh­mi­gung zur Er­rich­tung des Wohn­gebäudes. Von Sep­tem­ber 2005 (Roh­bau) bis No­vem­ber 2006 (Dach, Sa­nitär, Wärmedämmung) schloss P im Na­men und im Auf­trag der GbR Ein­zel­verträge mit un­ter­schied­li­chen Bau­hand­wer­kern über die Ausführung der Ge­werke zur Er­rich­tung des Gebäudes ab.

Das Fi­nanz­amt ge­langte auf der Grund­lage der ein­ge­reich­ten Un­ter­la­gen zu der Auf­fas­sung, die Verträge zur Er­rich­tung des Wohn­hau­ses stünden im Zu­sam­men­hang mit dem Grundstücks­kauf­ver­trag und seien da­her als sog. ein­heit­li­ches Ver­trags­werk zu be­ur­tei­len. Dem­ent­spre­chend setzte das Fi­nanz­amt die Grund­er­werb­steuer für den Kläger un­ter Ein­be­zie­hung sei­nes An­teils an den Bau­kos­ten auf 3.790 € fest. Da­von ent­fie­len 286 € auf den an­tei­li­gen Kauf­preis für das un­be­baute Grundstück.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des KLägers job der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Fi­nanz­amt und FG sind zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die an­tei­li­gen Bau­er­rich­tungs­kos­ten in die Be­mes­sungs­grund­lage für die Grund­er­werb­steuer ein­zu­be­zie­hen sind. Es fehlt die dafür er­for­der­li­che Ver­pflich­tung der Veräußerer­seite, das Grundstück körper­lich zu verändern.

Nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG rich­tet sich die als Be­mes­sungs­grund­lage der Grund­er­werb­steuer an­zu­set­zende Ge­gen­leis­tung nach dem Ge­gen­stand des Er­werbs­vor­gangs. Der Ge­gen­stand des Er­werbs­vor­gangs wird zunächst durch das den Steu­er­tat­be­stand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zi­vil­recht­li­che Ver­pflich­tungs­ge­schäft be­stimmt. Er­gibt sich je­doch aus wei­te­ren Ver­ein­ba­run­gen, die mit die­sem Rechts­ge­schäft in einem recht­li­chen oder zu­min­dest ob­jek­tiv sach­li­chen Zu­sam­men­hang ste­hen, dass der Er­wer­ber das beim Ab­schluss des Kauf­ver­trags un­be­baute Grundstück in be­bau­tem Zu­stand erhält, be­zieht sich der grund­er­werb­steu­er­recht­li­che Er­werbs­vor­gang auf die­sen ein­heit­li­chen Er­werbs­ge­gen­stand.

Ein sol­cher ein­heit­li­cher Er­werb­st­at­be­stand liegt auch vor, wenn auf der Veräußerer­seite meh­rere Per­so­nen auf­grund ei­nes ab­ge­stimm­ten Ver­hal­tens auf den Ab­schluss so­wohl des Grundstücks­kauf­ver­trags als auch der Verträge, die der Be­bau­ung des Grundstücks die­nen, hin­wir­ken und diese zur Verände­rung des körper­li­chen Zu­stands des Grundstücks ver­pflich­tet sind. Fehlt es je­doch an ei­ner sol­chen Ver­pflich­tung, be­trifft die vom Er­wer­ber ge­schul­dete Vergütung aus den ge­schlos­se­nen Verträgen nicht den Er­werb des be­bau­ten Grundstücks, son­dern le­dig­lich Dienst­leis­tun­gen im Zu­sam­men­hang mit dem vom Er­wer­ber selbst her­zu­stel­len­den Gebäude, die Lie­fe­rung be­weg­li­cher Ge­genstände (z.B. Bau­ma­te­ria­lien) oder die Be­reit­stel­lung von Pla­nungs­un­ter­la­gen. Sol­che Leis­tun­gen un­ter­lie­gen nicht der Grund­er­werb­steuer.

Auf die Frage, ob das Grundstück so­wie die sons­ti­gen Dienst- und Sach­leis­tun­gen von der Veräußerer­seite ein­heit­lich an­ge­bo­ten wur­den, kommt es beim Feh­len ei­ner Her­stel­lungs- oder Sa­nie­rungs­ver­pflich­tung der Veräußerer­seite ebenso we­nig an wie dar­auf, ob die Verträge in einem ob­jek­tiv en­gen sach­li­chen Zu­sam­men­hang ste­hen und der Er­wer­ber bei Ab­schluss des Grundstücks­kauf­ver­trags hin­sicht­lich der kon­kre­ten Be­bau­ung des Grundstücks recht­lich oder auch nur wirt­schaft­lich ge­bun­den war. Aus­ge­hend von die­sen Grundsätzen ist das FG im Streit­fall zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass der Kläger das Grundstück im be­bau­ten Zu­stand er­wor­ben hat und die Bau­er­rich­tungs­kos­ten in die Be­mes­sungs­grund­lage für die Grund­er­werb­steuer ein­zu­be­zie­hen sind.

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