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Steuerberatung

Einführungsschreiben zur E-Rechnung

Das Bun­des­mi­nis­te­rium der Fi­nan­zen (BMF) nimmt in einem ers­ten Schrei­ben vom 15.10.2024 ausführ­lich zur Einführung der ob­li­ga­to­ri­schen elek­tro­ni­schen Rech­nung bei Umsätzen zwi­schen inländi­schen Un­ter­neh­men ab dem 01.01.2025 Stel­lung und ändert den Um­satz­steu­er­an­wen­dungs­er­lass ent­spre­chend. Die zahl­rei­chen Ein­ga­ben der Verbände zum Ent­wurf des Schrei­bens sind da­bei lei­der über­wie­gend un­berück­sich­tigt ge­blie­ben.

Die Einführung der ver­pflich­ten­den E-Rech­nung ist Teil des Maßnah­men­pa­ke­tes der EU-Kom­mis­sion im Rah­men der In­itia­tive „VAT in the Di­gi­tal AGE“ (kurz: ViDA). Das Mehr­wert­steu­er­sys­tem soll da­bei ei­ner­seits ver­ein­facht und an­de­rer­seits durch die zu­neh­mende Di­gi­ta­li­sie­rung wi­der­standsfähi­ger ge­gen Be­trug ge­macht wer­den.

Während EU-weit noch keine Ei­ni­gung zu ViDA er­zielt wer­den konnte, hat Deutsch­land auf Ba­sis ei­ner Son­der­ermäch­ti­gung der EU-Kom­mis­sion mit dem Wachs­tums­chan­cen­ge­setz (BGBl. I 2024 Nr. 108) be­reits die Re­ge­lun­gen zur Aus­stel­lung von Rech­nun­gen nach § 14 Um­satz­steu­er­ge­setz (UStG) für nach dem 31.12.2024 aus­geführte Umsätze neu ge­fasst. Als Kern­punkt der Neu­re­ge­lung wird die ob­li­ga­to­ri­sche Ver­wen­dung ei­ner elek­tro­ni­schen Rech­nung bei Umsätzen zwi­schen inländi­schen Un­ter­neh­mern (inländi­sche B2B-Umsätze) ein­geführt.

Mit Da­tum vom 15.10.2024 hat das BMF nun ein Schrei­ben zur Einführung der ob­li­ga­to­ri­schen elek­tro­ni­schen Rech­nung bei Umsätzen zwi­schen inländi­schen Un­ter­neh­mern ab dem 01.01.2025 veröff­ent­licht.

Lei­der wur­den darin die zahl­rei­chen Vor­schläge der Ver­bands­ein­ga­ben (u. a. von der Bun­des­steu­er­be­ra­ter­kam­mer, dem In­sti­tut für die Di­gi­ta­li­sie­rung im Steu­er­recht e.V. und dem In­sti­tut der Wirt­schaftsprüfer), de­nen Ge­le­gen­heit zu Stel­lung­nahme zu dem am 13.06.2024 vor­ge­leg­ten Ent­wurf des BMF-Schrei­bens ge­ge­ben wurde, nicht bzw. kaum berück­sich­tigt.

Was ändert sich am 01.01.2025? Eckpunkte der gesetzlichen Neuregelung

Be­trof­fene Un­ter­neh­mer

Für Leis­tun­gen, die nach dem 01.01.2025 zwi­schen zwei im In­land ansässi­gen Un­ter­neh­men aus­geführt wer­den, sind zukünf­tig elek­tro­ni­sche Rech­nun­gen zu er­tei­len. Hier­von aus­ge­nom­men sind Rech­nun­gen über be­stimmte steu­er­freie Leis­tun­gen und Klein­be­trags­rech­nun­gen.

De­fi­ni­tion der E-Rech­nung

Eine elek­tro­ni­sche Rech­nung ist eine Rech­nung, die in einem struk­tu­rier­ten elek­tro­ni­schen For­mat aus­ge­stellt, über­mit­telt und emp­fan­gen wird und eine elek­tro­ni­sche Ver­ar­bei­tung ermöglicht. Alle an­de­ren For­mate (bspw. Pa­pier- oder PDF-Rech­nun­gen) stel­len zukünf­tig dem­ge­genüber sons­tige Rech­nun­gen dar.

Be­trof­fene Leis­tun­gen/Rech­nun­gen (zwi­schen im In­land ansässi­gen Un­ter­neh­mer)

Grundsätz­lich fal­len nur Rech­nun­gen über im In­land steu­er­bare Umsätze zwi­schen im In­land ansässi­gen Un­ter­neh­mern un­ter die ge­setz­li­che Neu­re­ge­lung. Er­fasst wer­den da­mit bspw.

  • Rech­nun­gen und Gut­schrif­ten mit of­fe­nem Um­satz­steu­er­aus­weis
  • Rech­nun­gen über inländi­sche § 13b UStG Umsätze (z. B. Bau­leis­tun­gen, Strom­lie­fe­run­gen)
  • Steu­er­freie Umsätze, wie bspw. Aus­fuh­ren und in­ner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­run­gen
  • Rech­nun­gen von und an Klein­un­ter­neh­mer.

Aus­nah­men

Von der ge­ne­rel­len-E-Rech­nungs­pflicht aus­ge­nom­men sind:

  • Rech­nun­gen über nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steu­er­be­freite Leis­tun­gen, bspw. die steu­er­freie Kre­dit­gewährung und die steu­er­freie Ver­mie­tungs­leis­tung
  • Klein­be­trags­rech­nun­gen (§ 33 UStDV) und Fahr­aus­weise (§ 34 UStDV)
  • Leis­tun­gen an ju­ris­ti­sche Per­so­nen, die nicht un­ter­neh­me­ri­sch tätig sind.

Kein Zu­stim­mungs­er­for­der­nis

E-Rech­nun­gen zwi­schen im In­land ansässi­gen Un­ter­neh­mern bedürfen nicht der Zu­stim­mung des Leis­tungs­empfängers. Dies gilt auch für die Zeiträume, in de­nen die Überg­angs­fris­ten nach § 27 Abs. 38 UStG n. F. gel­ten. Dies be­deu­tet für Un­ter­neh­mer, dass sie ab 01.01.2025 E-Rech­nun­gen emp­fan­gen können müssen.

Keine Ver­pflich­tung zur au­to­ma­ti­sier­ten Ver­ar­bei­tung

Zu be­ach­ten ist, dass durch die Einführung der ver­pflich­ten­den E-Rech­nung le­dig­lich das For­mat der E-Rech­nung geändert wurde. Es wurde we­der eine Ver­pflich­tung zur au­to­ma­ti­sier­ten Ver­ar­bei­tung der E-Rech­nun­gen noch zur au­to­ma­ti­sier­ten Mel­dung ge­setz­lich nor­miert.

Übergangsregelung

Für bis zum 31.12.2026 er­brachte Leis­tun­gen gilt ein Wahl­recht, nach dem wei­ter­hin Pa­pier-Rech­nun­gen oder mit Zu­stim­mung des Empfängers Rech­nun­gen in einem an­de­ren elek­tro­ni­schen For­mat aus­ge­stellt wer­den können.

Beträgt der Ge­samt­um­satz (§ 19 Abs. 3 UStG) im Jahr 2026 we­ni­ger als 800.000 Euro, verlängert sich diese Frist bis zum 31.12.2027. Zu­dem gibt es eine Überg­angs­re­ge­lung für EDI-Rech­nun­gen.

Das BMF hat nun­mehr - wie be­reits erwähnt - mit Schrei­ben vom 15.10.2024 um­fang­reich Stel­lung zur Einführung der E-Rech­nung ge­nom­men. Wir ha­ben Ih­nen in der An­lage eine Über­sicht der An­pas­sungs­the­men, par­ti­ell mit ei­ner Be­schrei­bung der Eck­punkte und ei­ge­nen Hin­wei­sen bei­gefügt.

Eigene Einschätzung

Zu begrüßen ist vor die­sem Hin­ter­grund, dass den Rechts­an­wen­dern mit dem vor­lie­gen­den BMF-An­wen­dungs­schrei­ben be­reits jetzt, also vor dem In­kraft­tre­ten der ge­setz­li­chen Neu­re­ge­lung, zahl­rei­che Hil­fe­stel­lun­gen an die Hand ge­ge­ben wer­den.

Al­ler­dings un­ter­schei­det das vor­lie­gende Schrei­ben ins­be­son­dere bei den An­for­de­run­gen an die E-Rech­nung mit aus­wert­ba­ren Rech­nungs­merk­ma­len noch nicht hin­rei­chend die Vor­ga­ben des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs (EuGH, bspw. auch zur Ent­schei­dung „Bar­lis 06“) und des Bun­des­fi­nanz­hofs (BFH) im Hin­blick auf die not­wen­dige Un­ter­schei­dung von for­mel­len und ma­te­ri­el­len Vor­aus­set­zun­gen für den Vor­steu­er­ab­zug.

Zu begrüßen ist, dass die Fi­nanz­ver­wal­tung diese Un­ter­schei­dung zwar in Rn. 58 an­ge­legt hat, im Übri­gen wer­den je­doch un­se­res Er­ach­tens zu strenge Maßstäbe an die For­mat­vor­ga­ben für die E-Rech­nung ge­stellt. Ins­be­son­dere die Ausführun­gen in Rn. 35 des vor­lie­gen­den Schrei­bens, wo­nach ergänzende An­ga­ben in einem in die E-Rech­nung in­te­grier­ten An­hang auf­ge­nom­men wer­den können bzw. müssen, sind für die Pra­xis nicht ak­zep­ta­bel und ge­hen über die recht­li­chen An­for­de­run­gen für den Vor­steu­er­ab­zug hin­aus. Ergänzende An­ga­ben und/oder Do­ku­mente müssen auch in an­de­ren For­ma­ten beim Steu­er­pflich­ti­gen vor­ge­hal­ten wer­den können, ohne dass das Vor­lie­gen ei­ner ord­nungs­gemäßen E-Rech­nung und der Vor­steu­er­ab­zug hier­aus in Frage ge­stellt wird.

Die Einführung der ver­pflich­ten­den E-Rech­nung kann nicht dazu führen, dass im Hin­blick auf Vor­aus­set­zun­gen des Vor­steu­er­ab­zugs wie­der eine Rolle rückwärts ge­macht wird. Bspw. können Leis­tun­gen be­trof­fen sein, über die nur we­nige Per­so­nen im Un­ter­neh­men zunächst Kennt­nis ha­ben dürfen und ha­ben (bspw. Sa­nie­rungsmaßnah­men, Stand­ort­schließun­gen, Pro­duk­ti­ons­ver­la­ge­run­gen etc.). Ergänzende Un­ter­la­gen/Verträge etc. lie­gen in die­sen Fällen übli­cher­weise bei der Ge­schäftsführung und ggf. einem klei­nen er­wei­ter­ten Kreis vor. Bei der Rech­nungs­stel­lung wird dies häufig über die An­gabe von Pro­jekt­na­men und/oder un­ter Be­zug­nahme auf den kon­kre­ten Be­ra­tungs­auf­trag/-ver­trag gelöst, der im Be­darfs­fall der Fi­nanz­ver­wal­tung vor­ge­legt wer­den kann. Auch für diese Fälle muss ein in der Pra­xis hand­hab­ba­rer Weg im­ple­men­tiert wer­den, der den Steu­er­pflich­ti­gen eine recht­si­chere An­wen­dung ermöglicht, ohne da­bei auf Ku­lanzlösun­gen der Fi­nanz­ver­wal­tung an­ge­wie­sen sein zu müssen.

Darüber hin­aus fehlt bis­her eine Po­si­tio­nie­rung und Klar­stel­lung zu § 14c UStG-Fra­ge­stel­lun­gen. In zahl­rei­chen Ein­ga­ben wurde u. a. dar­auf hin­ge­wie­sen, dass nach Einführung der ver­pflich­ten­den E-Rech­nung Verträge al­lein nicht mehr die Rechts­folge des § 14c UStG auslösen können, da diese im un­ter­neh­me­ri­schen Be­reich nicht als E-Rech­nung aus­ge­stal­tet wer­den können und da­mit die­sen Do­ku­men­ten fortan per se die Eig­nung für eine die Steu­er­schuld nach § 14c UStG auslösende Rech­nung fehlt.

Im nicht­un­ter­neh­me­ri­schen Be­reich können Verträge auf­grund der uni­ons­rechts­kon­for­men ein­schränken­den Aus­le­gung auch keine Steu­er­schuld nach § 14c UStG für den Rech­nungs­aus­stel­ler auslösen (siehe A 14c.1 Abs. 1a UStAE).

Darüber hin­aus schei­nen die im Schrei­ben auf­ge­zeig­ten An­for­de­run­gen für Rech­nungs­be­rich­ti­gun­gen un­verhält­nismäßig. So er­schei­nen fortan Kor­rek­tu­ren auf­grund der E-Rech­nungs­for­mer­for­der­nisse nur noch über Storno und Neu­aus­stel­lung möglich zu sein. Ge­rade bei sys­te­mi­schen Feh­lern, die zu einem Kor­rek­tur­er­for­der­nis ei­ner Viel­zahl von Ein­zel­rech­nun­gen führen, muss für Un­ter­neh­men auch nach Einführung der E-Rech­nung die Möglich­keit von Sam­mel­kor­rek­tu­ren of­fen­ste­hen.

Be­dau­er­lich ist so­mit, dass trotz der zahl­rei­chen Ein­ga­ben der Verbände, diese gu­ten und prak­ti­ka­blen Vor­schläge of­fen­sicht­lich nicht bzw. kaum im fi­na­len BMF-Schrei­ben berück­sich­tigt wur­den.

In­so­fern bleibt zu hof­fen, dass dies al­lein da­durch begründet ist, dass dem BMF an ei­ner zeit­na­hen Veröff­ent­li­chung des fi­na­len Schrei­bens vor Gel­tung der ge­setz­li­chen Neu­re­ge­lung ab 01.01.2025 ge­le­gen war und aus Sicht der Pra­xis not­wen­dige An­pas­sun­gen in einem ergänzen­den Schrei­ben auf­ge­nom­men wer­den.

Sollte die Fi­nanz­ver­wal­tung an den im vor­ge­leg­ten Einführungs­schrei­ben stren­gen Maßstäben für die E-Rech­nung fest­hal­ten zu wol­len, ist zu befürch­ten, dass Un­ter­neh­men hier­auf mit Zurück­hal­tung bei der Einführung von E-Rech­nun­gen rea­gie­ren wer­den.

Eine zeit­nahe An­pas­sung und Po­si­tio­nie­rung im Hin­blick auf die Auf­nahme prak­ti­ka­bler Lösungs­ansätze für

  • E-Rech­nun­gen ergänzende An­la­gen,
  • Durchführung von Sam­mel­kor­rek­tu­ren,
  • 14c UStG-Fra­ge­stel­lun­gen so­wie
  • ei­ner recht­si­che­ren An­wen­dung der EuGH-Recht­spre­chung für Zwecke des Vor­steu­er­ab­zu­ges

ist aus Gründen der Prak­ti­ka­bi­lität und aus Gründen der Rechts­si­cher­heit ge­bo­ten.

Bei Fra­gen zur E-Rech­nung ste­hen wir Ih­nen selbst­verständ­lich gerne zur Verfügung.

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