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BVerfG-Vorlage zur Verfassungsmäßigkeit der pauschalen Lohnsteuerpflicht der Arbeitgeber für Sonderleistungen an Pensionskassen

BFH 14.11.2013, VI R 50/12 u.a.

Ist es mit dem all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz nach Art. 3 Abs. 1 GG ver­ein­bar, dass Ar­beit­ge­ber für be­stimmte Lohn­einkünfte ih­rer Ar­beit­neh­mer zwangs­weise pau­schale Lohn­steuer zu zah­len ha­ben, durch die sie selbst de­fi­ni­tiv be­las­tet wer­den? Diese Frage hat der BFH dem BVerfG zur Ent­schei­dung vor­legt.

Der Sach­ver­halt:
In den bei­den vor­lie­gen­den Fällen (VI R 50/12 u. VI R 49/12) tra­ten die Kläger mit Ab­lauf des Jah­res 2008 als Ar­beit­ge­ber aus der Ver­sor­gungs­an­stalt des Bun­des und der Länder (VBL) aus. Auf­grund des­sen leis­te­ten sie nach § 23 Abs. 2 VBLS eine Ge­gen­wert­zah­lung an die VBL.

Zah­lun­gen des Ar­beit­ge­bers an eine Pen­si­ons­kasse führen re­gelmäßig bei den begüns­tig­ten Ar­beit­neh­mern zu Ar­beits­lohn. Dies gilt seit dem JStG 2007 nicht nur für lau­fende Zah­lun­gen, son­dern auch für Son­der­zah­lun­gen, die der Ar­beit­ge­ber leis­ten muss, wenn er eine Ver­sor­gungs­ein­rich­tung verlässt. Diese sog. Ge­gen­wert­zah­lun­gen wer­den er­ho­ben, weil der aus der Pen­si­ons­kasse aus­schei­dende Ar­beit­ge­ber künf­tig keine Um­la­ge­zah­lun­gen mehr an die Pen­si­ons­kasse leis­tet, diese je­doch die Be­triebs­ren­ten fort­zu­zah­len hat.

Ge­gen­wert­zah­lun­gen un­ter­lie­gen gem. § 40b EStG ei­ner pau­scha­len Lohn­steuer von 15 %. Ob­wohl es sich um Lohn­einkünfte der Ar­beit­neh­mer han­delt, be­stimmt das Ge­setz in § 40b Abs. 4, Abs. 5 S. 1 EStG, dass der Ar­beit­ge­ber diese Steuer zu er­brin­gen und endgültig zu tra­gen hat. Die Kläger mach­ten in bei­den Fällen die Ver­fas­sungs­wid­rig­keit der Be­steue­rung von Ge­gen­wert­zah­lun­gen nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 Hs. 1 i.V.m. Hs. 2a EStG so­wie der aus § 40b Abs. 4 EStG fol­gen­den Pflicht zur Tra­gung der pau­scha­len Lohn­steuer durch den Ar­beit­ge­ber gel­tend.

Beide Kla­gen blie­ben je­weils vor dem FG er­folg­los. Auf die Re­vi­sio­nen der Kläger setzte der BFH die Ver­fah­ren aus und legte sie dem BVerfG mit der Frage zur Ent­schei­dung vor, ob es mit dem all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz nach Art. 3 Abs. 1 GG ver­ein­bar ist, dass der Ar­beit­ge­ber für be­stimmte Lohn­einkünfte sei­ner Ar­beit­neh­mer zwangs­weise pau­schale Lohn­steuer zu zah­len hat, durch die er selbst de­fi­ni­tiv be­las­tet wird.

Die Gründe:
Zwar ist der Se­nat der An­sicht, dass die Er­wei­te­rung der Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit um die in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 EStG ge­nann­ten Son­der­zah­lun­gen ver­fas­sungs­recht­lich hin­zu­neh­men ist. Er ist aber da­von über­zeugt, dass die Vor­schrift des § 40b Abs. 4 EStG we­gen Ver­stoßes ge­gen den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz ver­fas­sungs­wid­rig ist, weil da­nach der Ar­beit­ge­ber Ein­kom­men­steuer für Einkünfte zah­len muss, die an­dere Rechts­sub­jekte - nämlich seine Ar­beit­neh­mer - er­zielt ha­ben, ohne dass er die Möglich­keit hat, die Ein­kom­men­steuer sei­nen Ar­beit­neh­mern zu be­las­ten.

Zwar sieht das EStG auch für an­dere Fälle eine pau­schale Lohn­steuer vor, etwa wenn der Ar­beit­ge­ber sei­nen Ar­beit­neh­mern ver­bil­ligt Mahl­zei­ten gewährt. In al­len die­sen Fällen hat der Ar­beit­ge­ber je­doch die Wahl, ob er die hier­auf ge­schul­dete Lohn­steuer - so der Re­gel­fall - vom Ar­beits­lohn des Ar­beit­neh­mers ab­zieht und an das Fi­nanz­amt abführt oder ob er die (meist güns­ti­gere) pau­schale Lohn­steuer selbst zahlt.

Al­ler­dings war nicht be­reits die Qua­li­fi­zie­rung die­ser Zah­lun­gen als Lohn­einkünfte der Ar­beit­neh­mer als ver­fas­sungs­wid­rig an­zu­se­hen. Ebenso we­nig war den Be­den­ken der Kläger zu fol­gen, es sei mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht ver­ein­bar, dass Ge­gen­wert­zah­lun­gen steu­er­pflich­tig, Sa­nie­rungs­gel­der da­ge­gen steu­er­frei seien. Sa­nie­rungs­gel­der er­hebt die VBL von ih­ren Mit­glie­dern über die gewöhn­li­chen Um­la­gen hin­aus zur De­ckung ei­nes zusätz­li­chen Fi­nan­zie­rungs­be­darfs, wie etwa we­gen ge­stie­ge­ner Le­bens­er­war­tung der Rent­ner, für die vor dem 1.1.2002 begründe­ten An­wart­schaf­ten und An­sprüche. Die Pri­vi­le­gie­rung der Ge­gen­wert­zah­lung ge­genüber den Sa­nie­rungs­gel­dern ist durch hin­rei­chende Gründe ge­recht­fer­tigt, weil ohne die Steu­er­frei­heit der Sa­nie­rungs­gel­der der Sys­tem­wech­sel der VBL zum sog. Punk­te­mo­dell gefähr­det ge­we­sen, das bis­he­rige Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­te­men auf Dauer aber nicht mehr fi­nan­zier­bar ge­we­sen wäre.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text von Az. VI R 50/12 zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
  • Um di­rekt zum Voll­text von Az. VI R 49/12 zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
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